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01 Columbus war ein Engländer: Geschichte einer Jugend

01 Columbus war ein Engländer: Geschichte einer Jugend

Titel: 01 Columbus war ein Engländer: Geschichte einer Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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die Luft schieße, Fanfarenstöße durch zwischen beide Daumen gehaltene Grashalme blase und von Brennesseln zerstochene Schienbeine mit Ampfer kühle. Der durchdringende Geruch der Wasserminze am Seeufer hielt so lange an, bis eine meiner Sandalen die ledrige Kruste eines Kuhfladens durchbrach und ich den dezenten Duft getrockneter Kuhscheiße mit mir herumschleppte. Als Nachhall meiner Rudies mit Timothy in Chesham hatte ich eine heimliche Freude daran, die Hosen herunterzulassen und, einzig beobachtet von ein paar Kühen, ins Gras zu scheißen. Vielleicht handelt es sich dabei um ein urmenschliches Vergnügen, vielleicht bin ich aber auch einfach nur krank.
    Am liebsten unternahm ich meine Ausflüge allein. Einmal nahm ich jemanden mit, aber die Sache war ein Reinfall. Mein Begleiter war ganz versessen darauf, möglichst schnell wieder zurück zu sein und sämtliche Bonbons unterwegs aufzufuttern, kurzum, er machte sich fast ins Hemd, erwischt zu werden. Im nachhinein denke ich, erwischt zu werden war genau der Punkt, um den sich bei mir alles drehte.
    Manchmal sagen Leute zu mir: »Weißt du, Stephen, ich hatte es in meiner Schulzeit genauso faustdick hinter den Ohren wie du. Nur habe ich mich nie erwischen lassen.«
    Schön, und wo war dann der Witz? will ich stets fragen. Soll das ein dickes Eigenlob sein? »Mich superschlaues Kerlchen haben sie nie erwischt.«
    Natürlich bin ich mir darüber im klaren, daß ich hier die Ausnahme und sie die Regel sind. Ich bin der Freak in dieser Gleichung, gar keine Frage. Allerdings muß ich zu meiner Verteidigung sagen, daß ich mir keineswegs bewußt war, erwischt werden zu wollen.
    Süßigkeiten waren mein ein und alles. Meine unzähligen Plomben und Lücken, wo eigentlich Backenzähne sitzen sollten, beweisen noch heute, daß ich weit über das eigentliche Alter hinaus meine Finger nicht von Süßigkeiten lassen konnte.
    Eines Nachmittags, als ich vielleicht elf war und in der Schule langsam zu den Älteren aufrückte, fiel mir in einem der Schlafsäle ein Bestellkatalog für Scherzartikel in die Hände. Der Rest der Schule war vermutlich beim Cricket, und ich hatte mich wie üblich befreien lassen, indem ich einen Asthma-Anfall vorgetäuscht hatte. Ich genoß das Gefühl, die ganze Schule für mich allein zu haben, das ferne Geschrei und dessen Widerhall draußen und die absolute Stille drinnen. Jedesmal wurde mein Herz schwer, wenn draußen der Abpfiff ertönte, der Lärm der Schüler anschwoll und ich wußte, daß ich die Herrschaft über mein Reich abzutreten hatte.
    Eine Stimme flüstert mir ins Ohr, daß der Scherzartikelkatalog Nick Charles-Jones gehörte, was aber im Grunde egal ist. Gegen Einsendung einer Postanweisung über eine Half-Crown bekam man folgende Artikel zugeschickt:
ein klapperndes Gebiß
eine kleine runde Dose mit Stoffmembran, mit der man Vogelgezwitscher imitieren und offenbar sogar bauchreden konnte
ein Stück Seife, das einem pechschwarze Hände bescherte
Juckpulver
einen Zuckerwürfel, in dem eine lebensecht aussehende Spinne versteckt war, die auf dem Tee des Opfers herumschwamm
einen Ring mit Summton
eine getürkte Kaugummipackung, die wie eine Mausefalle zuschnappte
    Das einzige Problem war, daß ich weder eine Postanweisung besaß noch irgendwo so ein Ding auftreiben konnte. Anders als Billy Bunter, der Winslow Boy und andere berühmte Schulknaben hatte ich noch nicht einmal eine genaue Vorstellung davon, was eine Postanweisung überhaupt war. Und ehrlich gesagt, weiß ich das bis heute nicht so recht.
    Aber was soll’s. Ich dachte mir, wenn ich zwei Shilling Sixpence in Münzen auftriebe, sie mit Klebeband umwickelte und hochachtungsvoll um die Zusendung »Der größten und lustigsten Scherzartikelsammlung der WELT« bitten würde, nur der hartherzigste Scherzartikel-Versand dieser Bitte nicht nachkommen würde.
    Ich besaß knapp einen Shilling, also fehlte mir noch ein Shilling Sixpence. Eins-sechs (siebeneinhalb Pence in heutiger Währung) war nicht die Welt, aber für einen Elfjährigen ist jeder Betrag, der einem fehlt, ein kleines Vermögen. Heute bekommen Schulkinder wie alle anderen auch vermutlich täglich vier Kreditkarten-Angebote per Post zugeschickt, aber damals war das noch anders. Die Barclay Card in sandfarbenem Gold und Marineblau war gerade erst aufgekommen und wurde zumeist von eher zwielichtigen Gestalten benutzt – Typen, die Rothman’s rauchten, einen Jaguar-E fuhren und mit BEA-Taschen über der Schulter in der

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