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0,1 % - Das Imperium der Milliardäre

0,1 % - Das Imperium der Milliardäre

Titel: 0,1 % - Das Imperium der Milliardäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Krysmanski
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USA dagegen beginnt sich eine moderne, mit den neuesten Kommunikations- und Informationstechnologien arbeitende Beraterkultur herauszubilden. Entscheidend ist, dass man in Washington den globalen Blick pflegte, also das Weltgeschehen insgesamt geopolitisch zu erfassen versuchte. Da fungieren die Europäer noch immer als Abnehmer und nicht als Erzeuger von Beratungskompetenz.
    Nun hat das CFR einen europäischen Ableger bekommen. Exaußenminister Joseph Fischer und der frühere finnische Staatspräsident Martti Ahtisaari verkünden die Eröffnung von CFR-Filialen inBerlin, London, Madrid, Paris, Rom, Sofia und Warschau. Dieses Franchise-Unternehmen unter dem Namen »European Council on Foreign Relations« (ECFR) wird ebenfalls ausschließlich von superreichen Privatleuten finanziert. Wieder spendet – neben einer spanischen und einer britischen Privatstiftung – George Soros den Löwenanteil. Die Frage ist, ob sich mit ein paar Elder Statesmen wie Fischer in Europa eine eigenständige Beratungskultur entwickeln lässt. Und haben die neuen europäischen »Räuberbarone« (Naomi Klein) ein solches Coaching überhaupt nötig? Auf der Seite der professionellen »Berater« gibt es natürlich ganze Kohorten von Politikwissenschaftlern, Soziologen und so weiter, die sich nach derartigen privaten Forschungsgeldern drängen. Aber man kann skeptisch sein hinsichtlich der Chancen eines solchen europäischen Think-Tanks auf dem Weltmarkt der Ideen. Entscheidend ist, ob die Reichen und Superreichen Europas einen Hunger nach eigenständigem politischen und außenpolitischen Wissen verspüren.
    Als man jüngst die Frage stellte, ob Think-Tanks in der (europäischen) Finanzkrise überhaupt eine Rolle gespielt haben, lautete die Antwort: kaum. Die Politiker (policy makers) hätten diesen Institutionen keine Aufmerksamkeit geschenkt, weil dort »neues Denken mit alten Denkern« produziert würde, das niemand braucht. Betrachtet man sich aber jene »parteiunabhängigen« Technokraten, die heute nicht nur hinter den Kulissen, sondern auf Regierungsbänken das Sagen bekommen, so sind sie alle auf die eine oder andere Weise mit den wichtigsten europäischen und US-amerikanischen Think-Tanks verbunden und haben dort ihre Netzwerke und Ghostwriter. Außerdem kommen aus Einrichtungen wie dem »Centre for European Policy Studies« oder das »Institute for Economic Affairs« durchaus brauchbare Konzepte für die europäische Krisenbewältigung. Und neuere Institute wie das »Institute for New Economic Thinking« (INET), die »New Economics Foundation«, das »Post-Carbon Institute« und so weiter verlassen den klassischen neoliberalen Kurs und fragen nach langfristigen Krisenlösungen. 18
    Es gibt mittlerweile weltweit rund 5 000 Einrichtungen, die sich Think-Tanks nennen oder auf die eine oder andere Weise so bezeichnet werden. Dazu gehören Nichtregierungsorganisationen(NROs) ebenso wie parteigebundene Stiftungen, zivilgesellschaftliche Ideen- und Aktionszentren wie Amnesty International, wissenschaftliche »watchdogs« wie das »Stockholm International Peace Research Institute« (SIPRI) und schwer zu kategorisierende, interessenbestimmte Bastelstätten für Argumentationslinien und Ideologien. Uns kann hier nur interessieren, welchen Einfluss in diesem Kosmos der Gedankenfabrikation das große private Geld hat. In der Unternehmensberatung breitet sich eine interessante Formel aus: »Wissen ist der erste Rohstoff, der sich bei Gebrauch vermehrt«. ( brandeins , 11/2009) Sie bedarf gerade auch bezüglich der milliardärsgetriebenen Welt der Think-Tanks der weiteren Reflexion.
    Wichtiger aber ist, dass der Think-Tank-Boom die öffentliche Wissenschaft immer mehr an den Rand drängt. Forschungen und Ergebnisse werden der demokratischen Kontrolle und öffentlichen Diskussion entzogen. So hat zum Beispiel das größte Beobachtungsprojekt zur Think-Tank-Entwicklung (University of Pennsylvania) 19 zwar durch die Befragung von Tausenden von Experten umfangreiche Ranking-Listen ermittelt (wegen der geringen zur Verfügung stehenden Forschungsmittel mit Hilfe von Praktikanten übrigens). Aber über die Budgets und personalen Potentiale dieser Institutionen war kaum etwas zu erfahren. Es ging nur um »Reputation«, und nur danach durften die Forscher aus Philadelphia fragen. Dabei spielt es, wie im Spitzenfußball, auch im privaten Wissensimperium der Milliardäre eine Rolle, welche Stars man sich dienstbar macht, wie die Spitzendenker untereinander

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