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01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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alles, was es berührte, krank und irr zu machen.
    Das erste Schiff zog ein weiteres nach sich, und dann noch eins im Gefolge. Alles in allem vielleicht hundert Mann, schätzte Laurens. Es war möglich, dass die Isländer nach dem schnellen Fall von Xanten beschlossen hatten, ihre frei gewordenen Truppen zum Kundschaften zu nutzen. Auf Raubzug konnten sie kaum sein - der Fall Xantens hatte ihnen auch die Schatzkammern König Siegmunds eröffnet.
    Laurens war froh, dass seine Stiefel und sein Schwert am Ufer außer Sichtweite lagen - und wütend, dass das Schwert nicht in seiner Hand lag. Es war unvorsichtig gewesen - und dumm. Er versprach sich selbst, diesen Fehler nicht zu wiederholen.
    Es währte eine endlose halbe Stunde, bis die isländischen Schiffe wieder außer Sichtweite waren. Dann sah Laurens Sieglinde an. Sie zitterte, und ihre Lippen waren bleich.
    »Ihr müsst aus dem Wasser. Ich werde ein Feuer entzünden. Dann können wir uns wärmen und die Kleidung trocknen.«
    Sieglinde nickte.
     
    Der Fünftagesritt, von dem Siegmund gesprochen hatte, dauerte etwas mehr als eine Woche. Den letzten Tag ritten Sieglinde und Laurens durch die Ausläufer von Odins dichtem, finsterem Wald. Zeitweise mussten sie die Pferde an ihren Zügeln hinter sich her führen, um voranzukommen.
    Odins Wald schien, als habe der Göttervater die riesigen Bäume mit den Händen zusammengeschoben, damit ihre Wipfel ein Dach bildeten, das kaum Sonnenlicht durchließ. Die Stämme wuchsen kreuz und quer, sich überschneidend und umschlingend. Der Boden war trocken und kühl, und überall warfen knorrige Wurzeln ihre festen Schlingen. Erneut stiegen Lauren und Sieglinde ab, um das Unterholz zu durchdringen.
    »Woher weißt du, wo wir Regin finden?«, fragte Sieglinde.
    Laurens antwortete nach kurzem Zögern. »Der König sprach oft davon, Euch hier vor Hjalmar zu verstecken.«
    Sieglinde war augenscheinlich überrascht. »Das alles war geplant? Siegmund wusste vor dem schicksalhaften Morgen, dass der Krieg verloren war?«

    Es war offensichtlich, dass Laurens nicht gerne darüber sprach. »Er musste es nicht sagen. Jeder der Heerführer wusste es. Die Schlacht war verloren, bevor sie begann.«
    »Aber warum dann das Blutvergießen? Warum hat er Xanten nicht Hjalmar überlassen - und Tausenden von Kriegern den Tod erspart? Frauen sind Witwen geworden, Kinder wurden Waisen!«
    Sie hielt inne, aber es war leicht für Laurens, ihren Gedanken zu Ende zu spinnen. »Und Männer wurden zu Krüppeln?«
    »Das meinte ich nicht«, sagte Sieglinde leise.
    »Doch, Ihr meintet es«, knurrte Laurens. »Aber Ihr habt es nicht verstanden. Was für ein König wäre Siegmund gewesen, wenn er sein Reich kampflos einem Unhold wie Hjalmar überlassen hätte? Es war seine erste Aufgabe, Xanten zu schützen. Und diese Aufgabe war nicht weniger erstrebenswert, nur weil sie scheitern musste. Was für ein Mann ist das, der nur Siege erringen will? Ein Feigling ist er! Und König Siegmund war vieles - doch er war kein Feigling! Bin ich wütend, weil ich meinen Arm für eine verlorene Sache gegeben habe? Nein. Ich bin wütend, nur einen Arm gegeben zu haben!«
    Bei den letzten Sätzen war Laurens immer lauter geworden, und als er sich ertappte, seiner Herrin gegenüber die Stimme erhoben zu haben, verstummte er.
    Sieglinde antwortete nicht. Politik war immer die Sache der Männer gewesen, und das Ende der Politik war scheinbar immer der Krieg. Die Geschichte hangelte sich von Schlacht zu Schlacht, und die kurzen Friedenszeiten waren den Chronisten zumeist keine drei Zeilen wert. Laurens war ein Krieger - und es war nicht zu erwarten, dass er jemals etwas anderes sein würde.

    Der Soldat hielt inne. »Dort.«
    Er deutete mit dem Arm durch das Zwielicht des Waldes. Sieglinde kniff die Augen zusammen.
    Da war etwas. Wenig mehr als eine halbrunde Form, ein dunkler, grob geschwungener Hügel, der sich an den Waldboden schmiegte. Es wäre leicht gewesen, ihn für eine natürliche Erhöhung zu halten - wenn aus der höchsten Stelle nicht eine dünne Rauchfahne gestiegen wäre. Es musste Regins Schmiede sein.
    Sieglinde versuchte, sich nicht über den Widersinn einer Schmiede in dieser einsamen Gegend Gedanken zu machen. Manchmal schien es, als wäre die Bestimmung vieler Dinge bewusst vor den Menschen verborgen.
    Als sie näher kamen, wurden die Umrisse der Schmiede deutlicher. Die Halbkugel, die zum Boden hin flach auslief, war aus Holzscheiten gebaut, die mit Pech

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