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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Sobald sie zu ihrem Rhythmus zurückgefunden hatte, musterte sie wieder unauffällig Byrnak. Der Mann starrte so unbewegt wie zuvor in die Flammen, doch seine Miene wirkte jetzt grimmig und gehetzt. Was siehst du? dachte sie. Was fürchtest du?
    Byrnak war ihr ein Rätsel. Und er war ein beliebtes Objekt für die groben Scherze der Männer. Mal hielten sie ihn für einen verschollenen Prinzen aus kaiserlichem Geblüt, dann wiederum sollte er ein abtrünniger Magier der Macht der Wurzel sein, ein Schwarzer Hexer aus den Provinzen der Erementu oder gar ein Gestaltwandler aus den Legenden von Rukang, der in einem menschlichen Körper zurückgekehrt war. Drang man in ihn, bekam man die mürrische Antwort, er wäre Sklave in den Eisenminen gewesen, dann Grubenkämpfer und Leibwächter eines Häuptlings in Rauthaz, bevor eine Meinungsverschiedenheit mit einem Kriegsrat ihn veranlasst hätte, nach Süden zu fliehen. Diese Erwiderung war so prosaisch, dass sie beinahe wahr klang.
    Byrnak seufzte ungeduldig, stand auf und ging zu den Satteltaschen, die in einem unordentlichen Haufen am Fuß einer mächtigen Säule lagen. Keren beobachtete ihn, als er eine frische schwarze Weinflasche herauszog, sie mit den Zähnen entkorkte und einen tiefen Schluck nahm. Dann schlenderte er mit der Flasche in der Hand durch die zerfallene Vorhalle. Gelegentlich blieb er stehen, betrachtete eine verwitterte Inschrift oder ein steinernes Relief, oder schabte ein Stück dunkles Moos ab, das den Stein überzog. Sie lagerten in uralten Ruinen, die möglicherweise noch aus der Zeit des Jefren-Bundes stammten.
    Hier in den Bergen stieß man jedoch manchmal auch auf Trümmer, die noch viel älterer Herkunft waren. Einmal hatte Keren gehört, wie ein Priester des Vater Baumes einem Magier verraten hatte, dass Königreiche, Eroberer und Imperien über den Kontinent von Toluveraz wie Wellen über den Strand hinweggefegt wären. Damals fand sie diese Bemerkung reichlich übertrieben, doch seit dem Beginn ihrer Wanderung hatte sie festgestellt, dass ein Funken Wahrheit in den Worten des Priesters stecken mochte.
    Plötzlich stieß Byrnak einen derben Fluch aus und schleuderte die Flasche gegen eine verfallene Mauer. Sie zerplatzte, und der dunkle Wein spritzte über die uralten Steine. Das gedämpfte Gemurmel der Männer verstummte mit einem Schlag. Sie warfen Byrnak unbehagliche Blicke zu. »Wo bleiben die Kundschafter?«, knurrte er und ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten. »Haben sie diesen verfluchten Hund Shaleng immer noch nicht gefunden?«
    Shaleng war einmal der Kriegsherr des Nördlichen Honjir gewesen. Vor zwei Jahren jedoch war Byrnak mit einer Gruppe ergebener Gefolgsleute in Shalengs Festung vor der Stadt Kizar eingedrungen und hatte sich schließlich zum neuen Kriegsherrn aufgeschwungen. Shaleng jedoch hatte fliehen können, und scharte in seinem Unterschlupf eine Horde aus Halsabschneidern und Verbrechern um sich, mit denen er immer gewagtere und blutigere Überfälle unternahm und damit Byrnaks Autorität unaufhörlich untergrub.
    »Du hast sie selbst ausgebildet«, erwiderte Keren gereizt. »Es ist doch klar, dass es Zeit erfordert …« Blitzschnell war Byrnak neben ihr, riss ihr den Säbel vom Schoß und schleuderte die Waffe mit der Spitze voran in das Lagerfeuer. Keren zuckte unwillkürlich vor den sprühenden Funken zurück und fiel auf den Rücken.
    »Wage es noch einmal, mir direkt zu widersprechen, Weib, und ich töte dich!«
    Sein wilder Blick bohrte sich förmlich in ihren Schädel. Byrnak zitterte, als er seine Wut mühsam zügelte, und Keren erwartete jeden Moment einen Schlag. In diesem Moment gab es jedoch Unruhe in der verfallenen Eingangshalle, und Byrnak blickte auf. Der erschreckende Moment verflog. Ein schlanker, ganz in Schwarz gekleideter Junge lief heran und fiel vor Byrnak auf die Knie. »Mein Gebieter, wir haben ihn!«
    Byrnak bedachte den Jungen mit einem erfreuten Blick und strich ihm über die braunen Locken. Keren zuckte mit keinem Muskel und verbarg ihre Abscheu.
    »Falin, mein kleiner Falke … Wo steckt er?«
    Das Gesicht des Jungen glühte vor Ergebenheit.
    »In Wedlo, Herr. Der Überfall hat vor kaum einer Stunde begonnen.«
    Byrnak grinste Keren wölfisch an, während seine Hand auf Falins Kopf ruhte.
    »Nimm dir die Zweite und Dritte Kompanie, schneide ihnen den Rückweg ab und blockiere alle möglichen Fluchtwege. Ich werde mich an der Spitze der Ersten Kompanie persönlich um Shaleng

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