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0153 - Die kleinen Riesen

0153 - Die kleinen Riesen

Titel: 0153 - Die kleinen Riesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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verführerische Französin hatte das Getränk vor sich stehen, von dem Ritter Erlik, der Sangesfreudige, behauptete, daß es nicht betrunken machte, aber die Sinne schärfte. In der Tat verspürte Zamorra auch nach dem dritten Krug, der immerhin fast einen Liter des goldgelben, schäumenden Getränkes faßte, keinerlei berauschende Wirkung.
    »Cervisia aus Helleb ist ein ganz besonderer Saft«, sagte der dunkelhaarige Barde mit dem Schnurrbart, der sein Zupfinstrument in Griffnähe hatte. Nur die Anwesenheit des Herrschers neben ihm und dessen eiserne Faust hinderte ihn daran, zu jauchzen und frohlocken und damit auch das letzte Wildschwein aufzuschrecken.
    »Jüngst schritt er gedankenverloren durch den Wald«, spottete Wilhelm von Helleb, »arbeitete an einem neuen Epos und trällerte friedlich vor sich hin. Mit dem Erfolg, daß sich wenig später eine Schar von mindestens dreißig Hasen der Stadt näherte und um Schutz innerhalb der Mauern bat!«
    »Lästerer«, wehrte sich Ritter Erlik, der von seinen Qualitäten überzeugt war. »Ihr seid alle Barbaren und wisset nicht, die edle Kunst zu schätzen!«
    Er nahm einen kräftigen Schluck aus dem Krug und wischte sich dann in einer lässigen Bewegung den Schaum vom Mund.
    Eine lustige Runde hatte sich in den Privatgemächern des Herrschers eingefunden und wärmte alte Schlachterinnerungen aus Jerusalem auf. Wilhelm, Erlik, Ragnar, Zamorra, Nicole, Thali, Erik und ein Mann mit Namen Manfred von Kalden hatten sich überall rund um das Cervisia-Faß niedergelassen. Erik vom Wilhelmsberg und Thali, die Löwin, fielen durch ihre abnormen Gestalten aus dem Rahmen, wurden aber voll akzeptiert. In dieser Hinsicht waren die alten Helleber der neuzeitlichen Gesellschaft weit voraus, überlegte Zamorra, während Ragnar zum dritten Mal versuchte, seine Heldentaten ins rechte Licht zu rücken, aber auch diesmal wieder von Wilhelm unterbrochen wurde.
    Es war eine seltsame Runde. Niemand zeigte sonderlichen Respekt vor dem Herrscher, und doch wußte Zamorra, daß er die Achtung aller genoß. Der Professor hatte bis jetzt noch nicht einmal erlebt, daß Wilhelm auf seine Rechte als Fürst pochte, um irgend etwas durchzusetzen. »Demokratischer Feudalismus«, hatte Nicole die hellebische Gesellschaft lächelnd genannt.
    Manfred von Kalden setzte seinen Krug ab. »Es brennt Euch in der Seele, gewisse Fragen beantwortet zu bekommen, Monsieur Zamorra«, sagte er. Seine Augen schimmerten in einer seltsamen Farbe.
    »Da der Herrscher offenbar in lustiger Stimmung ist, möchte ich Euch die Erklärungen geben.«
    Zamorra war jäh hellwach. Aufmerksam sah er den großen Mann mit dem dunklen, dichten Haar an. »Ihr seht mich gespannt, Graf«, sagte er.
    Plötzlich schwieg die Runde. Alle sahen auf Manfred, um dessen Mund ein verlorenes Lächeln spielte.
    Er deutete auf Erik und Thali. »Die, die Ihr als Kleine Riesen kennenlerntet, waren einmal ganz normale Menschen. Sie waren Helleber wie wir alle und gute Menschen.«
    Zamorras Augen weiteten sich etwas. Er sah, daß Nicoles Nasenflügel bebten und in ihren braunen Augen die goldenen Tüpfelchen sich vergrößerten, untrügliches Zeichen ihrer Erregung. Wurde jetzt das Geheimnis, das die Kleinen Riesen umgab, gelöst?
    »Monsieur Zamorra, Ihr wart auf dem Kreuzzug mit dabei«, sagte Manfred. »Ihr habt gegen Dämonen gekämpft, wie der Herrscher berichtete, und sie vernichtet. Doch diese Dämonen sind nicht allein. Es gibt viele von ihnen, und sie haben einen Herrscher. Kennt Ihr ihn?«
    »Asmodis!« stieß Zamorra hervor, leicht erstaunt über die merkwürdige Einleitung. Aber – Manfred von Kalden konnte nicht wissen, über welchen Wissensstand im Fachgebiet Dämonologie Zamorra verfügte.
    »Ja, ich kenne ihn!« knurrte der Meister des Übersinnlichen. »Er ist der Fürst der Finsternis, der Beherrscher der Schwarzen Familie. Schon mehrfach versuchte er, mich zu vernichten. Ich stand ihm vor einiger Zeit sogar selbst gegenüber. Doch er entzog sich durch die Flucht. Er ist mächtig, aber feige.« [2]
    »Ihr habt recht«, gestand Manfred. »Ihr wißt viel und scheint mit der Dämonenbrut schon Erfahrungen gemacht zu haben.«
    »Man nennt ihn den Meister des Übersinnlichen«, warf Nicole ein.
    »Er ist einer der größten Kämpfer gegen die schwarzblütige Brut!«
    »Aye«, murmelten ein paar der Helleber.
    Es war ein weiteres, das Zamorra insgeheim erstaunte. In einer feudalistischen, teils barbarisch geprägten Gesellschaft hatten Frauen

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