0172 - Saat der Vampire
wurde es schwindelig, als er die Summe sah, die er als monatliches Gehalt ausgezahlt bekommen würde. Davon konnte er sich nicht nur den ersehnten Mini leisten, sondern einen Mittelklassewagen und außerdem mit Mary in ein größeres und schöneres Haus umziehen!
Er unterschrieb!
Und er war sicher, dieses neue Glück nur der Fremden aus der Nacht zu verdanken, deren Augen so hell gestrahlt hatten. Wer immer sie auch war - eine bösartige Hexe konnte sie niemals sein, denn wann hatten böse Hexen je Gutes bewirkt?
Den Pferdefuß hatte er bereits in der Nacht übersehen!
***
Auch Professor Zamorra hatte aufgelegt, als die telefonische Verbindung nach England nicht mehr bestand. Nachdenklich sah er Nicole an und hatte vergessen, daß er vor ein paar Minuten noch unter der Dusche gestanden hatte und nur deshalb so früh aufgestanden war, weil er unbedingt noch das Manuskript für ein Buch fertigstellen mußte, das sich mit bestimmten Teilproblemen der Parapsychologie befaßte. Der Verlag drängte bereits mit dem Termin. Das Skript war auch so gut wie fertig, lediglich der Feinschliff und die Korrekturen fehlten. Auf Nicoles Hilfe verzichtete er dabei bewußt, obgleich sie fast so gut im Stoff stand wie er selbst. Wenn es um Veröffentlichungen ging, hatte der Professor der Parapsychologie seine eigenen Ansichten. Es gab bis jetzt keinen einzigen gedruckten Text, den er nicht selbst korrigiert und lektoriert hätte. Sein ausgezeichneter Ruf als überragender Wissenschaftler auf diesem Gebiet sorgte dafür, daß er sich diese Eigenheiten leisten konnte.
Dabei hatte er in nichts Ähnlichkeit mit einem verknöcherten Wissenschaftler, der stark bebrillt hinter seinem Schreibtisch dahinvegetierte und den Karikaturen in Witzblättern glich. Wer Zamorra sah, hielt ihn für alles andere als einen Professor, der einen Lehrstuhl an der Pariser Universität innehatte.
Nebenbei bekämpfte er die Mächte der Finsternis, die Dämonen, Geister, Vampire und was es mehr von dieser Sorte gab.
»Kyuna Arr«, sagte er nachdenklich und sah an der weiblichen Schönheit vorbei, die vor ihm auf der Schreibtischkante saß und Nicole Duval hieß. »Nie gehört, den Namen… auch nichts von einer Prophezeiung, die sie getan haben soll…«
Nicole, Zamorras Lebensgefährtin, Sekretärin und »Zusatzgedächtnis«, schnipste mit den Fingern. »Vielleicht solltest du mal im Archiv nachsehen, mein Alter… Kyuna Arr, das klingt keltisch, und daß ausgerechnet Gryf in der Sache drin steckt, lenkt den Verdacht auf die britischen Inseln…«
Ganz nebenbei registrierte Zamorra, daß sie heute feuerrotes, leicht gewelltes Haar trug, das ihr ebenmäßiges, fein modelliertes Gesicht sanft umspielte und dabei den Kragen ihrer Bluse nicht berührte. Wieder einmal eine neue Perücke, stellte er fest. Diese Eigenart, alle paar Tage mit neuer Haartracht aufzutauchen, gehörte zu Nicole wie ihr Tick, bei jeder sich bietenden Gelegenheit Kleider einzukaufen, obgleich die Schränke im Château Montagne bereits fast auseinanderplatzten. Platzprobleme störten Nicole dabei herzlich wenig.
»Eine gute Idee«, stellte er fest. Er kam aus dem bequemen Sessel hinter seinem leicht gerundeten Arbeitstisch hervor, der mehr dem Instrumentenpult in einem Raumschiff-Leitstand aus irgendwelchen Science-Fiction-Filmen glich, und wollte den Raum verlassen, als Nicoles Zuruf ihn stoppte.
»Sag mal… Gedächtnis gleich Null, ja?«
In der Tür fuhr er, immer noch im weißen Bademantel, herum. »Wieso?«
Nicole lächelte spitzbübisch, und in ihren braunen Augen blitzte es auf. »Ach, nur so… aber wenn du gern überflüssige Wege läufst, dann verzichte ruhig auf die Annehmlichkeiten der Technik…«
Es klatschte, als Zamorra sich vor die Stirn schlug. Vor ein paar Tagen erst war die EDV-Anlage im Château installiert worden, die die Programmbänder aufnahm und damit die Archivierung vereinfachte. Schon Wochen vor der Installation hatten Zamorra und Nicole Bänder bespielt, die das gesamte Wissen, das das Archiv enthielt, aufnahm. In diesem Archiv hatte Zamorra alle möglichen Daten und Fakten aufgenommen, die das Wesen des Übersinnlichen erfaßten. Lange schon hatte er sich mit dem Gedanken getragen, auf elektronische Datenverarbeitung umzusteigen, aber jetzt endlich hatte er das geldverschlingende Projekt realisiert. Sein Arbeitstisch hatte dabei ein Instrument mehr aufgenommen und ersparte ihm den langen Weg in jenen Flügel des Château, in dem sich das Archiv
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