0179 - Spuk im Leichenschloß
Vorhänge des linken Fensters waren mein Ziel, ich wollte es endlich wissen.
Ich riß sie zur Seite.
Nichts.
Beim zweiten das gleiche. Ich schaute nur gegen die Wand.
Blieb nur noch ein Fenster.
Wenn sich der Mörder versteckt hielt, dann nur dort. Darauf lauerte ich förmlich.
Meine Finger zerdrückten den schweren Stoff. In der rechten Hand hielt ich die Waffe. Ich war fest entschlossen, sofort zu schießen.
Nein, wieder hatte ich Pech.
Blieb noch einer.
Die Spannung steigerte sich, sie wurde auch bei mir fast unerträglich. Mit zwei Schritten überwand ich die Distanz zum nächsten Vorhang. Würde ich diesmal Glück haben?
Ich riß den Stoff zur Seite.
Ja, ich hatte Glück.
Vor mit stand der unheimliche Killer!
***
Suko konnte es in seinem Bett nicht mehr aushalten. Seine Schmerzen, seine Hilflosigkeit, und vor allem die schlimme Lage, in der er sich befand, setzten ihm zu.
Suko hatte sich wieder auf den Rücken gelegt. Minutenlang lag er still. Er konzentrierte sich.
Er bezeichnete es als innere Kraft, aber es war mehr, viel mehr.
Suko kannte Fakire und Gurus, denen es nichts ausmachte, sich auf ein Nagelbrett zu setzen, ohne daß sie Schmerz verspürten, weil sie ihre inneren Kräfte stärker hervorheben konnten. Die psychischen verdrängten die physischen.
Vielleicht hätte Suko dies auch irgendwann einmal in seinem Leben geschafft, doch seine Existenz war in andere Bahnen gelenkt worden, und er hatte auch keine Zeit mehr, sich darauf zu konzentrieren. Die Basis war nach wie vor vorhanden, zwar ein wenig verschüttet, doch Suko schaffte es, sie wieder von dem Schutt zu befreien.
Er lag still und konzentrierte sich.
Der Chinese schien eingeschlafen zu sein. So jedenfalls mußte es für jemand aussehen, der ihn nicht näher kannte, doch in Wirklichkeit war er hellwach. Trotz seines tranceähnlichen Zustandes nahm er jedes Geräusch und jede Bewegung wahr, die seine unmittelbare Umgebung berührte.
Es blieb still. Der unheimliche Mörder zeigte sich nicht mehr.
Auch unter dem Bett blieb es ruhig, so daß Suko nicht befürchten brauchte, noch einmal auf lebensgefährliche Art und Weise gestört zu werden. Die Schmerzen in seinem Schädel waren zwar nicht verschwunden, aber sie hatten etwas nachgelassen. Nicht mehr so stark hämmerte und bohrte es unter seiner Kopfhaut, das Gefühl ließ sich sogar aushalten.
Auch an der Decke und den Mauern tat sich nichts.
Jeder Stein atmete noch Grauen, Angst und Entsetzen. Ein unheimlicher Fluch lastete über der Burg, die man auch das Leichenschloß genannt hatte. Nicht zu unrecht, wie der Chinese jetzt zugeben mußte.
Eine Viertelstunde verging.
Völlig ruhig war es nicht, denn Suko hörte schwach die Stimmen der Gäste.
Er wußte John Sinclair bei den Kindern und auch den Betreuern.
Aber konnte John es tatsächlich schaffen, die Menschen vor dem brandgefährlichen Schrecken zu schützen?
Das konnte gutgehen, brauchte aber nicht. Ein Risiko war vorhanden, und gerade dieses Risiko schätzte der Chinese als sehr hoch ein. Es gab ihm auch Kraft, seine Verletzung zu überwinden.
Die Schmerzen ließen tatsächlich nach. Der Chinese riskierte es, sich zu erheben. Im ersten Augenblick glaubte er, sich zuviel vorgenommen zu haben, denn ein furioser Schwindel packte ihn und wollte ihn wieder auf das Bett werfen.
Suko war zäh!
Er ignorierte den Schwindel und biß die Zähne zusammen. Dabei dachte er an die Gefahr, in der die Kinder schwebten, und das gab ihm wieder neuen Auftrieb.
Zwar hämmerte und bohrte es noch in seinem Schädel, doch längst nicht mehr so schlimm wie am Anfang.
Suko stand auf.
Es klappte.
Als er die ersten Schritte hinter sich gebracht hatte, ging es sogar besser. Das weiche Gefühl in den Knien war zwar noch vorhanden, ließ sich jedoch ertragen.
Als Suko vor der Tür stand, atmete er kräftig durch. Seine Hand fand die Klinke, und er öffnete die Tür.
Leer war der Gang.
Kein Mensch, kein Blut, nichts…
Aufmerksam durchquerte Suko ihn und erreichte die Treppe.
Jetzt lag das zweite große Hindernis vor ihm. Die Stufen mußte er überwinden. Normalerweise eine Kleinigkeit für ihn, aber in seinem Zustand doch ein Risiko.
Das Geländer befand sich auf der linken Seite. Suko umspannte mit seinen Fingern den Handlauf. So fühlte er sich besser, denn das war eine gute Stütze.
Es war nicht leicht, die ersten Stufen zu nehmen, abermals überkam ihn der Schwindel. Suko mußte sich hart zusammenreißen und schaffte auch
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