0180 - Die Grabstein-Bande
Costello anrufen, auch wenn es schon nach Mitternacht war. Der Mafioso mußte alles wissen.
Sorvino kannte die Geheimnummer des Mannes. Er tippte sie ein und wußte, daß jetzt neben Costellos Bett das Telefon klingeln würde. Es dauerte etwas, bis der Mafioso abhob, und seine Stimme klang verdammt unangenehm.
»Sorvino«, sagte der Anwalt.
»Was, zum Teufel, willst du denn, Rechtsverdreher?«
»Bist du allein?«
»Ja, dumme Frage.«
»Dann hör zu, denn ich habe dich nicht umsonst angerufen. Mein Sohn Ralph ist tot.« Er ließ seine Worte wirken, und als er keine Reaktion vernahm, fuhr er fort: »Oberinspektor Sinclair war dabei, als er umgebracht wurde.«
»Du bist verrückt, Paul.«
»Nein, völlig normal.« Sorvino begann zu reden. Es wurde ein langes Gespräch, und als er auflegte, da wartete er auf einen Rückruf seines Brötchengebers.
Sorvino stand auf, nahm seinen Bademantel und hängte ihn über. Er öffnete den Barschrank, holte eine Flasche Whisky hervor und auch ein Glas. Fast zur Hälfte schenkte er es voll. Und er trank. Er ließ das scharfe Zeug in seinen Rachen laufen, leerte das Glas bis auf den letzten Tropfen und schleuderte es dann gegen die Wand, wo es klirrend zerbrach.
Ralph war tot! Ein junger Mensch. Ihn würde niemand mehr lebendig machen können, aber die, die es zu verantworten hatten, die wollte er sich holen.
Da war ja nicht nur der verdammte Oberinspektor, sondern noch die sogenannte Aufsicht.
Mrs. Geraldine Frominghton, Billy Elting und Cathy Barker, mit der er gesprochen hatte. Im nachhinein wunderte er sich, daß sie und nicht die Frominghton ihn angerufen hatte. Zu diesem Zeitpunkt wußte er noch nicht, daß Geraldine Frominghton ebenfalls ein Opfer des geisterhaften Mordspuks geworden war.
Und Costello hatte sich bereit erklärt, etwas zu unternehmen. Fragte sich nur, was er machen wollte. Die Zeit verging ihm viel zu langsam.
Zudem begann der hastig hinuntergekippte Alkohol zu wirken, seine Gedanken zerliefen. Es fiel ihm immer schwerer, sich zu konzentrieren.
Wenn doch Costello endlich anläuten würde!
Da klingelte das Telefon. Wie die Klaue eines Geiers, so heftig schlug der Anwalt auf den Hörer und riß ihn an sich. »Ja«, meldete er sich.
»Ich bin es.«
»Hast du was erreicht?«
»Reiß dich zusammen, Paul. Wir werden die Sache schon schaukeln, darauf kannst du dich verlassen. Ich habe inzwischen eine bestimmte Nummer angerufen, bekam jedoch nicht die Verbindung, die ich haben wollte. Solo Morasso hält sich nicht dort auf, wo ich ihn vermutete. Aber er ist nicht allein, ich sprach mit Marvin Mondo und habe ihm den Fall erklärt. Es sieht so aus: Sollte es irgendeine Chance für uns geben, diesem Sinclair an die Wäsche zu gehen, dann müssen wir sie auf jeden Fall wahrnehmen. Mondo war sofort dafür. Er will sich selbst um den Fall kümmern und hat auch schon einen Plan entwickelt.«
»Welchen?«
»Darin werde ich dich nicht einweihen, aber dein Junge muß mitspielen. Du bleibst in London und hältst dich zurück. Marvin Mondo wird die Sache schon allein schaukeln, das heißt, nicht allein. Er bringt noch einen Helfer mit.«
»Wieso nur einen? Ich denke, Sinclair ist so stark.«
Da lachte Costello. »Sicher ist er stark, aber dieser Helfer ist es ebenfalls. Er lechzt sozusagen nach Blut, und wenn der Plan klappt, wird es in Faversham, so heißt der Ort in der Nähe, eine reine Hölle geben.«
»Verdammt, Logan, sag mir den Namen. Wen will dieser komische Mondo mitbringen?«
»Du bist mir zu aufgeregt, Paul. Aber ich kann dich verstehen, du hast an deinem Sohn gehangen. Der Name lautet«, und jetzt legte Costello eine Kunstpause ein, bevor er ihn so aussprach, daß jede Silbe fast auf der Zunge verging.
»Vampiro-del-mar!«
***
In der Halle standen drei Särge!
Sie wirkten wie Mahnmale der Toten an die Lebenden, wobei sie einen makabren Anblick boten. Die Särge bestanden nicht aus Holz, sondern aus grauem Kunststoff, Plastik. Sie waren auch flacher als die normalen, und sie wurden nur von der Polizei verwendet, um Mordopfer abzutransportieren.
Drei Menschen waren ums Leben gekommen. Drei Särge standen in der großen Schloßhalle.
Ich schritt sie der Reihe nach ab. Vor dem ersten blieb ich stehen. Die aufgehende Morgensonne schien durch die Fenster und malte einen langen Streifen auf den Boden. Sie übergoß auch die Hälfte der Totenkisten mit ihrem Licht.
Vor dem ersten Sarg blieb ich stehen. Ich wußte, wer hier lag. Mrs. Geraldine
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