02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre
eine Frage der Produktivität. Die Comedy-Abteilung im Television Centre befand sich im sechsten Stock, und Dennis’ Büro lag direkt gegenüber dem BBC Club, derkaum etwas anderes war als eine Bar. Jeden Morgen um elf Uhr dreißig machte sich Dennis auf die Zehn-Meter-Tour aus dem Büro in den Club. Eine Senior Service ließ ihren blauen Rauch kräuselnd zwischen seinen Fingern aufsteigen, ein großes Bier und ein doppelter Scotch standen vor ihm auf dem Tresen, und er fesselte uns mit seinen Geschichten über Hattie Jacques, Peter Sellers und Sid James. Aber je länger sich der Morgen hinzog, desto weniger schien er sich auf unsere kleine Show und ihr kurz bevorstehendes Aufzeichnungsdatum konzentrieren zu können, und wir fragten uns mit steigender Nervosität, ob ein Studio gebucht war, ob man Requisiten organisiert hatte und ob ein Kameramann zum festgelegten Abend bestellt war. Erwischte man Dennis jedoch um neun Uhr morgens, war er ein Energiebündel. Sein fleischloses Körpergestell zuckte und zappelte, seine Finger zerstachen begeistert die Luft bei jeder neuen Idee, und sein röchelndes, tabakgeschwängertes Lachen steckte uns alle mit fulminanter Selbstgewissheit an. Er vermittelte uns den Eindruck, nach seiner Einschätzung aus demselben Holz geschnitzt zu sein wie Spike Milligan und Tony Hancock. Diese Beachtung und dieser Respekt von einem so erlauchten Mann ließen uns natürlich vor Stolz strotzen. Aber das fand vielleicht ein Gegengewicht in seinem totalen Mangel an Kenntnissen über oder auch nur an Interesse für die neue Welle, die bereits an den Schutzwall schlug. Ein kleines, illoyales und unsicheres Alter Ego meiner selbst fragte sich, ob es nicht – um eine andere musikalische Ära als Vergleich heranzuziehen – so sei, als würde Bobby Darins Manager seinem Schützling versichern, der Rock ’n’ Roll sei nur eine kurzfristige Tonstörung. Dennis sah uns als die respektvollen Erben der Insignien des Goldenen Zeitaltersund die neuen alternativen Comedians als Vandalen und Störenfriede ohne Bedeutung. Ich, und so bin ich eben – teils schmieriger Kriecher, stets darauf aus, zu gefallen, teils Angeber, teils echter Enthusiast – blies in dasselbe Horn, indem ich mich endlos über Mabel Constanduros, Sandy Powell, Gert and Daisy, Mr Flotsam and Mr Jetsam und andere Music-Hall-Radiostars erging, die ich leidenschaftlich verehrte.
Wir probten in dem BBC-Block, der gemeinhin als North Acton Hilton bekannt ist. Jede Etage in diesem nichtsagenden und unpersönlichen Turm, den man in eine nichtssagende und unpersönliche Vorstadt gepflanzt hat, verfügte über zwei Zimmerfluchten mit speziell eingerichteten Proberäumen und Produktionsbüros. Nicht, dass ich es damals bereits wusste, aber dieses seelenlose, krank machende Gebäude mit seiner tropfenden, abblätternden und bröckelnden Fassade, den flackernd fluoreszierenden Neonröhren und den muffigen Aufzügen sollte für die nächsten acht Jahre bei der aufeinanderfolgenden Arbeit an den Serien
Blackadder
und
A Bit of Fry and Laurie
zu meiner zweiten Heimat werden. Ich liebte es. Ich liebte die Kantine, wo man Nicholas Lyndhurst und David Jason ein Hallo zunicken konnte, den Kids von
Grange Hill
oder den Tänzern von
Top of the Pops
. Ich liebte in den Proberäumen die Pfosten auf Sockeln, die verschoben werden konnten, um als Türrahmen und Eingangsbegrenzungen zu dienen. Ich liebte das Klebeband auf dem Fußboden, das in verschiedenen Farben Räume und Kamerapositionen markierte wie auf Spielfeldern in Sporthallen. Ich liebte es, über die trostlosen Dächer von East London hinauszuschauen und zu wissen, dass ich mich hier befand und für die BBC arbeitete, während
All Creatures
Great and Small
nebenan und
Doctor Who
ein Stockwerk höher entstanden.
Als wir
The Cellar Tapes
probten, wusste ich natürlich noch nichts von den Jahren und Serien, die noch kommen sollten, und ich hatte auch nicht die geringste Ahnung, dass es für technische Durchläufe total normal war, in völliger Stille stattzufinden. Lassen Sie mich erklären.
Comedy-Aufführungen im Studio vor vielen Kameras und Publikum sind selten, seit es vor einigen Jahren zur Norm wurde, mit einer einzigen Kamera Außendrehs zu machen. Damals war es aber noch Usus. Außenszenen wurden auf 16-mm-Film gedreht, und alles andere mit diesen geschürzten Rostrum-Studiokameras, die auf Rollen laufen und Terry Nation inspirierten, sich die Daleks auszudenken. Wenn man
Fawlty Towers
oder
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