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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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verstehen und nenne die Szenen rätselhaft wegen des völlig unbegreiflichen »bus«, das fast jeder der freizügig mit Ausrufezeichen versehenen Dialogzeilen angehängt war.
     
BILL: Wovon redest du denn, Mädchen? (bus)
SALLY: oder Bill, das weißt du nur zu gut! (bus)
BILL: Du kommst jetzt her! (bus)
    oder
SIR JOHN: (nimmt Buch) Hier! Gib es mir! (bus)
BILL: Oi! (bus)
     
    Und so weiter. Durchs gesamte Skript hindurch tauchten immer wieder blaue Bleistiftanmerkungen in kräftiger Handschrift auf:
Nein! Absolut nicht. Umschreiben. Völlig inakzeptabel!
Sowie weitere wütende Kommentare manischer Missbilligung.
    Beim Frühstück am nächsten Morgen wollte Richard unbedingt meine Meinung wissen.
    »Nun, man könnte es ja fast als historisches Stück bezeichnen«, sagte ich.
    »Richtig erkannt! Und darum muss es meiner Ansicht nach ja auch für das Publikum der achtziger Jahre adaptiert werden.«
    »Der Cockney ›Rhyming Slang‹ scheint ein wenig … das ist irgendwie ein alter Hut …«
    Es gab da eine seitenlange Szene, in der Bill die Familie in aller Ausführlichkeit mit den Prinzipien des »Rhyming Slang« bekanntmacht.
    »Ja, aber bedenken Sie, dass
Me and My Girl
die britischen Theaterfreunde aus der Mittelschicht zum ersten Mal mit ›Rhyming Slang‹ bekanntgemacht hat«, sagte Richard. »Bis dahin hatte er sich niemals aus dem East End verirrt.«
    »Ich verstehe. Aber sagen Sie, hat der ursprüngliche Produzent das Stück wirklich so gehasst?«
    »Was meinen Sie?«
    »Diese vielen Kommentare. ›Unannehmbar‹, ›Hier streichen‹ und so weiter. Was hat das zu bedeuten?«
    »Ich hab es Ihnen doch gesagt«, antwortete Richard. »Das war das Lord-Chamberlain-Exemplar.«
    Meine verdutzte Miene verriet das unverzeihliche Ausmaß meiner Ignoranz.
    »Bis 1968 mussten sämtliche Stücke, die in London aufgeführt wurden, vom Büro des Ersten Oberhofmeisters geprüft und genehmigt werden.«
    »Oh, das war also die Zensurbehörde?«
    »In der Tat. Das Exemplar, das Sie haben, zeigt die Streichungen, auf denen er oder vielmehr seine Behörde bestanden hat, bevor man 1937
Me and My Girl
dieAufführungslizenz erteilte. Sie werden bemerken, dass man Wörter wie ›cissy‹ streicht.«
    »Also buchstäblich mit einem Blaustift.«
    »Genau so. Aber was halten Sie ansonsten von dem Stück?«
    »Gott, es ist großartig, aber … nun … ich muss sagen, ich verstehe nicht so ganz, was die vielen ›bus‹ zu sagen haben.«
    »Die ›bus‹?«
    »Ich dachte, vielleicht soll es das alte Wort für küssen sein, wissen Sie, ›busserln‹ oder so. Aber die können doch einander nicht unentwegt küssen. Und außerdem steht da oft ein ›bus‹ in Szenen zwischen zwei Männern.«
    Richard sah einen Moment lang verwirrt aus, bevor ein breites Lächeln auf seine Lippen trat. »Ha!« Sein Lachen begann immer mit dem Peitschenknall »Ha!« und endete mit einem Geräusch, das er zwischen den Zähnen hervorstieß und das halbwegs zwischen dem amerikanischen »Sheesh!« und einem gedämpften falsetthaften »Siss!« lag.
    Ich hatte das Typoskript an Lorraine Hamilton weitergereicht und stieß mit dem Finger auf ein »bus«. »Da!«, sagte ich. »»Verstehen Sie das?«
    »Also«, sagte Lorraine. »Ich bin mir nicht sicher … es kommt mir schon ziemlich komisch vor. Vielleicht … hm, nein, ich kann mir nicht …«
    Richard blickte mit wachsendem Vergnügen zwischen uns hin und her. »Business, ihr Schwachköpfe!«
    »Wie bitte?«
    »Bus ist die Abkürzung von ›business‹.« Ich bin mir nicht sicher, dass wir den Eindruck gemacht hätten, klüger geworden zu sein.
    »Bill wurde von Lupino Lane gespielt. Lupino entstammte einer Music-Hall-Dynastie. Er war der beste Körperkomiker seiner Zeit. Ein großer Teil seines Erfolgs rührte von den bemerkenswerten Slapstick-Nummern her, die er sich einfallen ließ. Sein Kampf mit dem Umhang in
Me and My Girl
wurde zu einer Sehenswürdigkeit auf der Londoner Bühne.«
    Nun, ich werde Ihnen nicht jede Drehung und Wendung der Geschichte zumuten, die in die 80er-Jahre-Fassung von Noel Gays Musical eingearbeitet wurde. Richard, der als Produzent agierte, gewann Mike Ockrent als Regisseur, und als Koproduzenten holte er David Aukin an Bord, der das Royal Theatre in Leicester leitete, wo die Show auf die Bühne gebracht werden sollte. Wenn sie dort ein Erfolg wurde, plante man, sie ins West End zu bringen. Robert Lindsay wurde für die Hauptrolle des Bill genannt und Leslie Ash für Sally. In der

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