0203 - Die Geisterfrau
übersehen hatte!
***
Sämtliche Bilder an den Wänden wurden lebendig. Die Porträtierten entstiegen ihnen und drangen auf Zamorra ein. Der wich zurück und machte dabei radikal von seinem Blaster Gebrauch.
Der zischende Lichtfinger tastete die Wände ab und setzte Bilderrahmen in Brand. Kunstwerke wurden rücksichtslos vernichtet. Und dort, wo die Rahmen in Flammen aufgingen, züngelten Flammen auch an den Spukgestalten auf. Das hinderte sie aber nicht daran, sich schreiend und brennend wie Furien auf Zamorra zu stürzen.
Noch schützte ihn das grüne Leuchten. Aber wie lange noch?
Er sah Patrick.
Der Butler stand neben der Lady. Auch er war jetzt ein Skelett, und in seinen Augen glühte wieder das dämonische Feuer. Mylady kicherte höhnisch.
»Sie sind nicht Lady Beatrice!« schrie Zamorra ihr zu.
»Endlich haben Sie es begriffen!« keifte sie. »Aber das nutzt Ihnen nichts mehr – und ihm auch nicht! Weil sie sterben müssen, Sie Bastard!«
Der zischende Strahl aus dem Blaster vernichtete den letzten Bilderrahmen, aber längst waren nicht alle Spukphantome zerstört. Und Zamorra fühlte, daß es bereits in Mylady und dem Butler arbeitete. Etwas war in ihnen, das so alt war wie die Burg – so alt wie die Artuslegende.
Er stieß ein paar Gespenster zur Seite, die ihm im Weg standen. Er kämpfte sich zu Sir Winston durch, der als Skelett seelenruhig und unbeteiligt am Rundtisch saß und die Teetasse vor sich stehen hatte.
Wie eine Marionette!
Das, was in Lady Beatrice wohnte, hatte ihn zu einem Willenlosen gemacht!
In dem Moment sah Zamorra das letzte der Porträt-Gespenster zum Raub der Flammen werden, und da riskierte er alles.
Er drückte sein Amulett Sir Winston in die Hand.
Myladys Kreischen war lauter als alles andere im Raum. Noch lauter aber dröhnte Zamorras Stimme auf, der Sir Winston anbrüllte: »Du bist ein Nachkomme von Uther! Du bist der Nachfolger Artus'! Du bist der König!«
»Nein!« kreischte Beatrice – oder das, was in ihr wohnte. »Nein!«
Winston Pendrake erwachte wie aus einem tiefen Traum. Plötzlich sah er wieder menschlich aus. Er war kein Skelett mehr.
Er erhob sich. Begreifen durchzuckte sein Gesicht.
»Der König…«, flüsterte er bestürzt. »Ich – bin Artus' Nachfolger… Aber…«
Er sprach nicht weiter.
Selbst Zamorra erstarrte. Er fühlte, wie etwas von Sir Winston Besitz ergriff. Etwas, das unglaublich mächtig war.
Magie!
Stärkste Magie!
Und da drehte Winston den Kopf zu Zamorra, während die Kraft in ihm wuchs, und wie im Traum hörte Zamorra ihn sagen: »Mein Reich ist nicht mehr, Held… Vielleicht wirst du es eines Tages…«
Stärker als die stärkste Weiße Magie, die jemals von Merlin, dem Magier, hatte erweckt werden können, war der Tod.
Winstons Gesicht verzerrte sich. Der Schlag warf ihn zurück, schmetterte ihn gegen den Tisch und ließ ihn zusammenbrechen. Als das Blut aus der Wunde im Herzen drang, war Sir Winston bereits tot.
König Uthers zweiter Sohn lebte nicht mehr.
***
Fassungslos starrte Zamorra den Butler an. Patrick ließ die Hand sinken, in der sich noch die rauchende Pistole befand.
Lady Beatrice, die kein Skelett mehr war – ebensowenig wie Patrick, hörte nicht mehr auf zu schreien. Dazwischen mischten sich unartikulierte Laute, aber im gleichen Moment schwebten auch Nicole und Bill nicht mehr.
Ihre Füße berührten den Boden, und sie waren wieder in der Lage, sich zu bewegen.
Zamorra sah wieder den Butler an, der bestürzt auf die Waffe in seiner Hand sah. Und da wußte der Parapsychologe, daß weder er noch Lady Beatrice jemals für das verantwortlich gemacht werden konnten, was sie getan hatten.
Den Spuk im Salon gab es nicht mehr. Er hatte aufgehört zu existieren, weil es für ihn keine Existenzberechtigung mehr gab.
Oder doch nicht?
Lady Beatrices Schreien ging in Wimmern und Schluchzen über, und die Worte wurden verständlicher. Es waren immer wieder dieselben.
»Uther… Ich verfluche dich und alle, die nach dir kommen werden! Dich, der mich im Stich ließ… Nie mehr soll Pendragon Macht haben… Nie mehr…«
Da wußte Zamorra, daß er sich geirrt hatte. Nicht den Spuk gab es nicht mehr, sondern Lady Beatrice. Ihr Verstand war zerstört worden, und in ihr wohnte etwas Verzweifeltes, das die moderne Welt niemals mehr verstehen würde.
***
»Ich begreife das alles immer noch nicht«, sagte Bill Fleming und lehnte sich weit im bequemen Ledersessel zurück. »Vielleicht könntest du dich einmal
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