0219 - Das Grab im Korallenriff
wünsche, daß wir hier das große Geschäft machen. Aber unauffällig, wenn ich bitten darf. Denn der Juniorchef leitet die Aktion selbst, und das ist kein Unbekannter, der so einfach von der Bildfläche verschwinden kann. Wenn es Schwierigkeiten gibt, muß alles wie ein Unfall aussehen. Ist das klar?«
Ein von verschiedenen Lippen gemurmeltes »Ja« war die Antwort.
»Die Karibik birgt vielerlei Gefahren, Señor Patriarch!« ließ sich eine ölige Stimme vernehmen.
»Dann los, meine Herren!« zischte er hinter dem Schreibtisch. »Machen sie den Leiter des Unternehmens unter sich selbst aus. Und - ich will ihn entweder erfolgreich oder überhaupt nicht mehr sehen. Ich kann keinen Versager gebrauchen. Verstanden?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, entließ der unbekannte Gangsterboß mit einer Handbewegung seine Männer.
***
Aus den Weridar-Fragmenten:
… vernehmet denn, o ihr Unwissenden, daß der Tod keineswegs das Ende aller Dinge ist. Erhebt sich der Mensch nicht des Morgens, nachdem ihn der Schlaf gekräftigt hat, der nachts den müden Körper entschlummern ließ. So ist auch der Tod in den Augen der Weisen nur ein Schlaf.
Und aus jedem Schlaf gibt es ein Erwachen. Ist es auch nicht jedem vergönnt, sich vor dem Ablauf der Zeit zu erheben, so stehen doch die, welche in höchster Not gerufen werden, sofern es in ihrem Leben keine geringfügigen Wesen waren, wieder auf.
Das aber sind die Grundlagen der Geisterbeschwörung.
Und die, welche Einblick in die Kristalle der Vergangenheit haben, behaupten sogar, daß ein bloßer Hilferuf an einen Toten diesen aus den Urzeiten der Erde herbeirufen kann.
Mehrfach soll es vorgekommen sein, daß so das Volk der Elben, das seit Anbeginn der Tage von der Erde verschwand, sich wieder in die Belange der Sterblichen mischte und, nachdem es dem Guten zum Sieg verhalf, dorthin zurückging, von wo aus es kam, in den Schoß der Elementargeister.
Und die Hände der alten Chronisten schrieben zitternd nieder, daß auch die, welche in den Hügeln des Schweigens von den Tagen der Namenlosen Alten träumen, schon die Pfade der Menschen kreuzten…
***
Der Manta verspürte einen rasenden Schmerz. Die abgefeuerte Harpune hatte ihn gestreift. Wie eine rote Wolke färbte das Blut des Fisches das grünblaue Wasser trüb.
Das, was die Empfindungen des Mantas ausmachte, war ein einziger Hilfeschrei.
Und dieser Schrei wurde gehört!
***
Fred Pounder stieß innerlich ein ganzes Sammelsurium voller Flüche aus. Die Beute war getroffen. Aber die Harpune hinderte sie nicht daran weiterzuschwimmen, da sie nicht im Körper des Tieres steckengeblieben war und mit den Widerhaken die Flucht des Fisches hemmte.
So schnell es ging, versuchte der Unterwasserj äger, seine Harpune erneut schußfertig zu machen. Er mußte sich beeilen. Das Blut des Kochens mochte Haie auf den Plan rufen.
Da! Die Verletzung des Mantas schien doch schwerer zu sein, denn das Tier ließ sich mit matten Schlägen seiner wie Teufelsflügel wirkenden Seitenlappen auf den Gipfel des unterseeischen Plateaus niedersinken.
Fred Pounders Hand griff zum Tauchermesser. Vielleicht war der Einsatz der Harpune nicht mehr nötig. Mit rudernden Armbewegungen ließ er sich in die Höhe treiben. Von oben herab wollte er seine Beute angehen.
Nach ungefähr zwei Yards Höhenausgleich erblickten seine Augen das, was noch kein Mensch dieser Tage vor ihm gesehen hatte. Unter ihm lag der Körper des Mantas im Sand. Aber um den Körper des Tieres herum waren in geometrischer Reihenfolge Steinplatten gelegt. Jedenfalls nahm Fred Pounder an, daß es sich um Stein handelte. Und auch die Geometrie mußte sein logisch denkender Geist anerkennen, obgleich eine derartige Form der Anordnung, die wie eine Parodie auf einem Rhombus wirkte, auf den Geist des Menschen im zwanzigsten Jahrhundert mehr als befremdlich wirken mußte.
Fred Pounder wurde entfernt an die Anlagen der Königsgräber von Mykene oder den Steinkreis von Stonehenge erinnert. Aber das war kein Vergleich. Das, was sich hier vor seinen Augen zeigte, wirkte sehr viel älter und ungleich erhabener.
Ein Friedhof unter dem Meer.
***
»So, mein lieber Carsten, jetzt mal heraus mit der Sprache!« forderte Professor Zamorra, während der Privat jet des Möbius-Konzerns bereits über Südfrankreich dem Atlantik entgegenflog. »Wo ist bei diesem Traum-Urlaub der Pferdefuß? Denn aus reiner Menschenfreundlichkeit hast du Nicole und mich ja bestimmt nicht angerufen!«
»Ja, weißt
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