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023 - Der grüne Bogenschütze

023 - Der grüne Bogenschütze

Titel: 023 - Der grüne Bogenschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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daß die alte Geschichte neue Nahrung erhalten hat.«
    Spike zog die Stirn kraus und dachte nach.
    »Ein Gespenst, das Abel Bellamy zu nahe tritt, muß sich in acht nehmen. Ich glaube überhaupt nicht an die Sache, sondern halte das Ganze für die hysterische Einbildung eines Dienstmädchens. Soll ich tatsächlich zu Abel gehen?«
    »Natürlich, suchen Sie ihn auf, überreden Sie ihn, daß er Sie eine Zeitlang im Schloß wohnen läßt.«
    Spike hob abwehrend die Hand.
    »Ausgeschlossen. Er würde mich sofort hinauswerfen, wenn ich mit einem solchen Ansinnen käme. Bestenfalls kann ich zu seinem Sekretär, Mr. Savini, gehen. Möglich, daß ich bei dem etwas erreiche.«
    »Gut. Sehen Sie zu, was sich machen läßt. Versuchen Sie auf alle Fälle, unter irgendeinem Vorwand ins Schloß zu kommen. Und behalten Sie die ganze Sache für sich. Eine sensationelle Geistergeschichte haben wir schon seit Jahren nicht mehr gebracht. Außerdem hindert Sie nichts daran, mit Wood zu essen. Seine Geschichte brauche ich ebenfalls. Wo sind Sie verabredet?«
    »Im Carlton. Wood war nur kurz in London und fährt heute abend nach Belgien zurück.«
    »Das trifft sich ja gut. Bellamy wohnt ebenfalls im Carlton Hotel. Da können Sie sich gleich an beide heranmachen.«
    Der Redakteur stand auf.
    »Gespenstergeschichten und Kinderkrippen!« murrte Spike vorwurfsvoll und wandte sich zur Tür. »Und dabei warte ich schon endlos lange auf einen ordentlichen Mord. Aber ich verstehe schon - die Zeitung braucht keinen Kriminalisten, sondern einen Märchenerzähler!«
    »Da sind Sie doch der richtige Mann!« rief ihm Syme nach.
     
2.
     
    Das Rattern elektrischer Bohrer, der Höllenlärm von Hämmern, Meißeln, Stahl - Abel Bellamy hörte es für sein Leben gern.
    Er stand am Fenster seines Hotelzimmers und starrte fasziniert auf die andere Straßenseite hinüber. Dem Hotel gegenüber entstand ein Neubau. Das Stahlgerüst erhob sich turmhoch über die niedrigen Häuser in der Nachbarschaft.
    Vor der Baustelle hatten sich neugierige Passanten angesammelt. Der große Kran zog gerade einen Eisenträger hoch. Langsam hin und her pendelnd schwebte er in die Höhe. Bellamy brummte unzufrieden. Von bloßem Auge erkannte er, wo der richtige Aufhängepunkt lag - dieser Träger war schlecht ausbalanciert.
    Es gab genug Leute, die ihn verfluchten - Bellamy war ein hartgesottener Geschäftsmann, und sein Name wurde da und dort mit einer Gemeinheit in Verbindung gebracht, was ihm allerdings keine schlaflosen Nächte bereitete. Reue und Furcht kannte er nicht, sondern war im Gegenteil noch stolz auf das Böse, das er getan hatte. Was sich ihm in den Weg stellte, hatte er stets niedergetreten. Mit zwanzig Jahren war er noch ein einfacher Arbeiter gewesen, mit fünfunddreißig hatte er seine erste Million Dollar beisammen. In den nächsten zwanzig Jahren verzehnfachte sich dieses Vermögen. Mit fünfundfünfzig verließ er die Stadt, in der er reich geworden war, und kaufte sich einen Adelssitz in England.
    Seit dreißig Jahren war er mächtig genug, um andere verfolgen und völlig nach seinem Belieben handeln zu können. Er war außergewöhnlich groß und besaß noch mit sechzig Jahren eine Bärenkraft. Auf der Straße sahen sich die Leute nach ihm um, vor allem wegen seiner ungewöhnlichen Häßlichkeit. Sein rotes Gesicht war zerfurcht, die Nase groß und knollenartig, die Lippen wulstig. Den einen Mundwinkel zog er stets etwas in die Höhe, so daß er ständig höhnisch zu grinsen schien.
    Er kümmerte sich jedoch nicht im mindesten um sein Aussehen und nahm es als eine Tatsache hin. Dies war Abel Bellamy aus Chicago, der Schloßherr von Garre Castle in Berkshire - ein Mann, der keine Gefühle kannte.
    Noch immer stand er am Fenster seines Hotelzimmers und beobachtete die Bauarbeiter. Die Zimmertür ging auf. Er drehte sich kurz um.
    Julius Savini war daran gewöhnt, nur durch ein Brummen begrüßt zu werden. Heute spürte er, daß er etwas mehr abbekommen würde als den gewohnten mürrischen Morgengruß.
    »Was glauben Sie eigentlich, Savini -? Seit sieben Uhr warte ich auf Sie! Wenn Sie Ihre Stellung behalten wollen, sollten Sie sich wenigstens vor Mittag einmal blicken lassen! Verstanden?«
    »Tut mir leid, Mr. Bellamy - aber ich sagte Ihnen schon gestern abend, daß ich heute später kommen würde. Ich bin eben erst von auswärts zurückgekommen.« Savinis Stimme klang beflissen; er war nun seit einem Jahr Bellamys Sekretär und wußte, daß es zwecklos

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