0233 - Allein in der Drachenhöhle
müsste uns also gelingen, sie zu beschwören.«
Sir James und Suko warfen sich einen vielsagenden Blick zu. Jeder war von dieser Antwort angetan.
»Ja, es gibt eine Drachenbeschwörung«, schlug auch Kara in die gleiche Kerbe.
»Können wir sofort damit anfangen?« wollte Sir James wissen.
»Nein, nicht hier. Wir brauchen Zeit, müssen einige Vorbereitungen treffen.«
»Welcher Art?«
Myxin schaute Sir James an und schüttelte den Kopf. »Sie sind sehr ungeduldig, das dürfen wir auf keinen Fall sein. Wir müssen Schritt für Schritt vorgehen, und ob die Beschwörung gelingt, ist auch noch fraglich.«
»Was brauchen Sie?« Sir James schlug mit der Hand auf den Schreibtisch. Ein bekanntes Zeichen bei ihm.
»Wir brauchen das Buch der Gerechten«, erwiderte Kara.
»Wieso?«
»Vielleicht die Bibel?« meinte Suko.
»Genau.«
Sir James knetete sein Kinn. »Die ist einfach aufzutreiben. Ich werde sie sofort holen lassen.«
»Moment, nicht so eilig«, hielt Myxin Sir James zurück. »Nicht nur die Bibel brauchen wir, sondern auch das Blut eines Gerechten. Wer stellt sich da zur Verfügung?«
»Ich!« Suko antwortete spontan.
Sir James nickte dem Chinesen dankbar zu. Dann fragte er: »Muss es eine bestimmte Bibel sein?«
»Vielleicht brauchen wir sie nicht einmal«, sinnierte Kara. »Wir möchten nur das Bild haben, wo der Erzengel Michael den Teufel in die Hölle stürzt.«
Sir James verstand gar nichts mehr. »Wieso das?«
»Ganz einfach«, gab die Schöne aus dem Totenreich lächelnd zurück. »Weil auf diesem Bild der Satan als Drache dargestellt ist, und der Erzengel Michael den Triumph über das Böse symbolisiert…«
Als Sir James das hörte, rann ihm ein Schauer über den Körper…
***
Der Spuk hatte mich alleingelassen. Allein mit meiner Hoffnungslosigkeit. Nach wie vor lag ich auf dem Boden, und meine gefesselten Hände befanden sich auf dem Rücken.
Ich musste das Gespräch mit dem Dämon erst einmal seelisch verkraften, was nicht so einfach war, hinzu kam noch die wahrlich deprimierende Situation. Ich sah einfach keinen Ausweg aus der Misere mehr. Als Gefangener in einem Land, das es an sich gar nicht mehr geben durfte, war es für mich unmöglich, zu fliehen.
Wie sollte man mich hier jemals finden? Und wer sollte mich finden? Automatisch dachte ich an meine Freunde, die zurück in London geblieben waren, und mich überfiel eine ungeheure Sehnsucht, wieder in die Welt zu gelangen, aus der ich stammte, mochte sie auch noch so verrückt sein, so schlecht und irre sein, aber ich war dort geboren, aufgewachsen, sah nur da meine Aufgabe, und dort lebten auch meine Freunde.
Würde ich sie jemals wiedersehen?
Nepreno, so lautete der Name meines großen Gegners. Es musste ein unheimliches Tier sein, so wie es mir der Spuk geschildert hatte, und ich würde es sicherlich bald zu sehen bekommen. So lange wollte ich nicht warten, denn man hatte mich zwar gefangen und verschleppt, aber meinen Willen, den besaß ich nach wie vor. So leicht war er nicht zu brechen. Ich dachte an all die gefährlichen Situationen, in denen ich schon gesteckt hatte und immer wieder herausgekommen war. Nicht zuletzt an das Zentrum des Schreckens, wo ich Asmodis persönlich gegenübergestanden und er mir sogar geholfen hatte.
Nur nicht aufgeben!
Die Hände waren so raffiniert auf meinem Rücken gefesselt worden, dass ich sie kaum bewegen konnte. Das Blut staute sich bereits, ich spürte meine Gelenke kaum, die Kehle war ausgedörrt, der Durst peinigte mich, doch diese Äußerlichkeiten musste ich einfach abschütteln. Hier ging es um mehr, um das Leben, den Fortbestand, deshalb wollte ich versuchen, das Beste aus meiner Lage zu machen.
Hinter mir befanden sich zwei Dinge, die unter Umständen meine Lebensretter sein konnten. Das Kreuz und das Buch!
Wenn es mir gelang, an das Kreuz zu kommen, war schon vieles gewonnen. Es würde nur sehr, sehr schwer sein, denn der Altar war hoch, zu hoch…
Und dann lagen die Hände auf meinem Rücken. Wenn ich sie nach vorn bekam, war vieles gewonnen. Also startete ich den Versuch.
Ich kenne Leute, habe sie selbst im Zirkus erlebt, die sind Entfesselungskünstler. Die haben auch einen Körper wie eine Schlange, so geschmeidig. Ich würde meine Schwierigkeiten bekommen, wenn ich meine Arme nach vorn bringen wollte, denn ich musste durch die Lücke zwischen ihnen rutschen, was ungeheuer schwer war.
Um es mir ein wenig leichter zu machen, rutschte ich vor und setzte mich auf eine
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