0249 - Die Stunde der Bestien
Paar schwarze, kokette Glutaugen.
Dreiser sagt nicht, dass an diesem Abend der Zirkus einen vorstellungsfreien Tag hat. Aber Wellington Johnson, dessen imponierende Gestalt schon ein paarmal über den Bildschirm geisterte, sitzt in seinem Wohnwagen vor einem geliehenen Fernsehgerät und sieht sich mit seiner Frau Valencia und seiner rothaarigen Tochter Eve das Programm an, das über seinen Zirkus gesendet wird.
Ein paarmal fluchte er schon, wie es nur Matrosen, Zigeuner und Leute vom Zirkus können. Als Dreiser auf die Ermordung der Trapezartistin Juanita Marsari zu sprechen kam und unglaublich geschickt jedes Mitglied der Truppe verdächtigte, ohne etwas gesagt zu haben, ballte Johnson die Faust und machte Anstalten, auf den Bildschirm loszugehen.
»Ich fürchte, Wellington«, sagte Madame Johnson würdevoll, »ich fürchte, dass die Scheibe deine Faust nicht aushält.«
Wellington Johnson, der letzte vom großen Zirkusgeschlecht der Johnsons, ließ sich knurrend in seinen Sessel zurückfallen.
»Ich könnte den Kerl umbringen«, brummte er wütend.
Die Tochter lachte begütigend.
»Aber, Daddy. Denk an die zwölftausend Dollar, die uns die NBC für diese Sendung gezahlt hat. Und denk an die Reklame. Ich verspreche dir ausverkaufte Zelte fürs nächste halbe Jahr.«
Wellington Johnson runzelte die Stirn, kratzte sich über sein kantiges Kinn und brummte.
»Du hast Recht. Aber leider hat dieser verdammte Dreiser da auch Recht. Wer ist denn nun der Mörder. Wie lange soll ich noch mit einer Truppe durch die Städte und Staaten reisen, in der sich ein Brandstifter und Mörder befindet? Wie lange soll denn das noch weitergehen? Merkst du denn nicht, wie die Leute langsam nervös werden Wenn dieser verdammte Verbrecher nicht bald erwischt wird, gibt es noch eine Katastrophe.«
Er sollte Recht behalten.
***
Ich bummelte langsam über den großen Platz, auf dem der Zirkus sein Zelt und seine kleine Wohnwagenstadt errichtet hatte.
Sie hielten mich hier alle für einen strebsamen jungen Mann, der Artist werden wollte. In Wahrheit spielte ich ihnen ein dummes Theater vor. Ich bin G-man, Special Agent des FBI.
Und ein Mörder befand sich noch immer auf freiem Fuße, ein Mörder, der es weiß der Teufel worauf abgesehen hatte. In Scranton hatte er das Zelt in Brand gesteckt. In Binghamton war er untätig geblieben, denn der Diebstahl der Abendeinnahme ging auf dass Konto eines jungen, verliebten Manege-Arbeiters, der mit dem Geld und der Assistentin .des Messerwerfers durchbrennen wollte Aber in Syracuse hatte er wieder zugeschlagen. Mitten in der Vorstellung fiel durch eine Zeltlücke in einem der Aushänge der Schuss aus einer Winchesterbüchse, der Juanita Marsari hoch oben an ihrem Trapez den Tod brachte.
Mein Freund Phil Decker, der ganz offiziell als FBI-Agent mit Cadillac und Wohnwagen den Zirkus begleitete, Jack Miller, der die Rolle eines Manege-Arbeiters spielte, und ich - wir drei hatten in fieberhafter Arbeit versucht, den Mörder zu finden. Die Mordkommission der Stadtpolizei von Syracuse hatte zunächst den Liliputaner verhaftet. Er konnte es überhaupt nicht gewesen sein, denn als der tödliche Schuss fiel, stand Little Joe mit mir zusammen in der Dunkelheit zwischen den Wohnwagen und wartete darauf, dass sich die quietschenden Ratten unter den Wagen wieder hervorwagten, die ihn jede Nacht um den Schlaf brachten. Um die übereilte Verhaftung rückgängig zu machen, hatten wir unseren Verdächtigen einem scharfen Verhör unterzogen. Aber Tec-Man White stand unerschütterlich wie ein Fels in der Brandung des Meeres. Peter Zoome, der Privatdetektiv von der bekannten Detektei Snackerton, schnüffelte im Aufträge einer Versicherungsgesellschaft wegen des Brandschadens ebenfalls im Zirkus herum. Alle Anzeichen sprachen dafür, dass er schlagartig auf den Mörder kam. Er verließ Phils Wohnwagen Eine Stunde später fanden wir ihn erschlagen hinter der Reihe der abgestellten Zugmaschinen. Der Mörder hatte ihm mit irgendeinem schweren, stumpfen Gegenstand den Hinterkopf zertrümmert.
So standen die Dinge. Nun waren wir heute Morgen in Utica eingetroffen. Ein vorstellungsfreier Tag sollte allen Gelegenheit geben, sich ein wenig zu entspannen, notwendige Reparaturen an Kostümen und Geräten vorzunehmen und private Dinge zu erledigen. Außer dem Direktor und uns drei G-men wusste an diesem Abend noch kein Mensch, dass der Generalstaatsanwalt des Bundesstaates New York vorläufig alle weiteren Vorstellungen
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