026 - Der Doppelgänger
der Erwähnung ihres Namens hoch. Als er seine Wohnung in Cheynel Gardens erreicht hatte, war die Reise nach Ostende eine festbeschlossene Sache, die unwiderruflich war.
Zu Hause fand er ein Telegramm seines Agenten in New York vor, der ihn benachrichtigte, daß Mr. Tilmet ihn am nächsten Freitag persönlich in London besuchen werde. Zu seinem größten Schrecken entdeckte Gordon, daß er über den Überlegungen und Vorbereitungen für die Ostender Reise ein wichtiges Geschäft vollständig vergessen hatte. Sein Agent hatte in seinem Auftrag die Firma Tilmet & Voight gekauft, und Mr. Tilmet hatte den Wunsch geäußert, die Kaufsumme, fünfzigtausend Dollar, bar in London ausgezahlt zu erhalten, das er im Laufe einer Europareise besuchen werde. Die Kaufverträge waren schon mit einer früheren Post angekommen, und Gordon war davon verständigt worden, daß die Ankunftszeit Tilmets noch nicht genau festliege, daß er wahrscheinlich erst einige andere Länder aufsuchen, aber bestimmt seinen Besuch in Cheynel Gardens machen werde, um dieses Geschäft endgültig abzuschließen.
Gordon sah sofort die Schiffsliste der »Times« durch und stellte fest, daß die »Mauretania« um zwölf Uhr des gestrigen Tages fünfhundert Meilen westlich von Kap Lizard gemeldet worden war. Er überlegte schnell, er mußte also morgen die Summe im Hause haben, obgleich er gewöhnlich aus Prinzip keine geschäftlichen Handlungen außerhalb seines Büros vornahm. Aber diesmal waren ungewöhnliche Umstände im Spiel, und das Geschäft war außerordentlich vorteilhaft für ihn. Er notierte sich die Sache in sein Taschenbuch, machte eine zweite Eintragung auf den Umschlag seines Scheckbuches und ging dann nach oben, um sich umzuziehen. Er wollte heute mit Heloise zu Abend speisen und ihr persönlich die Nachricht überbringen, daß er sich entschlossen habe, den Plan auszuführen, den sie doch eigentlich ersonnen hatte. Sie hatte nach seinen letzten Mitteilungen ja schon ein Recht zu der Annahme, daß nicht mehr die geringsten Zweifel darüber bestanden.
Als er die Treppe wieder herunterkam, sah er Diana unten stehen. Sie trug ein elegantes Abendkleid aus elfenbeinfarbener Seide. Zwei Perlenketten waren um ihren Hals geschlungen. Er folgte ihr in das Studierzimmer und schaute sie erstaunt an, als sie sich jetzt umwandte. Das war eine ganz andere Diana. Es lag etwas Ätherisches, fast Überirdisches in ihrer Lieblichkeit.
»Diana, du siehst heute abend wundervoll aus«, sagte er.
Da er jetzt nach Ostende fuhr, war er großzügig.
»Danke«, sagte sie gleichgültig. »Mich kleidet diese Farbe immer sehr gut. Du wirst auch auswärts speisen, wie ich sehe? Wo gehst du denn hin?«
»Ich werde im Ritz-Carlton-Hotel essen. Und du?«
»Ich gehe zur australischen Gesandtschaft. Mr. Collings ist in geschäftlichen Angelegenheiten gekommen. Er hat heute nachmittag hier seinen Besuch gemacht. Er ist mein Rechtsanwalt und ein netter Mensch.«
Gordon murmelte irgend etwas, das eine Liebenswürdigkeit sein sollte. Er war froh, denn Diana beschwerte nun auf keinen Fall heute abend sein Gewissen, und diese Sicherheit war wohltuend.
Sie sonnte sich in seiner unausgesprochenen Bewunderung und freute sich über den glänzenden Eindruck, den sie auf ihn gemacht hatte. Aber sie verwischte ihn zu seinem großen Ärger sofort wieder, indem sie eine Schublade seines heiligen Schreibtisches aufschloß.
»Wer hat dir denn den Schlüssel dazu gegeben?« fragte er entrüstet.
»Es paßte einer von meinen eigenen dazu«, sagte sie, ohne im mindesten verlegen zu sein. »Die Schublade war leer, es lagen nur ein paar deutsche philosophische Bücher darin. Die habe ich einfach herausgenommen und das Schloß ändern lassen. Ich muß doch irgendeinen Platz haben, wo ich meine Sachen verwahren kann.«
Er schluckte seinen Ärger hinunter.
»Was mußt du denn verwahren?«
»Meinen Schmuckkasten.«
»Der wäre aber doch viel sicherer in meinem Geldschrank aufgehoben.«
»Wie heißt denn das Kennwort?«
»Alma«, sagte er, bevor ihm klar wurde, welche Dummheit er gemacht hatte. Niemand außer ihm hatte bisher dieses Geheimnis gewußt.
Aber ehe er explodieren konnte, hatte sie einen kleinen schwarzen Gegenstand aus der Schublade genommen und auf die Tischplatte gelegt. Gordon wich bei dem Anblick etwas zurück.
»Aber, Diana, du solltest doch keine Schußwaffe im Haus halten«, sagte er nervös. »Wenn du mit einem solchen Ding spielst, könntest du dir Schaden tun -
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