0279 - Der Herr der Unterwelt
Breadcock ist heute einundfünfzig Jahre alt. Er stammt aus einer Arbeiterfamilie, entpuppte sich aber schon in der Schule als völlig asozial. Sein erstes Verbrechen beging er auf eigene Faust als Vierzehnjähriger. Er kam früh in eine Erziehungsanstalt, und er blieb bis zu seinem achtzehnten Lebensjahr darin. Er war ein miserabler Schüler, der nie richtig schreiben und rechnen gelernt hat, aber in der Erziehungsanstalt wurde er zum Schlosser ausgebildet, und in diesem Beruf zeigte er sich sehr geschickt. — Mit achtzehn Jahren wurde er entlassen. Ein Jahr später knackte er den Tresor einer kleinen Bank, allein und ohne andere Hilfsmittel als ein paar selbst zurechtgefeilte Dietriche. Er erbeutete fünftausend Dollar. Jeder andere hätte das Geld erst einmal verpraßt. Nicht so Breadcock. Er beging sein nächstes Verbrechen knapp eine Woche später. Wieder knackte er einen Tresor, wobei er den Nachtwächter vorher niederschlug und schwer verletzte. — Aus den beiden Tresoreinbrüchen wurde eine ganze Serie. Als Breadcock gefaßt wurde, hatte er zwölf Geldschränke aufgebrochen. Er wurde zu zwanzig Jahren verurteilt, aber nach sieben Jahren im Parole-Verfahren entlassen. Er schloß sich der Youngster-Bande an. Es war das einzige Mal, daß er über einen längeren Zeitraum hinweg mit einer Bande zusammen arbeitete. Die Zusammenarbeit endete damit, daß er in einem Streit Rob Youngster, den Chef, erschoß. Das war sein erster Mord, aber er wurde ihm nie nachgewiesen. Breadcock hätte sich damals zum Boß der Bande machen können, aber es lag ihm nichts daran. Er verschwand aus Boston, wo diese Episo-, de seines Lebens gespielt hatte, und ging nach New York. — Wieder betätigte er sich als Geldschrankknacker. Seine Geschicklichkeit im Umgang mit den härtesten Tresoren wurde zur Sage. Es ist, als besäße er auch auf diesem Gebiet einen sechsten Sinn, ein besonderes Talent. Breadcock beging seinen zweiten Mord, als er einen kleinen Verbrecher erschoß, der ihm als Schmieresteher gedient hatte. — Er wurde 1945 gefaßt. Er kam haarscharf am Elektrischen Stuhl vorbei und wurde zu dreißig Jahren verurteilt. Dreizehn Jahre saß er davon ab. Er hätte nie wieder entlassen werden dürfen, aber irgendwie geschah es, daß er zum zweitenmal im Parole-Verfahren freikam. Es war, als hätte sich in den dreizehn Jahren Haft sein Hunger nach Verbrechen aufgestaut. Kaum auf freiem Fuß, brach sich diese Sucht Bahn. Nun gab er sich nicht mehr mit dem Aufbrechen von Geldschränken ab. In drei Monaten beging er drei Raubüberfälle, bei denen die Opfer schwer verletzt wurden. Beim vierten Raubüberfall geschah der dritte Mord. — Die Polizei jagte ihn. Er wurde gestellt, erschoß zwei Beamte und flüchtete in einen anderen Staat der USA. — Jetzt jagte ihn der FBI. Trotzdem beging er weitere Kapitalverbrechen. — Damals erhielt er den Spitznamen, mit dem ihn die Unterwelt heute noch bezeichnet: Monster — das Untier! Er tötete einen Gangster, der sich weigerte, für ihn zu arbeiten. Die Jagd auf ihn wurde intensiviert. In Frisco lief er einem Kriminalbeamten in die Arme. Er schoß ihn nieder, bevor der Mann zu seiner Pistole greifen konnte.«
Mr. High schloß den Aktenordner.
»Das geschah vor rund fünf Monaten. Knapp zwei Monate später erhielt der FBI in Chicago einen Tip, daß Breadcock in der Stadt sei. Der Tip kam aus Gangsterkreisen, und wenn auch die Herkunft gut getarnt war, so vermuteten unsere Kollegen in Chicago doch, daß es sogar einer der großen Bosse war, der Breadcock durch den FBI aus dem Wege räumen lassen wollte. Die Chefs der großen Banden haben James Breadcock nie gern in ihren Revieren gesehen. Er war ihnen ebenso unheimlich wie allen anderen Gangstern. Außerdem machte er mit seinen in den Augen der Gangbosse sinnlosen Verbrechen die Polizei aufmerksam, und daraus ergab sich eine Unruhe, die die Bosse für ihre Geschäfte nicht brauchen können. — Chicago bat um den Einsatz von G-men aus anderen Städten. Sie fürchteten, daß die Tarnung der eigenen Leute platzen könnte. Ich schickte auf Anweisung der Zentrale Ted. Er versuchte in der Rolle eines erfolgreichen Gangsters aus New York Zugang zu Chicagos Ganoven zu gewinnen. Es gelang ihm, aber es dauerte Monate, bis er endlich auf das Monster stieß.«
Der Chef schwieg. Weder Phil noch ich unterbrachen sein Schweigen. Wir wußten, seine Gedanken weilten bei Ted Carsten.
Mit einem Ruck hob Mr. High den Kopf.
»Nach dem Mord an Ted
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