0280 - Wir und der Mörder ohne Namen
auf der Schwelle der Eingangstür. Sein brutales Gesicht wurde von der nahen Bogenlampe beleuchtet. Es zeigte Erstaunen und Wut darüber, daß mich sein Messer verfehlt hatte.
Noch ehe ich auf den Beinen war, fuhr der Mischling herum und tauchte blitzartig im Dunkel des Hauses unter.
Einen Atemzug später schnellte auch ich über die Schwelle und verharrte dann reglos im Flur. Mit angehaltenem Atem lauschte ich nach vorn.
Täuschte ich mich, oder war das leise Geräusch vom Ende des Gangs Wirklichkeit?
Ich tappte vorsichtig weiter, besann mich darauf, daß ich vor dem erleuchteten Türrahmen eine gute Zielscheibe abgab, machte kehrt, drückte die Tür ins Schloß und gleichzeitig auf den Knopf der Flurbeleuchtung. Das Licht flammte auf.
Der Gang war leer.
Er mündete nach 20 Schritten an einer Bohlentür, ’ die in den Keller führte. Rechts daneben wand sich die Treppe in den ersten Stock empor.
Von dort erklang das Klappern von Damenschuhen. Die Schritte kamen die Treppe herunter. Ein hellblondes Girl mit grellgeschminkten Lippen und granithartem Blick erschien auf der untersten Stufe, sah mich kurz an und wollte dann wortlos vorbei.
»Ist Ihnen zufällig ein Mann auf der Treppe begegnet, Miß?« fragte ich höflich und legte einen Dollarschein auf die hohle Hand. Das Mädchen blieb stehen, riß mit einer schnellen Bewegung die Banknote an sich und schob sie in den Ausschnitt ihres billigen Kleides. »Nein, kein Mensch war auf der Treppe. Warum?«
Ich faßte sie an der Schulter, drehte sie in Richtung Haustür und schob sie sanft darauf zu. »Es ist besser, Sie gehen, Miß. Es könnte hier bald gefährlich werden.«
Sie verstand sofort und verschwand ohne ein weiteres Wort. Als sie draußen war, zog ich vorsichtig die Kellertür auf. Ich war darauf gefaßt, daß der Mörder sich dahinter verborgen hielt und rechnete mit seinem Angriff. Der Mestize wußte sich jetzt durchschaut und würde alles daransetzen, mich aus dem Wege zu räumen.
Aber hinter der Tür befand sich niemand.
Eine steile Holztreppe führte hinab. Aus der Tiefe stieg modriger Dunst. Feuchte, kalte Luft schlug mir entgegen, als ich mich an den Abstieg machte.
An der Wand rechts hinter der Kellertür war der Lichtschalter. Ich drückte auf den Knopf, obwohl mir bekannt war, daß das Licht nach spätestens drei Minuten automatisch verlöschen würde. Aber ich mußte den Alleingang riskieren. Wenn ich jetzt Verstärkung holte, würde Saminale die Gelegenheit benutzen und sich in dem Cadillac davonmachen.
Ich erreichte die unterste Stufe, ohne ein verdächtiges Geräusch zu vernehmen.
Ein langer Gang tat sich vor mir auf, der vor einer Backsteinwand endete. Rechts und links von ihm zweigten schwere Bohlentüren ab.
Ich probierte den Knauf der ersten Tür. Sie war nicht verschlossen. Insgesamt, gab es zwölf Türen und damit ebenso viele Kellerräume. In einem von ihnen mußte der Mörder stecken.
Ich legte die Hände trichterförmig vor den Mund. »Morton Saminale… Es ist sinnlos, sich zu verstecken. Das Haus ist vom FBI umstellt. Kommen Sie hervor, und ergeben Sie sich!«
Gespannt behielt ich die Türen im Auge. Aber nichts rührte sich. Ich wiederholte meine Aufforderung.
In diesem Augenblick verlöschte das Licht. Die plötzliche Finsternis traf mich wie ein Schlag. Dann hörte ich etwas.
Knarrend wurde eine Tür geöffnet. Ich konnte nicht genau feststellen, welche es war. Aber es mußte die letzte oder vorletzte am Ende des Ganges sein.
Ich stand mit angehaltenem Atem. Meine Muskeln spannten sich. Ich strengte mein Gehör an, aber die Stille war jetzt wieder vollkommen.
Dennoch spürte ich, daß der Mestize auf mich zukam. Es war kein Lufthauch, der mich warnte; kein Geräusch, das ich vernahm; kein Schatten, den ich gewahrte. Es war einfach das Gefühl einer drohenden Gefahr, die sich mir durch die Finsternis näherte.
Wenn er ein Messer hatte, war es doppelt gefährlich. Aber auch ohne Waffe ließ sich ihm kaum beikommen. Seine ungeheuere Körperkraft, seine katzengleiche Gewandtheit, die grausame Brutalität seiner Kampfesweise und sein wilder Instinkt — all das war mir zur Genüge bekannt.
Meine rechte Schulter wurde leicht berührt. Einen Sekundenbruchteil später legten sich stählerne Pranken um meinen Hals und preßten erbarmungslos zu.
Blitzartig faltete ich die Hände vor der Brust und stieß sie mit aller Kraft nach oben. Die Umklammerung meines Halses wurde gesprengt, aber fast gleichzeitig rammte Saminale
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