0282a - Der Mörder und sein blonder Schwarm
Fahrbereitschaft stand mein Jaguar. Ich schwang mich hinter das Steuer. Phil hockte sich neben mich.
Mit Rotlicht und Sirene stürzten wir uns in den zähfließenden Verkehr von Manhattan.
***
Flugleitung und Flughafenpolizei empfingen uns auf dem Linden Airport mit sauren Mienen. Phil und ich stellten uns vor. Die anderen nannten ebenfalls ihre Namen.
Dann platzte Lieutenant Waver heraus: »Mister Cotton, der Bursche ist vom Erdboden verschwunden. Ich roch gleich Lunte. Balow besaß weder einen FBI-Ausweis noch einen Stern. Er redete sich heraus, beides hätte in der Jacke gesteckt, die ihm der Sog vom Leib riss. Im Halfter trug er eine Luger. Auch dafür fand er eine Erklärung. Er dürfe auf gar keinen Fall als FBI-Agent zu erkennen sein. Daher eine Pistole ohne die Eingravierung des FBI.«
»Wir hätten Sie kaum alarmiert, wenn nicht ein Unglücksfall damit in Zusammenhang stünde«, erklärte Mister Bell, der Leitender Flugsicherung.
Dann erfuhren Phil und ich die ganze Story.
»Wer war der Passagier?«, fragte ich.
»Professor Solite«, erklärte Mister Bell.
Phil und ich wechselten einen kurzen Blick.
»Darf ich die Passagierliste sehen«, bat ich.
Mister Bell reichte mir die Liste. John Balow hatte den Platz neben Professor Solite gebucht.
»Sind Sie sicher, dass es sich um einen Unglücksfall handelt?«, fragte ich.
»Bisher ist es ein- oder zwei Mal in den letzten zehn Jahren passiert, dass eine Tür vom Sog weggerissen wurde. Aber nicht bei unseren Düsenclippem, Mister Cotton«, sagte Bell.
»Also Mord«, folgerte Phil.
Mister Bell zuckte die Schultern. »Diese Geschichte wird uns eine Menge Unannehmlichkeiten bereiten.«
»Davon bin ich überzeugt«, stimmte ich zu. »Können wir uns den Clipper mal ansehen?«
Mister Bell nickte.
Wir gingen auf den Flugplatz, wo die Unglücksmaschine stand. Die Tür war vollständig ausgerissen und ebenfalls in die Tiefe gestürzt. An einem anderen Düsenclipper der gleichen Bauart, der auf dem Flugplatz stand, sahen wir uns die hintere Kabinentür an. Phil und ich waren der Meinung, dass Balow den Sicherungshebel herumgeworfen haben musste, als er an der Tür stand.
»Und wo befindet sich die Leiche?«, fragte ich Mister Bell.
»Wurde vor einer halben Stunde gefunden. Wir haben einen Ambulanzwagen nach New Jersey geschickt, um den Professor zu holen«, erklärte Bell.
»Gut, ich rufe Sie heute im Laufe des Tages noch an«, erklärte ich. »Ich schicke Ihnen unser fahrbares Labor heraus. Vielleicht finden wir irgendwelche Fingerabdrücke an der Kabinentür.«
Wir ließen uns eine genaue Personenbeschreibung von Balow geben. Phil und ich verabschiedeten uns, sprangen in den Jaguar und preschten los.
Plötzlich hatte ich es sehr eilig.
***
»Ich denke, du willst zum Fisher-Labor«, bemerkte Phil, als ich meinen Wagen auf den New Jersey Highway lenkte.
»Ja, aber jetzt will ich zu Judith Edwards«, erklärte ich.
Mein Freund starrte mich an wie das achte Weltwunder. Dann murmelte er: »Ich denke, wir sind im Dienst?«
»Allerdings. Darf ich deinem Gedächtnis ein wenig auf die Sprünge helfen? Kannst du dich nicht an die Blondine erinnert, die am Sarg von John White stand? Sie trug ein schwarzes Nylonkleid und einen Schleier, der hervorragend zu ihrem Goldhaar passte.«
»Na und?«, bemerkte mein Freund.
»Diese Judith Edwards war drei Jahre die Vertraute von John White. Und sie müsste es am besten wissen.«
»Meinetwegen, wenn du glaubst, dass sie uns helfen kann«, brummte Phil.
Ich nickte.
»Das Mädchen wohnt in Brooklyn«, erinnerte sich Phil.
Um die Mittagszeit erreichten wir die Eliot Avenue in Brooklyn. In einer Querstraße am Juniper Valley Park standen sechsgeschossige Wohnhäuser. Wir gondelten mit meinem Wagen zum nächsten Parkplatz, stiegen aus und machten uns auf den Weg.
Judith Edwards wohnte in Nummer 43. Ich legte meinen Finger auf die Klingel. Ein kurzer Summton antwortete. Wir gingen in das Haus.
Das Girl wohnte im sechsten Stockwerk. Wir nahmen den Aufzug.
Eine weibliche Stimme trällerte ein Lied. Die Wohnungstür war einen Spalt geöffnet. Ich tippte vorsichtig auf die Klingel.
»Come in!«, rief das Girl und setzte seinen Song fort. Wir folgten der Aufforderung. Vorsichtig stieß ich die Tür zum Salon auf, wo der Spitzenschlager geträllert wurde.
Mrs. Edwards drehte uns den Rücken zu.
Phil räusperte sich.
Judith Edwards fuhr herum.
»Entschuldigen Sie, Miss Edwards«, brach ich den Bann des Schweigens.
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