0303 - Auf ihn wartet der Sarg
Selbstmord.«
»Der Plan hätte klappen können, obwohl er kompliziert war«, sagte Mister High.
»Jetzt aber kann sich der Bursche an den zehn Fingern abzählen, dass wir nach einem Killer suchen, der dir äußerlich ähnelt«, sagte Phil.
Mister High nickte. »Es wird gut sein, Jerry, wenn Sie in unserem Archiv nach sich selbst suchen.«
»Wenn wir eine Großfahndung nach dem Kerl veranstalten«, sagte ich, »dann nehme ich Urlaub und verlasse New York. Ich könnte mich ja nicht mehr auf die Straße wagen. Sofort hätte mich ein Cop am Kragen.«
***
Mein Doppelgänger war nicht im Archiv. Auch in der großen Zentralkartei des FBI in Washington war er nicht zu finden.
Wir verzichteten auf eine Großfahndung. Denn außer meinen komplizierten Überlegungen gab es keinerlei Beweise für meine Theorie. Gino Piconi blieb in Haft - wegen Mordverdachts. Allerdings erreichten wir bei der Staatsanwaltschaft, dass vorläufig keine Anklage erhoben wurde. Der zuständige Staatsanwalt meinte zwar: »Für mich ist der Fall klar. Ich glaube nicht, dass Sie entlastendes Material für Piconi finden werden« Aber Mister High bewirkte, dass der Fäll Piconi einige Tage auf Eis gelegt wurde. Und diese Zeit wollten wir nutzen.
Bis auf einen Brummschädel war meine Grippe verschwunden.
***
Am nächsten Morgen sagte ich zu Phil: »700 000 Dollar. Irgendjemand ist diese Summe einen Mord wert.«
»Wem?«
»Jener Person, die die 700 000 bekommt, wenn Piconi ausgeschaltet ist.«
»Das wäre seine Frau«, sagte Phil. »Schlag dir den-Verdacht aus dem Kopf. Ich hab sie gesehen. Sie liebt ihren Gino.«
»Vielleicht hat der gelenkte Mordverdacht nichts mit der Erbschaft zu tun. Vielleicht hat Piconi Feinde?«
Ich dachte eine Weile nach und sagte dann: »Immerhin ist die Sache gut eingefädelt. Hätte man Piconi umgebracht, so wäre nach dem Mörder gesucht worden. Auf die vorliegende Weise aber hat der Drahtzieher Piconi ausgeschaltet, ohne selbst in Verdacht zu kommen. Zumindest glaubt er das.«
»Wer hätte einen Vorteil dadurch, dass er Piconi hinter Gitter bringt?«
»Vielleicht die andere Erbin?«
»Carmen Moreno?«
Ich zuckte die Schultern.
»Das glaube ich nicht«, meinte Phil. »Denn die Erbschaft wird an Piconi auf jeden Fall ausgezahlt, gleichgültig, ob er hinter Gittern sitzt oder in Freiheit ist.«
»Dann käme also seine Frau in den Genuss des Geldes. Folglich müsste der Mörder, mein Doppelgänger, ihr Liebhaber sein.«
Phil sah mich strafend an.
Ich dachte weiter nach.
»Carmen Moreno«, sagte ich nachdenklich. »Ein schöner Name. Wenn das Girl nur halbwegs so…«
»Ich denke, du hast Grippe«, sagte Phil.
Ich stand auf und griff nach Hut und Mantel. »Komm mit, wir besuchen Miss Moreno im Taft.«
Zwanzig Minuten später waren wir dort und erfuhren von einem nach Rasierwasser duftenden Empfangschef, dass Miss Moreno das Hotel vor zwei Stunden verlassen habe. Sie sei ins Westbury gezogen.
»Das ist ja prima«, sagte Phil, als wir wieder in meinem Jaguar saßen. »Den Weg hätten wir uns sparen können.«
Das Westbury lag in der 69. Straße, Ecke Madison Avenue. So nahe am Distriktgebäude, dass ich vom Fenster unseres Büros hätte hinspucken können. Das Westbury gehört zu den teuersten New Yorker Hotels. Das billigste Einzelzimmer kostete 50 Dollar.
Wir fuhren also wieder zurück, parkten den Jaguar am Straßenrand, betraten das Hotel, marschierten quer durch die riesige Empfangshalle und erreichten schließlich die Rezeption.
Auch hier roch der Empfangschef nach Rasierwasser. Aber es war eine andere Marke. Sicherlich drei Dollar teuer.
Wir erkundigten uns nach Miss Moreno. Sie bewohnte das Appartement 518 im fünften Stock. Der Empfangschef meldete uns telefonisch an.
»Wen bitte?«, fragte er mit näselnder Stimme.
»Cotton und Decker vom FBI«, antwortete mein Freund, und der Empfangschef verschluckte sich vor Schreck.
In einem Lift, der wie das Vorzimmer eines Filmproduzenten aussah, schwebten wir hinauf.
Im fünften Stock fanden wir das Appartement 518 sofort. Es lag dem Lift genau gegenüber.
Phil klopfte, und gleich darauf wurde die Tür geöffnet.
Im Türrahmen stand Carmen Moreno.
Es konnte niemand anders sein. Sie hieß Carmen und sah auch so aus.
Blauschwarzes, kurzes, lockiges Haar, schwarze Glutaugen unter dichten Brauen, schmale Nase, leicht betonte Backenknochen, voller Mund. Sie war schlank, mittelgroß und gut proportioniert.
»Die Herren vom FBI?«
Wir nickten und
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