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0311 - Am Todestag von Isabell

0311 - Am Todestag von Isabell

Titel: 0311 - Am Todestag von Isabell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Todestag von Isabell
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höchst erfreut.
    »Ich bin zwar erst eben aus dem Bett gekrochen«, sagte sie. »Aber wenn Sie mit mir frühstücken wollen, so habe ich nichts dagegen.«
    »Es wird mir ein Vergnügen sein. Ich habe schon wieder einen ordentlichen Appetit.«
    Eve war noch unfrisiert, aber der Wuschelkopf stand ihr sehr gut zu Gesicht. Ich hatte sie im Verdacht, sie wisse das, denn im Übrigen war sie in voller Kriegsbemalung. Sie trug einen hellblauen Morgenrock über einem hellblauen Seidennachthemd. Sie sah zum Anbeißen aus. Nach dem Frühstück fragte Eve: »Was wollen sie eigentlich von mir wissen, Jerry? Nur meiner schönen Augen wegen sind Sie bestimmt nicht gekommen.«
    »Ich erklärte Ihnen doch schon, dass ich Hunger habe.«
    »So genügsam sind Sie nicht, Jerry. Sie wollen etwas ganz anderes, und glauben Sie ja nicht, dass Sie mich überfahren können. Heraus mit der Sprache. Was ist los?«
    »Was für einen Beruf hatte Ihr Bruder, bevor er seinen lukrativen Konkurs machte?«
    »So etwas habe ich mir doch gedacht. Sam erbte Vaters Juwelen- und Schmuckgeschäft und brachte es fertig, dieses in kurzer Zeit auf den Hund zu bringen. Dann schaffte er die verbliebenen, noch recht ansehnlichen Reste auf die Seite und ging bankrott.«
    »Und lebt er heute noch von den beiseitegeschafften Resten?«
    »Da fragen Sie mich zu viel, Jerry. Bei seinen Ansprüchen kann ich mir das eigentlich nicht vorstellen. Ich habe mir schon die größte Mühe gegeben, dahinterzukommen, womit er Geld verdient, aber es glückte mir nicht, und wenn ich ihn fragte, wurde er grob.«
    »Spielt er vielleicht?«, fragte ich.
    »Das tut er, aber dabei verliert er unweigerlich. Umso mehr Glück hat er bei Frauen, das heißt, so lange er sie entsprechend bezahlt. Damit dürfte es aber jetzt zu Ende sein. Meine liebe Schwägerin macht mir durchaus nicht den Eindruck, als ob sie Seitensprünge ohne Weiteres hinnehmen würde.«
    Ich verzog mich mit dem Versprechen, mich bald wieder sehen zu lassen.
    Bis zur Fifth Avenue/Ecke 51. Straße waren es knapp acht Meilen. Um halb zwölf stoppte ich und klingelte.
    Als die Tür aufging, prallte ich erschrocken zurück.
    Vor mir stand eine weiß gekleidete Gestalt, die sich ein weißes Tuch um den Kopf geschlungen hatte. Erst als ich ihr ins Gesicht sah, merkte ich, dass es nicht Isabell sein konnte. Die Frau hatte bestimmt fünfzig Jahre auf dem Buckel, war eine Schwarze, und außerdem trug sie ein Staubtuch in der Hand.
    »Good morning, Sir«, grinste sie freundlich. »Ich bin die Zugehfrau. -Wollen Sie zu Mister Hardman?«
    »Ja, genau den will ich sprechen.«
    »Dann gehen Sie nur ruhig da hinein ins Zimmer«, sagte sie.
    Anstandshalber klopfte ich, und erst als ich ein brummiges »Herein« hörte, machte ich die Tür auf.
    Gordon Hardman hatte Kummer, was ja durchaus zu verstehen war.
    Die ältere seiner Töchter hatte einen ihm nicht sehr erwünschten Mann geheiratet, und die jüngere war tot.
    Hardman hockte, in einen verschlissenen Schlafrock gehüllt, im Sessel und ging seiner gewohnten Beschäftigung nach. Er trank.
    »Nehmen Sie sich ein Glas«, begrüßte er mich. »Setzen Sie sich zu mir und weiden Sie sich an meinem Elend.«
    Dabei liefen ihm dicke Tränen über die eingefallenen Wangen. Der alte Knabe tat mir leid. Ich holte mir also 58 einen Cognacschwenker, den er mir mit zitternder Hand randvoll goss.
    »Ich habe das Zimmer der Isabell aufgeschlossen und jemanden bestellt, der alles, was darin ist, abtransportiert. Dann lasse ich es renovieren. Ich will doch einmal sehen, ob ich dieses blöde Weib nicht verjagen kann. Wissen Sie, was ich mache. Ich richte mir da oben ein Trinklokal ein. Jeden Abend wird getrunken, so lange, bis wir die Weiße Frau in Alkohol ertränkt haben.«
    Das würde er sicherlich schaffen, aber ich fürchtete, dass bis dahin die Weiße Frau durch weiße Mäuse abgelöst sein würde.
    »Sie haben doch immer noch Ihr Haus, um das Hunderttausende Sie beneiden.«
    »Der Teufel hole die Tradition. Der Teufel hole die Weiße Frau und der Teufel hole meinen…«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Nein, den alten Daniel soll der Teufel nicht holen, an dem werde ich eine Million verdienen.«
    »Sie wollen also wirklich…?«
    »Und ob ich will. Ich verkaufe die Hütte, die mir nur Unglück gebracht hat, gebe Evelyn ihr Drittel und fahre nach Europa. Mein ganzes Leben habe ich mir gewünscht, einmal dorthin zu kommen, und jetzt werde ich es tun. Sagen Sie mir nicht, ich wäre zu alt dazu. Wenn ich

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