0344 - Vampir-Schlangen
mißtrauisch gemacht hatte. Bald darauf bekam ich die optische Bestätigung.
Ohne daß ich es gesehen hatte, rollte etwas auf den Grabrand zu.
Ich erkannte es erst, als es darüber hinwegtickte und neben mir liegenblieb. Das waren mehrere kleine Lehmklumpen, die sich irgendwo gelöst haben mußten. Von allein geschah so etwas nicht.
Meiner Ansicht nach schlich jemand umher und hatte nicht achtgegeben.
Ich war gewarnt.
Noch blieb ich in der Haltung, spannte mich jedoch und machte mich sprungbereit.
Auch hob ich die Beretta so weit, daß ich sowohl über den Lauf, als auch den Grabrand hinwegschielen konnte und jeden sofort sehen würde, der dicht am Grab stand.
Dort hielt sich niemand auf. Nur die Nebelschwaden krochen über den Rand hinweg und in das Grab hinein.
Aber es mußte jemand da sein. Von allen Seiten rollten kleine Lehmkugeln hinunter. Zudem war es so gut wie windstill.
Ich spreizte meine freie linke Hand und stützte mich auf dem kalten Boden ab. Meine Zehen hatte ich schon bewegt, damit mir nur die Beine nicht einschliefen und mich bei einem plötzlichen Start behinderten.
Abermals verrann Zeit.
Es ist nicht jedermanns Sache, so zu warten. Ich war nicht der Typ. Suko, mein Freund und Partner, reagierte da anders. Ihm machte es nicht viel aus, zudem besaß er eine andere Mentalität als ein Europäer. Da ich allmählich ungeduldig wurde, wollte ich das Handeln in die eigenen Hände nehmen.
So leise und behutsam wie möglich bewegte ich mich vor und erreichte die Grabseite, über deren Rand die kleinen Lehmkugeln gefallen waren. Im Schatten der Wand blieb ich hocken, holte noch einmal Atem und drückte mich vorsichtig in die Höhe.
Einen Blick aus dem Grab wollte ich riskieren, und dann, wenn alles glatt verlief, Lady X kurzerhand zerstören.
Ich kam höher, schielte nach oben, und mein Haarschopf schaute bereits über den Grabrand hinweg.
Wenig später auch die Augen, ein Teil des Gesichts.
Da erwischte es mich.
Den großen, hochgewachsenen Schatten sah ich viel zu spät. Und auch den zweiten, der auf mich zuflog.
Es war kein Mensch, kein Vampir, sondern etwas ganz anderes.
Eine Ladung Lehm.
Sie kam so schnell, daß ich nicht ausweichen konnte. Den Kopf bekam ich nicht einmal zur Seite gedreht, als mich die Ladung mitten im Gesicht traf.
Es war ein Hieb wie mit einem Spatenblatt geführt. Sehr hart, und die Wucht katapultierte mich nach hinten, so daß ich quer durch das Grab fiel und mit dem Kopf gegen die andere Seite prallte.
Das alles wäre vielleicht nicht so schlimm gewesen, aber dieser verfluchte Lehm hatte auch meine aufgerissenen Augen getroffen und mich praktisch blind gemacht.
Einen gellenden Schrei hörte ich, vernahm auch das Lachen des Boris Bogdanowich und riß die Arme vor das Gesicht, um mir die Augen auszureiben.
Es blieb beim Vorsatz. Die Arme befanden sich noch in der Bewegung, als zwei kalte Vampirklauen nach meinen Gelenken schnappten und das rechte so weit herumdrehten, daß ich aufschrie.
Die Beretta konnte ich nicht mehr halten. Sie landete irgendwo im Grab, das Kreuz steckte in der Tasche, mein Gesicht klebte voller Lehm, so daß der Blutsauger freie Bahn hatte…
***
Marek hatte seinen Augen nicht trauen wollen, war stehengeblieben und hatte sich geduckt, um möglichst spät entdeckt zu werden. Was sich da über ihm innerhalb der quirlenden Nebelschleier abzeichnete, hatte er vor Monaten schon an der gleichen Stelle gesehen.
Eine Fledermaus!
Menschengroß und mit gewaltigen Flügeln versehen, schwebte sie innerhalb der dichten Nebelwolken. Sie zog hoch über seinem Kopf ihre Kreise und verschwand hin und wieder in den grauen Schleiern.
Der Pfähler wußte genau, wen er vor sich hatte. Es war der Vampir Boris Bogdanowich. Derjenige, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, seine Königin, Lady X, aus dem kühlen Grab zu holen.
Boris hatte einen raffinierten Schachzug eingefädelt. Es war ihm gelungen, fast alle Personen, die gegen ihn standen, auszuschalten.
Nur John Sinclair nicht, und jetzt auch Marek, denn der Pfähler hatte sich von den Nachwirkungen des Steinwurfs wieder gut erholt.
Er verspürte zwar noch Kopfschmerzen, die aber waren vergessen, wenn er an seine Aufgabe, die Vampirjagd, dachte.
Er mußte diesen Blutsauger fangen und vernichten!
Marek besaß keine mit Silberkugeln geladene Pistole, nur einen zugespitzten Eichenpflock, mit dem er unter der Blutsaugerbrut furchtbar aufräumte, wenn er sich ihr stellte.
Und diesen Pflock hielt
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