0344 - Vampir-Schlangen
Genau dort fiel ich hinein. Fast wäre ich mit dem Gesicht auf die gegenüberliegende Kante geschlagen, dafür wuchteten meine Knie gegen die andere Breitseite der schmalen Grube.
Irgendwie schaffte ich es, die Beine anzuziehen. Einen Augenblick später lag ich zusammengekrümmt in der Grube.
Das blitzende Etwas war über meinen Rücken hinweggeflogen und mußte irgendwo stecken. Ich nahm an, daß es ein Messer gewesen war, heimtückisch geschleudert und ein Beweis für mich, daß der Blutsauger namens Boris Bogdanowich versucht hatte, mich trotz gegenteiliger Versprechungen reinzulegen, was ihm fast gelungen wäre.
Wirklich nur fast, denn Marek, der Pfähler, hatte mich im letzten Moment warnen können.
Ich kauerte im Grab, in dem vor kurzem noch Lady X gelegen hatte, und schaute in die Höhe. Die Beretta hatte ich gezogen. Rücksicht war jetzt fehl am Platze. Es würde Boris auch nicht mehr gelingen, mich durch die Drohung seiner Geiseln zu stoppen, damit hatte er mich einmal reingelegt, kein zweites Mal mehr.
Von ihm war alles ausgegangen, und ihn wollte ich mir kaufen.
Deshalb blickte ich in die Höhe.
Er zog seine Kreise nicht mehr. Die Dunstwolken schienen ihn verschluckt oder aufgelöst zu haben. Ich allein wußte, daß dem nicht so war. Ein Vampir wie Boris Bogdanowich gab so schnell nicht auf. Wenn ich ehrlich war, mußte ich auch zugeben, daß er sein Ziel fast erreicht hatte.
Lady X lag nicht mehr unter kalter Erde.
Und ich Idiot hatte sie aus dem Grab geholt!
Von Marek hörte ich nichts mehr. Auch andere Stimmen drangen nicht an meine Ohren. Eine trügerische Ruhe umgab mich, wobei beide Parteien abwarteten und sich gegenseitig belauerten. Jeder hoffte auf einen Fehler des anderen.
Ich wollte ihn nicht begehen.
Vor meinen Lippen wurde der Atem in der kühlen Luft zu Dampf. Es war kalt in der Grube, die einmal die letzte Ruhestätte für eine Tote gewesen war.
Lautlos schwebte der Nebel herbei. Er kroch über die Ränder des Grabs und überspannte es wie eine graue Brücke, über die ich aber nicht schreiten konnte.
Sonst ließ sich niemand sehen. Meine Gegner lauerten und warteten ab, bis ich mir eine Blöße geben würde.
Ich dachte darüber nach, wer die beiden Helfer des Vampirs wohl gewesen sein konnten. Entdeckt hatte ich sie noch nicht, da sie der Nebel schützte, aber ich brauchte nicht lange zu raten, um eigentlich fast sicher zu sein, um wen es sich handelte.
Wenn ich davon ausging, daß Bogdanowich in Petrila selbst keine Diener besaß, konnte es sich bei seinen Helfern eigentlich nur um die Mafiosi handeln.
Als Menschen waren sie schon kalt und rücksichtslos gewesen.
Als Vampire würde sich das noch steigern. Demnach hatten sie es trotz aller Widrigkeiten geschafft, in Petrila einzufallen.
Keine besonders guten Aussichten, wenn ich ehrlich war. Wieder bedauerte ich es, Suko nicht bei mir zu haben. Zum Glück schien sich Marek wieder aufgerafft zu haben. Als Helfer war er ebenfalls unentbehrlich und nicht zu unterschätzen.
Er hatte mich gewarnt, er wußte Bescheid, und er mußte irgendwo draußen in der Nebelsuppe lauern.
Zudem war es sehr still geworden.
Selbst Windgeräusche vernahm ich nicht mehr. Die immer dichter werdenden Nebelschleier schluckten jeden Laut. Sie würden auch die Schritte der Person dämpfen, die sich dem Grab nähern wollte.
Für mich wurde die Warterei zu einem reinen Nervenkrieg, den ich jedoch zu gewinnen hoffte.
Manchmal, wenn die Nebelschleier über mir aufrissen, hatte ich das Gefühl, die großen, dunklen Schwingen der Fledermaus zu sehen, in die sich Boris Bogdanowich verwandelt hatte.
Es war stets eine Einbildung von mir gewesen, und so wartete ich weiter, mit offenen Ohren und angehaltenem Atem. Es lag auf der Hand, daß ich keine Stunden in der feuchten Grube verbringen konnte, aus diesem Grunde setzte ich mir ein Zeitlimit.
Zehn Minuten höchstens!
Wieder mußte ich daran denken, daß ich dem Vampir schon einmal eine Zeit gegeben hatte. Fünf hatte er gehabt, um meinen Forderungen nachzukommen und die Geiseln herzuschaffen.
Er hatte es nicht getan und mich reingelegt. Statt der von mir verlangten Geiseln waren seine Helfer erschienen.
Diesmal verstrichen die ersten beiden Minuten sehr schnell. Die dritte ebenfalls, und die vierte war fast vorbei, als ich etwas hörte.
Ein winziges Geräusch nur, keine Schritte, sondern einen anderen Laut, den ich kaum einordnen konnte.
Angestrengt dachte ich darüber nach, was mich da
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