0365 - Im Tempel des Todes
Blei.
***
Der Abenteurer hoffte, die Schlangen-Menschen mit seinen Schüssen zu überraschen. Gleichzeitig schlug ihm ein ungeheurer geistiger Druck entgegen. Er glaubte, gegen eine Wand gerannt zu sein. Die Messing-Kobras setzten Magie ein, um ihn zu hypnotisieren.
Neben ihm tauchten Zamorra und Nicole auf.
Entsetzt sahen sie das wirre Knäuel der Kobras auf dem Altar. Sie sahen auch den goldenen Dämon, der von zwei Schlangen-Menschen aufrecht gehalten wurde.
In dieser Sekunde hatte Zamorra die Idee.
Er schleuderte das Amulett. Gegen die Kobras mochte es unwirksam sein, aber es würde mit Sicherheit auf den Gold-Dämon wirken. Stocksteif blieb der Parapsychologe stehen, versank mit einem magischen Schaltwort innerhalb von Sekundenbruchteilen in Halbtrance und sandte dem Amulett seine befehlenden Gedanken nach.
Wecke ihn auf! Wecke ihn auf!
Die flirrende Silberscheibe traf die riesige goldene und diamantfunkelnde Dämonengestalt. Nicole, die im gleichen Moment erfaßte, was Zamorra beabsichtigte, benutzte den Dhyarra-Kristall, um die Wirkung zu unterstützen.
Der Goldene mußte erwachen!
Er mußte sich bewegen, die Schlangen angreifen und niederwalzen! Metall gegen Metall! Die Diamantkrallen des Dämons waren garantiert beständiger als die Messingschlangen! Wenn sich die Dämonengestalt steuern ließ…
Sie ließ sich nicht.
Etwas anderes geschah, womit niemand gerechnet hatte.
Die mächtige Gestalt des in Gold verwandelten Dämons explodierte!
Wer auch immer vor langer Zeit den namenlosen Dämon in den Todes schlaf versetzt hätte, er hatte ganze Arbeit geleistet und verhindert, daß der Ungeheuerliche jemals wieder erweckt werden konnte. Der Versuch der Erweckung war sein Untergang.
In einem grellen Aufblitzen flog er auseinander und jagte seine goldglitzernden Bruchteile durch die ganze Halle. Während dieses Auseinanderfliegens löste sich die Substanz auf! Das Gold verschwand, verwandelte sich in pure Magie. Etwas unbeschreibliches Fremdes, dem Bösartigkeit innewohnte, strich durch den Tempelraum, floß in die Körper der Schlangen-Menschen und löste sie auf, erfaßte die Messing-Kobras…
Zamorra, Nicole und Tendyke glaubten sich inmitten eines Stromes eisiger Energie zu befinden, die nach ihnen tastete, aber wieder zurückprallte. Langsam schwand sie dahin, und mit ihr schwanden die Schlangen-Menschen und die Messing-Kobras. Sscahas Erbe verging.
Das Knäuel der Ableger zerfiel zu Staub.
Es dauerte einige Minuten, bis die kalte Energie des zerstörten Dämons verströmt und geschwunden war. Dann gab es nur noch die Stille des Todes…
***
...und einen Mann und eine Frau, die durch den Dschungel hasteten, die versuchten, so viel wie möglich an Distanz zwischen sich und den Tempel zu bringen. Gerade rechtzeitig noch hatte Mansur Panshurab dem Drängen Sahris nachgegeben und war ihr gefolgt. Jetzt dankte er ihrem Instinkt, der sie beide gerettet hatte. Sie fühlten das schmerzhafte Stechen des kalten Feuers, das die Ableger und die Diener vernichtete und erlöste. Und sie wußten, daß sie nur um Haaresbreite davongekommen waren.
Aber Mansur Panshurab zeigte seinen Dank nicht offen. Das war nicht seine Art. Er zeigte nur sein Bedauern, daß es ihm abermals nicht gelungen war, Zamorra, seinen Feind, auszuschalten.
Aber dies würde nicht die letzte Begegnung zwischen ihnen sein. Und eines Tages…
***
Lucy Dolyn hatte überlebt. Die eisige Energie des zerstörten Golddämons hatte sie ebensowenig angegriffen wie die drei anderen Menschen. Zamorra suchte nach einer Erklärung. Es gab nur die Möglichkeit, daß die magische, zersetzende Kraft darauf ausgewesen war, artverwandte Wesenheiten mit in den Untergang zu reißen. Also Schwarzmagier, Dämonen, Untote…
Gewissermaßen eine »Langzeitbombe« dessen, der den Dämon einst in den Todesschlaf zwang. Wer auch immer es gewesen war, würde wohl ein ungelöstes Rätsel bleiben.
Der Traum vom Dämonenschatz war ausgeträumt. Es gab kein Gold und keine Diamanten mehr. Höchstens der Steinsarkophag blieb noch als Kunstgegenstand, aber ihn aus dem Tempel zu schaffen, würde zu aufwendig sein. Zudem war selbst Lucy jetzt froh, mit dem Leben davongekommen zu sein.
Aber ihre Freude schwand, als sie von Bart Fullers Tod hörte. Nicole versuchte, ihr über den Verlust des geliebten Gefährten hinwegzuhelfen, aber sie war nicht sicher, ob Lucy diesen Schlag jemals verwinden würde. Die Jagd nach dem Dämonenschatz hatte sie nachhaltig geprägt.
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