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037 - Die seltsame Gräfin

037 - Die seltsame Gräfin

Titel: 037 - Die seltsame Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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den Treppenflur hinaus und klingelte nach dem Fahrstuhl.
    »Haben Sie die Briefe heraufgebracht?« fragte er.
    »Ja, Sir!«
    »Wann kamen sie an?«
    »Um halb zehn.«
    »Heute nachmittag um halb vier wurde ein Brief in einem blauen Umschlag an mich abgesandt - er befindet sich nicht unter meiner Post. Wie kommt das?«
    Der Fahrstuhlführer schaute beiseite.
    »Ich weiß es nicht.« Er vermied Michaels Blick ängstlich. »Ich bringe die Briefe herauf, sobald sie kommen, und werfe sie dann in den Kasten.«
    »Sie haben von neun Uhr abends bis neun Uhr morgens Dienst, das stimmt doch?«
    »Jawohl, Sir!«
    »Sie haben also die Morgen- und Abendpost zu besorgen. Wie kommt es, daß alle Briefe, die blaue Umschläge haben, mich stets vierundzwanzig Stunden später erreichen, als sie es eigentlich sollten?«
    »Ich kann es Ihnen nicht sagen.«
    »Dann sagen Sie es wenigstens diesem Herrn hier - er ist ein Detektiv von Scotland Yard -, und sagen Sie es ihm schnell und ohne alle Umschweife, sonst werden Sie diese Nacht nicht sehr bequem schlafen.«
    Eine Zeitlang wehrte sich der Mann noch und widersprach, aber plötzlich wurde er klein.
    »Ich habe eine Frau und vier Kinder«, jammerte er. »Und meine Militärpension werde ich auch verlieren -«
    »Sie werden nichts verlieren, wenn Sie jetzt die Wahrheit sagen. Wer hat Ihnen den Auftrag gegeben, meine Briefe aufzuhalten?«
    »Ein Herr - ich kenne nicht einmal seinen Namen. Und wenn ich diesen Augenblick sterben soll, kann ich Ihnen den Namen nicht sagen. Er gibt mir zwei Pfund die Woche, damit ich alle Briefe in blauen Umschlägen aufhalte, auch alle amtlichen Schreiben, die an Sie kommen. Ich habe sie niemals gestohlen, ich habe sie immer wieder in Ihren Briefkasten gelegt -«
    »Das weiß ich«, unterbrach ihn Dorn kurz. »Sie verschwenden nur Ihre Lunge, wenn Sie mir das alles erzählen. Wer hat Ihnen diesen Auftrag gegeben?«
    »Ich schwöre Ihnen, daß ich ihn nicht kenne, Sir. Ich traf ihn eines Abends in einer Wirtschaft. Er beschwatzte mich, bis ich auf die Sache einging. Ich wünschte, ich hätte ihn nie gesehen.«
    »Kommt er wegen der Briefe hierher?«
    »Ja, er kam auch heute morgen, nachdem die Post hier war. Aber ich habe ihm den blauen Brief nicht gegeben, weil ich ihn noch nicht hatte. Der Postbeamte mußte ihn übersehen haben, er kam eine Viertelstunde später nochmals zurück und gab ihn mir.«
    »Den blauen Brief? Welchen blauen Brief?« fragte Michael schnell.
    »Er liegt unten«, winselte der unzuverlässige Portier der Hiles Mansions.
    »Ich werde jetzt mit Ihnen hinunterfahren und ihn holen.«
    In den Eingangsflur war ein kleiner Raum eingebaut, der dem Portier als Büro diente. Unter einer Schreibunterlage zog er zwei blaue Briefe heraus.
    Den ersten erkannte Michael als den Brief wieder, den er selbst geschrieben hatte, den zweiten öffnete er schnell und las. Lighton sah, wie sich seine Gesichtszüge veränderten. Er steckte den Brief rasch in seine Tasche und wandte sich zu dem erschrockenen Portier.
    »Was ist sonst noch gekommen? Heraus damit, schnell!«
    Ohne ein Wort langte der Mann in die Tasche eines Rockes, der an der Wand hing, und nahm ein Telegramm heraus, das allem Anschein nach geöffnet und wieder geschlossen worden war. Michael las es wuterfüllt.
    »Zum Teufel mit diesem Kerl«, sagte er, rannte aus der Halle und sprang in die nächste leere Taxe, die er sah.
    Zehn Minuten später war er bei seiner Garage, und gleich darauf fuhr ein großer, schwarzer Wagen mit Blitzgeschwindigkeit aus London hinaus.
    Es schlug Mitternacht von der Dorfkirche von Telsbury, als das Auto vor dem Gefängnis hielt. Michael Dorn sprang heraus und drückte auf die Klingel.
    »Der Direktor schläft schon, Sir.«
    »Ich muß ihn sofort sprechen. Es geht um Leben und Tod. Geben sie ihm meine Karte.« Er steckte sie durch das Gitter und wartete ungeduldig, bis er eingelassen und zum Haus des Direktors geführt wurde, der ihn im Pyjama und Schlafrock in seinem kleinen Arbeitszimmer erwartete.
    »Mrs. Pinder ist um zehn Uhr fortgefahren. Hatten Sie denn nicht den Wagen geschickt?«
    »Nein, ich wußte gar nichts von ihrer Entlassung. Der Brief vom Justizministerium, der mich davon unterrichten sollte, ist aufgehalten worden. Zehn Uhr? Wer holte sie ab?«
    »Ich weiß es nicht, ich dachte, Sie wären es. Ich sah den Wagen und kümmerte mich nicht weiter darum.«
    »Wissen Sie, welchen Weg er nahm?«
    »Sie fuhren in der Richtung nach London. Es war ein kleiner

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