037 - Enthüllungen
Die jungen Pales hatten sich zuerst gefürchtet, als sie so unsanft aus dem Schlaf gerissen wurden, doch mit dem Sonnenlicht war ihr Mut zurückgekehrt. So wenige Meilen von den Stadtmauern von Waashton entfernt war die Aussicht auf lohnende Beute einfach zu groß, um beim ersten Anzeichen von Gefahr den Kopf in den Sand zu stecken. Nun, da sie ihr Ziel erreicht hatten, wussten die meisten Krieger nicht, ob sie sich freuen oder lieber ihre Courage bedauern sollten.
Im ersten Schimmer der Morgendämmerung zeichneten sich auf der Lichtung die Konturen eines klobigen Ungetüms ab, das mit seinen mehrfach aufeinander geschweißten Stahlplatten wie eine uneinnehmbare Festung wirkte. Die Pales hatten schon öfters Fahrzeuge aus den befestigten Städten gesehen, doch noch keines mit derartig gewaltigen Abmessungen. Trotz seines enormen Gewichts wirkte der dreiachsige Militärlaster wie ein sprungbereites Raubtier. Jacks wusste aus Erfahrung, dass es nur eines lautes Motordröhnens bedurfte, und das tonnenschwere Gefährt würde sich unerbittlich seinen Weg in die Freiheit walzen. Unter der zerrissenen Plane, die über die Pritsche gespannt war, schimmerten Reservekanister, Kisten und Werkzeuge hervor. Dinge, die ihr Stamm gut gebrauchen konnte.
Irgendwie musste der Truck doch zu knacken sein!
Plötzlich öffneten sich die Türen des Führerhauses. Zwei Männer stiegen aus, füllten ihre Feldflaschen am nahen Bachufer und ließen sich auf der Motorhaube nieder, um nach der frostigen Nacht die wärmenden Strahlen der aufgehenden Sonne zu genießen. Sie glaubten offensichtlich das Stammesgebiet der Pales bereits durchquert zu haben. Sie hatten nicht mit der Jagdgruppe gerechnet!
Jacks wandte sich grinsend zu den Kriegern um, die neben ihm im Unterholz lagen. Auf ihren glatten Gesichtern spiegelte sich wider, was er dachte. Leichte Beute!
***
Matt führte die Feldflasche an seine bebenden Lippen, verhielt aber mitten in der Bewegung, noch bevor er den ersten Schluck genommen hatte. Misstrauisch ließ er seinen Blick über den nahen Waldrand wandern, konnte aber nichts Verdächtiges entdecken.
Dave McKenzie sah von seinem Trockenfleisch auf. »Is was?«, wollte er kauend wissen.
Matt ließ ein wenig von dem eisigen Wasser durch die Speiseröhre rinnen. Prompt begann sich sein Oberkörper zu schütteln. Trotz des Thermoschlafsacks war er bereits unterkühlt erwacht. Die Sommernächte in diesen Breitengraden waren verdammt frisch geworden, seit der Nordpol bei Edmonton, Kanada lag.
Der Kometeneinschlag hatte die Klimazonen und vieles mehr verändert; einige Dinge waren aber auch gleich geblieben. Etwa die Anzeichen, an denen man eine heraufziehende Gefahr bemerkte !
»Irgendwas stimmt hier nicht«, murmelte Matt, während er die Lichtung genauer in Augenschein nahm. »Ich glaub, wir werden beobachtet.«
McKenzie zog lautstark die Nase hoch, wischte sich mit dem Handrücken über die Oberlippe und stierte angestrengt durch seine runden Brillengläser. Nicht unbedingt das distinguierte Verhalten eines Astrophysikers, es sei denn, er gehörte zu der exzentrischen Sorte.
Der David McKenzie, den Matt einst kennen gelernt hatte, besaß nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem menschenscheuen Fachidioten, sondern war ein patenter Kerl, der mit seinem sonnigen Gemüt so manchen Zwist im Keim erstickte. Diese positive Eigenschaft war leider verloren gegangen, denn der Komet
»Christopher-Floyd« oder vielmehr dessen Auswirkungen hatte auch den Charakter des einst so gutmütigen Professors verändert. Vermutlich war das die einzige Möglichkeit gewesen, in dieser feindlichen neuen Welt zu überleben.
Die unberührte Wildnis blieb McKenzie allerdings weiterhin fremd. Nach einem halbherzigen Rundumblick zuckte er nur mit den Schultern und brummte: »Weiß gar nicht, was du hast. Ist doch alles vollkommen ruhig!«
»Das ist es ja gerade«, gab Matt halblaut zurück. »Um diese Tageszeit stimmen Vögel normalerweise ihr Morgenkonzert an, aber seit zwanzig Minuten herrscht im Wald Totenstille. Irgendwer oder irgendetwas schleicht da herum !«
Dave tätschelte beruhigend das kurzläufige Gewehr, das neben ihm auf der Motorhaube lag.
»Keine Panik. Falls der böse Wolf naht, brenne ich ihm eine Kugel auf den Pelz.«
»Und wenn es die Pales sind?«, hielt Matt dagegen. »Wir sitzen hier wie auf dem Präsentierteller.«
»Ach was«, wiegelte der Wissenschaftler ab.
»Es ist nur noch eine halbe Tagesfahrt bis Washington; so nah
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