0408 - Sie lockten mich mit Evelyn
ich grimmig und fuhr mit der Rechten über den noch immer schmerzenden Hinterkopf.
Nachdem Mr. High keine Einwände mehr hatte, hängte ich auf und ging zum Taxistand, der gegenüber lag.
***
Ich brauchte eine Stunde, um die Akten über den Fall Hank Brian zu studieren. Es war eine klare Sache. Sämtliche Indizien sprachen gegen den Mann, der bis zum Schluss seine Unschuld beteuert hatte.
Was mich stutzig machte, war die Tatsache, dass Hank Brian vorher nie mit der Polizei in Konflikt gekommen war. Noch seltsamer war, dass die Brillanten, die Hank Brian geraubt hatte, nie wieder aufgetaucht waren. In den Unterlagen fand ich nicht ein einziges Wort davon. Ich klappte den Deckel der dicken Akte zu.
»Na, sind Sie in der Sache weitergekommen, Agent Cotton?«, fragte der Captain, der in diesem Augenblick in das Zimmer trat, das er mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte.
»Nicht viel«, knurrte ich. »Aber ich habe mein Gedächtnis wieder aufgefrischt, und ich weiß jetzt, wie der Bursche aussieht. Darum ging es mir vor allem.«
»Wenn Sie mir das gesagt hätten, dann hätte ich Ihnen schneller helfen können.«
»Schneller?«
Der Captain machte ein verlegenes Gesicht. Ungefähr wie ein junger Ehemann, dessen Frau gerade einige Lippenstiftflecke im Ziertaschentuch entdeckt hat.
»Ja, wissen Sie, Agent Cotton… Manche Leute sammeln Briefmarken. Ich habe einen Senator gekannt, Smith von Massachusetts, der spielte mit einer elektrischen Eisenbahn. Einen seiner Diensträume hatte er räumen lassen und dort eine Bahn aufgebaut. Mit allen Schikanen. Und ich sammle eben Zeitungsausschnitte.«
»Zeitungsausschnitte?«, fragte ich erstaunt.
»Ja, Zeitungsausschnitte«, bestätigte der Captain. »Von jedem Fall sammle ich sämtliche Zeitungsberichte und Bilder, die ich bekommen kann. Ich habe mir im Laufe der Zeit ein kleines Privatarchiv angelegt.«
»Dann haben Sie also auch eine Aufnahme von Hank Brian?«
Der Captain hatte vorgesorgt. Er hielt mir einen Schnellhefter hin, auf dem in roter Tusche fein säuberlich der Name Hank Brian und zwei Daten standen: der Tag, an dem das Verbrechen passiert war, und der Tag an dem Brian verurteilt wurde. In der rechten oberen Ecke war eine dreistellige Nummer.
»Als Mr. High anrief, um sich nach den Unterlagen zu erkundigen, habe ich meine Privataufzeichnungen herausgesucht.«
»Captain, Sie sind ein Ass. Wirklich ein brauchbares Hobby.«
»Danke, Agent Cotton. Es würde mich freuen, wenn Sie die Unterlagen gebrauchen können. Ich hatte schon einmal einen Fall, wo uns mein Privatarchiv wertvolle Dienste geleistet hat. Für jeden einzelnen Fall, natürlich nur für die größeren, lege ich ein besonderes Aktenstück an. Sehen Sie, hier rechts oben schreibe ich die Nummer drauf, und dann kann ich die Unterlagen anhand eines Katalogs sehr schnell finden.«
Ich setzte mich hin und schlug den Schnellhefter auf. Der Captain stand schräg vor mir und blickte gespannt auf mich. Ich überflog die einzelnen Artikel fand aber nichts, das nicht auch schon in den Prozessunterlagen und den Fahndungsprotokollen gestanden hätte.
Dann folgten einige Zeitungsbilder. Der Captain hatte auf jedem Ausschnitt den Namen der Zeitung und das Herausgabedatum vermerkt.
Erst das letzte Bild in dem Heft interessierte mich.
Hank Brian war auf dem Bild nicht allein zu sehen. Hinter ihm war Evelyn Taylor zu erkennen. Rechts und links von ihr standen je zwei Männer, und diese vier Männer schienen nicht nur zu Evelyn Taylor, sondern auch zu Hank Brian zu gehören. Der Ausschnitt stammte aus der Sun.
»Können Sie dieses Bild für ein paar Tage entbehren?«, fragte ich den Captain.
Mein Kollege von der City Police war sehr hilfsbereit und freute sich, mir mit seinem Hobby helfen zu können. Sorgfältig nahm er den abgehefteten Zeitungsausschnitt aus dem Schnellhefter und gab ihn mir. Ich steckte ihn ein, verabschiedete mich und nahm vom Central Headquarter zur Sun ein Taxi. Ich fragte den Portier nach Freddy Adams und wurde in den dritten Stock geschickt.
Ein Lift brachte mich in einen langen Gang, der an ein Krankenhaus erinnerte. Das Büro von Freddy Adams fand ich leicht, denn an jeder Tür war ein Namensschild angeheftet. Ich klopfte an und betrat den Raum. Durch dichte Wolken von Zigarettenqualm sah ich Freddy Adams hinter dem Schreibtisch schwitzen. Er hatte einen Telefonhörer am Ohr und redete wie ein Wasserfall nach einem Wolkenbruch.
Ich kramte den Zeitungsausschnitt aus
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