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0438 - Schlangenhand

0438 - Schlangenhand

Titel: 0438 - Schlangenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Seitdem lebten er und seine beiden Geschwister bei Verwandten, die sich natürlich nicht so um die Kinder kümmerten, wie es die Eltern getan hatten.
    Das Leben gefiel Jorge überhaupt nicht. Aus diesem Grunde war er oft tagelang unterwegs. Er haßte das schmale Haus in der Altstadt. Onkel und Tante betrieben in den unteren beiden Räumen ein kleines Lokal, in dem es permanent nach Fisch stank.
    Jorges Revier waren der Strand und die Altstadt. Im Winter hielt er sich mehr in dem Wirrwarr aus Häusern, Gassen und Treppen auf, der Sommer allerdings war für ihn die Zeit des Auflebens. Da huschte er am Strand entlang, schob sich zwischen die Dünen, legte sich in den Sand, schaute gegen den Himmel, träumte oder blickte zu den erleuchteten Hotels hinüber, die in Strandnähe standen.
    Manchmal arbeitete er auch dort in der Küche als Hilfskraft. Wenn besonders viel Betrieb war, bediente er auch, durfte sogar kassieren, und dabei fiel immer etwas für ihn ab.
    Auch in dieser Nacht wanderte der Junge am Strand entlang. Er hatte sich auf die andere Seite konzentriert und den Hafen längst hinter sich gelassen.
    Über seine blauweißen Turnschuhe rieselte der Sand, wenn er beim Gehen hochgeschleudert wurde. Er trug Jeans und einen dünnen Pullover, durch den der Nachtwind fuhr. Das machte ihm jedoch nichts. Er wanderte weiter. Manchmal drang ein Lachen aus seinem Mund, das ihm der Wind von den Lippen riß. In dieser Nacht hatte er sich entschlossen, nicht mehr zu seinen Verwandten zurückzukehren, wo es doch nur Ärger gab. Er kannte genügend Leute in der Stadt, die ihm Unterschlupf gewähren würden. Auch bei den Mitgliedern kleinerer Jugendbanden. Das war für ihn jedoch die letzte Möglichkeit. Zuvor wollte er es mit Arbeit versuchen, denn Jorge gehörte zu den Menschen, die auch schon in jungen Jahren Ehrgeiz entwickelten.
    Für ihn war Lissabon die Stadt. Ein Ort mit unbegrenzten Möglichkeiten.
    Er liebte den Wirrwarr der Häuser, die schmalen Gassen, die alten Bauten und die prächtigen Schlösser, die von vergangenen Zeiten zeugten, als Portugal noch eine Seefahrernation gewesen war und den Reichtum aus seinen Kolonien holte.
    Das gab es nun nicht mehr. Das Land war arm geworden, aus welchen Gründen auch immer, aber in Lissabon brodelte das Leben. Da spürte man einen gewissen Optimismus, seit Portugal in die EG eingetreten war. Das Leben schien schneller abzulaufen, man wollte wieder Geschäfte machen, und die Weinbauern rechneten damit, ihre Waren jetzt besser verkaufen zu können.
    Jorge geriet in den Bereich, wo der Strand schmaler wurde und sich von der linken Seite her das rauhe, mit Felsen bestückte Gelände näher an das Wasser schob.
    Noch liefen die Wellen in langen Kämmen und Schaumstreifen aus, näßten den Sand und glitten wie zahlreiche Finger in die Gruben und Kuhlen, die sich im weichen Sand abdrückten.
    Über dem Meer lag der dunkle Himmel. Jorge liebte es, die Sterne zu beobachten. Er war fest davon überzeugt, daß es dort, wo sie funkelten, auch noch Leben gab. Einmal hatte er ein Buch darüber gelesen, und so wartete er in den einsamen Nächten dar-. auf, daß aus dieser Ferne mal ein Raumschiff erschien, am Strand landete und die Wesen entließ.
    Bald schon war die Sandschicht nur noch dünn wie ein normaler Teppich. Dafür schauten an verschiedenen Stellen Felsen hervor. Sie erinnerten manchmal an graue Köpfe oder Nasen und waren vom Wind blankgeschliffen worden.
    Auf einem dieser Felsköpfe nahm er Platz. An dieser Stelle hatte er schon oft gesessen. Es war für ihn ein wunderbarer Ort, denn die auflaufenden Wellen waren zum Greifen nah. Manchmal leckten sie sogar gegen die Spitzen seiner Schuhe.
    Der Blick auf das Meer gab ihm viel. Eine innere Ruhe, eine Ausgeglichenheit, wie sie nur die Natur schaffen konnte. Er schaute dem Lauf der Wellen zu, die schon seit kleinen Ewigkeiten gegen den Strand geschaufelt wurden.
    Manchmal brachten sie auch Strandgut mit. Das Zeug, das die Leute von den Schiffen aus ins Meer kippten. Besonders nach einem Azorensturm trieb viel an, und Jorge wunderte sich schon über nichts mehr, denn was da an Strandgut angeschwemmt wurde, beinhaltete vom Autoreifen bis hin zur leeren Parfümflasche alles, was man sich nur vorstellen konnte.
    Es war unwahrscheinlich, mit welcher Rücksichtslosigkeit die Leute den Müll in die Natur warfen.
    An diesem Abend wurde nichts angetrieben. Ein wunderschöner Maitag lag hinter Jorge. Die Felsen waren noch warm von der

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