0440 - Mein Boß saß in der Todeszelle
offenbar etwas anderes…«
Weiter kam ich nicht. Ich hatte die Bewegung der linken Hand überhaupt nicht gesehen. Ich spürte sie in meinem Gesicht. Er hatte mit der Außenseite der Hand geschlagen, und auf meiner rechten Wange drückten sich schmerzhaft die Knöchel ein. Das Nasenbein hatte auch etwas mitbekommen.
»Sie können sich viel ersparen, wenn Sie gleich mit der Story herausrücken«, schnarrte der Mann. »Was hat Danto Ihnen erzählt?«
»Daß er übermorgen in die Gaskammer muß«, sagte ich.
»Wo hat er das Geld versteckt?«
»Geld? Wer hat denn von Geld gesprochen? Glauben Sie, Danto läßt einen G-man aus New York kommen, um ihm zu erzählen, wo er Geld versteckt hat?« Ich versuchte, im Plauderton zu reden, aber ich wußte nicht, ob es mir gelungen war.
»Und über was haben Sie gesprochen?« wollte der Kerl wissen.
Ich hatte ihn genau beobachtet. Absichtlich hatte ich mich zu erkennen gegeben. Aber die Tatsache, daß sie einen G-man vor sich hatten, überraschte sie nicht im geringsten. Und das wiederum überraschte mich.
»Danto wollte, daß ich ein gutes Wort für ihn einlege. Ich habe ihn schließlich in New York gestellt, und er meinte, ein Wort von mir könnte den Gouverneur veranlassen, ein Gnadengesuch zu unterschreiben.«
Theoretisch hätte das sein können und auch einleuchtend klingen müssen.
Wenn die Burschen nicht genau Bescheid wußten, hätten sie es geschluckt. Sie schluckten es nicht. Ich sah, wie der Kerl vor mir ein Zeichen gab.
Dann spürte ich plötzlich einen furchtbaren Schlag in der Nierengegend, und genau gleichzeitig sah ich die Faust des Narbigen fliegen. Ich konnte nicht mehr ausweichen. Der Schlag gegen die Nieren hatte meine Reaktion bereits lahm werden lassen. Der Faustschlag erwischte mich am Kinn. Ich hörte noch, wie der Kerl mit der schneidenden Stimme sagte: »So, jetzt haben wir genug von deinem Märchen.«
Ich hatte auch genug. Vorläufig jedenfalls. Ich legte mich schlafen.
***
Eimerweise mußten sie Wasser über mich gekippt haben, denn als ich wach wurde, befand ich mich auf den Steinfliesen eines luxuriös eingerichteten Badezimmers, in dem es aussah, als ob sich die Sintflut wiederholt hätte. Meine Klamotten schlotterten klatschnaß an den Gliedern, meine Zähne klapperten unentwegt, und in meinem Mund spürte ich einen salzigen klebrigen Kloß.
Ich strich mir über die Lippen. Blut. Es wunderte mich nicht weiter, denn auch die Lippen von Cassius Clay wären nach dem Schlag, den ich einstecken mußte, aufgesprungen.
Hämisch grinsend standen die beiden Kerle über mir. Das heißt, der Mann mit der Narbe grinste nicht. Nur die Haut über den Backenknochen hatte sich noch mehr gespannt.
»Zufrieden?« fragte er. »Das war nur eine Kostprobe. Und zur Erläuterung für einen G-man, der schwer von Begriff zu sein scheint: Wir wollen Dantos Geld haben. Und bis heute haben wir noch alles bekommen, was wir wollten. Jeder, der sich uns in den Weg stellen wollte, hat es sich schließlich doch noch anders überlegt. Wenn ihm dazu noch Zeit blieb«, setzte er noch hinzu.
»Ihr scheint wirklich sehr tüchtig zu sein«, sagte ich, »vielleicht etwas zu tüchtig. Meine Kollegen warten auf mich, und sie sind es nicht gewohnt, daß ich zu spät komme. Sie könnten unter Umständen nach mir fahnden lassen, und G-men strengen sich an, wenn es darum geht', einen Kollegen zu finden.«
»Sie werden uns und dich nicht finden. Dafür haben wir gesorgt, nicht wahr, Samy?«
Samy nickte.
»Also, hast du es dir überlegt?« fragte der Mann mit der Narbe. »Viel Zeit haben wir nicht. Und wir kennen eine ganze Menge Tricks, die auch einem G-man den Mund öffnen können.«
Er sprach das Wort G-man so verächtlich aus, als handelte es sich um einen völlig unehrenhaften Beruf, dem ich seit einigen Jahren nächging.
»Okay, ihr habt gewonnen«, gab ich nach einer längeren Pause zu. »Ich habe wirklich keine Lust, mich von euch rösten zu lassen. Das ist in meinem Gehalt nicht inbegriffen. Und ihr scheint ja wirklich tolle Burschen zu sein.«
Ich beobachtete beide scharf, während ich gesprochen hatte. Sie atmeten auf und waren so froh, endlich am Ziel zu sein, daß ihnen meine leichte Ironie nicht einmal aufgefallen war.
»Mach's kurz«, raunte Samy heiser, »wo liegen die Bucks?« Seine Augen glänzten leicht, die Wangen röteten sich. Die Vorfreude, Eigentümer von zahlreichen Dollarscheinen zu werden, trieb ihm fast das Wasser in die Augen. Sein Komplice
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