0468 - Grab-Phantome greifen an
viel.«
»Und dein Gefühl?«
»Es meldet sich auch nicht. Das kann sich allerdings ändern.« Ich räusperte mich. »Sag mal, Will, ist mittlerweile etwas in dem kleinen Ort passiert?«
»Nein, wieso?«
»Das war nur eine Frage. Ich denke daran, daß die Menschen früher das Kreuz nicht ohne Grund vergraben haben. Wahrscheinlich sollte es sie schützen.«
»Kann sein. Fragt sich nur, wovor?«
»Das möchte ich auch gern herausfinden.« Ich wollte Will den Koffer nicht tragen lassen und nahm ihn deshalb an mich. Der Kommissar hatte das Doppelzimmer für zwei Tage gebucht.
Als wir am Portier vorbeigingen und er mich den Koffer tragen sah, dachte er wohl, wir seien Zechpreller. Bevor er etwas fragen konnte, klärte ihn der Kommissar auf.
Danach wurde der Mann wieder sehr höflich.
»Wo hast du denn deinen Flitzer stehen?« fragte ich.
»Unter der Domplatte, in der Tiefgarage.«
Der Weg dorthin war kurz. Im Halbdunkel der Tiefgarage wirkten selbst hellere Fahrzeuge wie Schattenwesen. Will hatte nahe der Ausfahrt einen Platz gefunden.
»Da ist er«, sagte er in einem Ton, als wollte er mir einen neuen Wagen präsentieren.
»Das ist ja noch immer der alte.«
»Ja, der Manta macht’s!«
»Wie lange denn wohl noch?«
Will schloß den Kofferraum auf und verstaute sein Gepäck. »Ich weiß es nicht. Jedenfalls werde ich ihn so lange wie möglich fahren. Und da kannst du dich noch so aufregen. Außerdem fährst du jetzt auch einen Rover und keinen Bentley mehr.«
»Ja, das stimmt.«
»Dann steig ein.«
Ich ließ mich auf den Beifahrersitz fallen und stöhnte. »Man hat es eben nicht leicht.«
»Richtig, aber leicht hat’s einen.«
»Stimmt auch wieder.«
Während wir der Ausfahrt und dem Kassenhäuschen entgegenrollten, dachte ich an das Kreuz und auch daran, daß sein Fund mich sicherlich vor ein Rätsel stellen würde…
***
Uwe Kunz, von Beruf Apotheker und Geschäftsführer der Filiale eines italienischen Pharmakonzerns, wunderte sich und legte sein Buch zur Seite, als er durch die offene Tür des Wohnraums in den schmalen Flur schaute, wo Elke, seine Frau, soeben den Mantel von der Garderobe nahm und ihn überstreifte.
»Du willst noch mal weg, Elke?« fragte er.
»Ja.«
Uwe Kunz stand auf. »Wohin denn?« Er schlenderte in den Flur und zog seinen roten Pullover etwas höher, damit er sich nicht zu sehr über den kleinen Bauchansatz spannte. Er war sehr groß, hatte blondes Haar, das an der Stirn schon einige lichte Stellen zeigte.
Uwe Kunz war ein freundlicher Mensch, der gern lachte und auch immer einen netten Witz erzählte, wenn er mit seinen Freunden und Bekannten kegelte. Wie seine Frau stammte auch er aus Bayern, doch beide hatten im Rheinland eine neue Heimat gefunden und fühlten sich in dem kleinen, überschaubaren Ort Refrath pudelwohl.
Nicht umsonst hatten sich die Kunzes hier ihr kleines Reihenhaus gebaut und waren beide auch im Gemeindeleben tätig.
»Willst du denn mitgehen?« fragte Elke.
»Ich weiß noch immer nicht, wohin du willst.«
»Nur hoch zur alten Taufkirche.«
»Und dann?«
»Ich will mir das noch einmal anschauen.«
»Es ist dunkel.«
»Weiß ich, aber übermorgen sollen die alten Grabsteine versetzt werden, wie ja zu lesen war. Da möchte ich eben noch einen letzten Blick auf den kleinen Friedhof zwischen Kirche und Mauer werfen.«
Uwe lächelte. »Du hast manchmal Ideen?«
»Kommst du mit?«
Kunz überlegte einen Moment, bevor er seiner Frau zunickte.
»Gut, du hast mich überredet. Ich hole nur noch meine Schuhe.«
Da Elke Kunz eine sehr auf Sauberkeit bedachte Frau war, hatte sie durchgesetzt, daß ihr Mann und auch die beiden Kinder Monika und Michael die schmutzigen Schuhe in den Keller brachten und sie auch dort immer putzten.
Auch Elke Kunz war blond. Das Haar trug sie kurzgeschnitten.
Sie war eine moderne Frau um die 40, zog gern Hosen an und gehörte zu den Menschen, die Unrecht haßten. Deshalb hatte sie sich auch in der Gemeinde so engagiert. Manchmal wurde sie zu einem regelrechten Temperamentsbündel, wenn ihr etwas gegen den Strich ging.
Elke kochte gern. Besonders Gerichte aus ihrer bayrischen Heimat. Ihr Leberkäse war im Ort berühmt. Nur wer ihn einmal probiert hatte, konnte mitreden und Vergleiche ziehen.
Auf der Treppe hörte sie Schritte. Nicht Uwe kam zurück, ihre beiden Kinder erschienen. Zuerst streckte Monika, noch auf der Treppe stehend und sich halb über das Geländer lehnend, den blonden Wuschelkopf vor. Dahinter
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