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05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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praktischen Verkehr mit wilden Tieren bewandert sei. „Der schwarze Panther ist ja das allergefährlichste Viehzeug! Er ist größer und länger als der Löwe und der Tiger! Er mordet aus reiner Blutgier und nicht nur aus Hunger. Wie alt ist er denn?“
    „Nur drei Jahre, Sir, nicht älter.“
    „Nur? Das nennt Ihr nur? Da ist er ja vollständig ausgewachsen! Mein Gott! Und so eine Bestie befindet sich hier an Bord! Wer kann das verantworten?“
    „Ich, Sir, ich“, antwortete der elegante Fremde, indem er sich gegen die Damen und Herren verneigte. „Erlaubt mir, mich vorzustellen, Myladies und Gentleman! Ich bin der berühmte Menageriebesitzer Jonathan Boyler und befinde mich seit einiger Zeit mit meiner Truppe in Van Büren. Da dieser schwarze Panther in New Orleans für mich angekommen war, so begab ich mich mit meinem erfahrensten Tierbändiger dorthin, um ihn abzuholen. Der Kapitän dieses guten Schiffes erteilte mir gegen hohen Transport die Erlaubnis, den Panther hier zu verladen. Er machte dabei die Bedingung, daß die Passagiere möglichst nicht erfahren sollten, in welcher Gesellschaft sie sich befinden. Darum fütterte ich den Panther nur des Nachts und habe ihm, by god , stets ein ganzes Kalb gegeben, damit er sich so vollfressen solle, daß er den ganzen Tag verschläft und sich kaum bewegen kann. Freilich, wenn man mit Fäusten an den Kasten schlägt, so wacht er auf und läßt auch seine Stimme hören. Ich hoffe, daß die verehrten Damen und Herren nun von der Anwesenheit des Pantherchens, welche ja nicht die mindeste Störung bewirkt, keine Notiz mehr nehmen.“
    „Was?“ antwortete der mit der Brille, indem seine Stimme fast überschnappte. „Keine Störung bewirkt? Keine Notiz mehr nehmen? Alle Teufel, ich muß wirklich sagen, daß eine solche Anforderung noch nie an mich gestellt worden ist! Ich soll dieses Schiff mit einem schwarzen Panther bewohnen? Ich will gehenkt sein, wenn ich das fertig bringe! Entweder muß er fort, oder ich gehe. Werft die Bestie ins Wasser! Oder schafft den Kasten an das Ufer!“
    „Aber, Sir, es ist wirklich ganz und gar keine Gefahr vorhanden“, versicherte der Menageriebesitzer. „Seht Euch nur den starken Kasten an, und –“
    „Ach was Kasten“, unterbrach ihn das Männchen. „Diesen Kasten kann ich zersprengen, um wieviel leichter da erst der Panther!“
    „Bitte, mich sagen zu lassen, daß sich in dem Kasten der eigentlich eiserne Käfig befindet, den selbst zehn Löwen oder Panther nicht zu zertrümmern vermöchten.“
    „Ist das wahr? Zeigt uns den Käfig! Ich muß mich überzeugen.“
    „Ja, den Käfig zeigen, den Käfig zeigen! Wir müssen wissen, woran wir sind“, riefen zehn, zwanzig, dreißig und noch mehr Stimmen.
    Der Menageriebesitzer war Yankee und ergriff also die Gelegenheit beim Schopf, diesen allgemeinen Wunsch zu seinem Vorteil auszubeuten.
    „Ganz gern, ganz gern!“ antwortete er. „Aber, Myladies und Gentlemen, es ist doch leicht einzusehen, daß man den Käfig nicht betrachten kann, ohne auch den Panther zu erblicken. Dies jedoch darf ich ohne gewisse Gegenleistung nicht gestatten. Um den Reiz dieses seltenen Schauspiels zu erhöhen, werde ich eine Fütterung des Tieres anbefehlen. Wir arrangieren drei Plätze, den ersten zu einem Dollar, den zweiten bis zu einem halben und den dritten zu einem Vierteldollar. Da sich lauter Ladies und wirkliche Gentlemen hier befinden, so bin ich überzeugt, daß wir den zweiten und dritten Rang gleich von vornherein weglassen können. Oder ist jemand da, der nur einen halben oder gar nur einen Vierteldollar zahlen will?“
    Es antwortete natürlich niemand.
    „Nun also, nur erste Plätze. Bitte, Myladies und Mylords, einen Dollar die Person.“
    Er nahm seinen Hut ab und kassierte die Dollars ein, während sein Tierbändiger, den er herbeigerufen hatte, die zu der Schaustellung nötigen Vorbereitungen traf.
    Die Passagiere waren meist Yankees, und als solche erklärten sie sich mit der jetzigen Wendung der Angelegenheit vollständig einverstanden. Waren vorher die meisten von ihnen empört darüber gewesen, daß der Kapitän seinen Steamer zur Beförderung eines so gefährlichen Raubtiers hergegeben hatte, so fühlten sie sich jetzt durch die Gelegenheit versöhnt, durch die Besichtigung des Panthers eine willkommene Abwechslung in das langweilige Schiffsleben gebracht zu sehen. Selbst der kleine Gelehrte hatte seine Angst überwunden und sah der Schaustellung mit großem Interesse

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