0500 - Der Dunkle Gral
verloren hatte.
Ich aber hatte sie gewonnen!
Das Leuchten in der Klinge blieb. Es strahlte sogar bis in den Griff hinein, den ich jetzt wieder mit beiden Händen umklammerte. Die Waffe selbst bildete vor mir eine schiefe Ebene, mit der Spitze stützte sie sich ab.
Ich hob das Schwert an!
Es war wie ein Wunder. Durch die Kraft des am Griff hängenden Kreuzes hatte die Klinge ihre Schwere verloren. Sie war nicht mehr als ein normaler Degen.
Ich brauchte nicht einmal die zweite Hand zu nehmen, um sie festzuhalten.
Vergessen waren die Demütigungen der letzten Minuten, vergessen war die Angst, jetzt blickte ich nach vorn, und auch Garinga kam aus dem Staunen nicht heraus.
»Du… du hast es geschafft!« würgte er hervor.
»Das habe ich tatsächlich!« erwiderte ich, wobei ich schon auf ihn zuging. »Gottfried von Bouillon konnte dieses Schwert schwingen, ohne daß eine andere Kraft in die Klinge hineingefahren wäre. Ich habe es aktiviert. Es wird mir gehorchen und dich vernichten!«
Das waren die letzten Worte vor meinem Angriff!
***
Das spielende Kind, die Puppen, die harmlose Sache an sich, aber der nach unten weisende Dolch, der über dem Kind schwebte, ließ die Harmlosigkeit zu einer Farce verzerren.
Für Bill Conolly und Suko war dies Warnung genug. Sie standen auf der Schwelle des Kinderzimmers, ohne sich zu rühren. Und das blonde Mädchen mit dem Namen Ann Calf lächelte die beiden an.
»Wer seid ihr?« fragte sie. »Ich… ich habe euch noch nie hier gesehen. Seid ihr Freunde von Dad und Mum?«
Bill gab die Antwort, wobei ihm nicht wohl war, denn der Vater des kleinen Mädchens war tot. Er lag, von einer Uhr erschlagen, ein Stockwerk tiefer.
»Ja, wir sind Freunde.«
»Aber ihr wohnt nicht hier?«
»Nein.«
Ann nickte, schaute auf eine ihrer Puppen und blickte schließlich Suko an. »Bist du ein Japaner?«
»Chinese.«
»Ach so.«
»Ist es schlimm?«
Ann schüttelte den Kopf. »Nein, überhaupt nicht. Ich habe nämlich eine chinesische Puppe. Die ist toll. Willst du sie mal sehen?«
»Später vielleicht. Wir müssen jetzt zu deiner Mutter zurück, weil wir noch etwas mit ihr zu besprechen haben.«
»Ich bleibe hier.«
»Das ist auch gut so.«
Ann reckte sich. »Meine Eltern hatten auch Besuch bekommen. Zu den Leuten gehört ihr doch nicht?«
»Bestimmt nicht.«
»Sie waren auch schlimm«, erklärte Ann. »Ich habe vor ihnen richtig Angst bekommen.«
»Wie sahen sie denn aus?« wollte Suko wissen.
»Böse?«
»Und wie böse. Ich habe nicht genau hingesehen, aber ich hörte einmal ein Lachen. Da bekam ich richtig Angst.«
Bill lächelte Ann zu. »Die brauchst du jetzt nicht mehr zu haben. Bleib bitte in deinem Zimmer.«
»Das mußte ich Mummy versprechen.«
Bevor die beiden Freunde sich zurückzogen, schauten sie noch einmal gegen die Decke.
Dort hing der Dolch, mit der Fratze Baphomeths auf der Klinge, nach unten. Sie wunderten sich darüber, daß Ann auf die Klinge nicht reagierte. Konnte, es sein, daß sie die tödliche Waffe überhaupt nicht wahrnahm?
Damit mußte man rechnen.
»Und grüßt meine Mutter«, sagte Ann winkend, als sich die Männer zurückzogen.
»Machen wir.« Bill schloß die Tür und ballte die Hand zur Faust. »Verdammt«, sagte er nur. »Verdammt, in was sind wir hier hineingeraten?«
»Es ist Baphomeths Stadt«, erklärte Suko.
»Leider.«
Suko dachte daran, daß sie eigentlich nur hergekommen waren, um John Sinclair zu finden, der ausgezogen war, das Geheimnis des Dunklen Grals zu lüften.
Durch einen deutschen Jungen namens Timo Knäpper, dessen Hobby es war, Stimmen aus dem Jenseits zu hören, hatte Suko von der Falle erfahren, die John gestellt worden war. Eine Geisterstimme - es war Tanith - hatte sich über das Radio gemeldet und von Templern gesprochen sowie von der großen Gefahr, in der John Sinclair, ein Mann aus London, schwebte. Timo und sein Vater hatten dies nicht als reine Spinnerei abgetan und waren mit den Aufnahmen nach London gefahren, wo sie auch John Sinclair ausfindig gemacht hatten, ihn aber nicht sprechen konnten, weil er unterwegs gewesen war.
Suko hatte sich der beiden angenommen und war in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden.
Während die Knäppers in London zurückblieben, hatte er sich mit Bill Conolly in Verbindung gesetzt. In Bills Porsche waren die beiden nach Garway gedüst und hatten, um Informationen über die alte Templer-Kirche zu bekommen, sich mit dem Pfarrer in Verbindung setzen wollen.
Es war
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