052 - Großfuß
seltsam«, meinte er schließlich. »Aber es ist möglich, daß Lattimer die Leiter gesehen hat und hinaufstieg, um festzustellen, welche Bewandtnis es damit habe.«
»Das hat er aber doch nicht gesagt.«
»Nein, das hat er nicht gesagt, das gebe ich wohl zu. Ich werde mich um die Sache kümmern, Mr. Ferraby, und ich möchte Sie bitten, nichts hierüber zu den anderen zu sagen. Es ist sicher auffallend und sehr verdächtig, aber ich glaube doch, daß meine Vermutung richtig ist. Es war doch seine Pflicht, die Leiter und alles, was damit zusammenhing, zu untersuchen.«
»Aber er kam doch gar nicht aus der Richtung, wo die Leiter stand, sondern von der Pflanzung her«, sagte Jim hartnäckig. Super rieb sein Kinn.
»Das ist gewiß verwunderlich«, gab er wieder zu und wiederholte seine Warnung. »Ich komme womöglich noch um das Vergnügen, den Fall aufzuklären«, fuhr er fort. »Es treten Zwischenfälle ein, mit denen ich nicht rechnete, und ich verstehe auch nicht, warum sie sich ereignen. Wenn ein Mann erst auf die abschüssige Bahn gerät, wird es immer schlimmer mit ihm. In einer halben Stunde wird der Morgen dämmern, dann ist die Gefahr für diese Nacht wohl vorüber.«
Er ging in die Bibliothek, ließ sich von Elfa Kaffee einschenken und setzte sich in einen niedrigen Sessel.
»Ich werde Ihnen etwas erzählen, was Sie sehr freuen wird«, sagte er zu ihr.
»Erzählen Sie es doch bitte schnell«, bat sie überrascht. »Was wollen Sie mir denn mitteilen?«
»Die Operation Ihres Vaters war ein großer Erfolg.« Sie sprang auf die Füße, wurde rot vor Freude, dann wieder blaß.
»Die Operation ist schon vorüber - aber sie sollte doch erst nächste Woche vorgenommen werden?«
»Sie fand gestern abend statt«, sagte Super. »Ich habe mit den Ärzten abgemacht, daß Sie nichts erfahren sollten, bis alles vorüber sei. Aber ich dachte, Sie hätten es erraten, als mir die Oberschwester erzählte, daß Sie einen Brief für ihn zurückgelassen haben, den er lesen sollte, sobald er dazu imstande sei.«
»Aber ich habe keinen Brief zurückgelassen«, sagte sie schnell, »und ich hatte auch keine Ahnung, daß die Operation schon gestern abend sein sollte.«
Supers Augen wurden klein.
»Sie haben keinen Brief ...«
Er langte nach dem Telefonhörer und wählte eine Nummer.
»Sie ist zu Bett? Wecken Sie die Dame auf und sagen Sie ihr, daß Polizei oberinspektor Minter sie jetzt sprechen muß.«
Er wartete mit dem Hörer am Ohr und schaute ins Leere. Elfa sah, wie sich sein Gesichtsausdruck veränderte.
»Sind Sie es, Miss Mud? Würden Sie so freundlich sein, den Brief, den Miss Leigh für ihren Vater hinterließ, zu öffnen und mir den Inhalt vorzulesen ... Nein, das ist alles in Ordnung, ich habe ihre Erlaubnis dazu eben bekommen.«
Er wartete. Elfa sah, wie er nickte.
»Ach ... Danke Ihnen«, sagte er endlich. »Ja, bewahren Sie den Brief für mich auf.«
Dann legte er den Hörer wieder auf.
»Was stand denn in dem Brief?« fragte Elfa.
»Es hat sich jemand einen Spaß erlaubt, denke ich. In dem Brief stand: ›Herzüche Grüße. In aller Liebe Deine Elfa.‹ Das Ist alles.«
Super sprach aber nicht die Wahrheit. Der Brief bestand nur aus einer Zelle, die so lautete:
»Ihre Tochter wurde in der vorigen Nacht erdrosselt.«
Dieser Kerl denkt an alles, dachte Super voll Bewunderung.
26
Mr. Cardew hatte einen Entschluß gefaßt. Er wollte sein Haus abschließen, seine Diener entlassen und entweder eine Wohnung in der Stadt mieten oder den Rest des Sommers auswärts zubringen.
»Das scheint mir eine sehr gute Idee zu sein; Sie können nicht schnell genug gehen«, meinte Super, als er es ihm erzählte. »Ich glaube, es wäre das beste, wenn Sie schon heute abend das Haus verließen.«
»Ich glaube nicht, daß ich schon heute abend fort kann, ich habe noch zu packen ...«
»Ich werde Ihnen mehrere Leute zur Verfügung stellen, die Ihnen helfen können«, entgegnete Super.
»Ich will diese Nacht noch hier bleiben«, entschied sich der Anwalt, nachdem er eine Weile überlegt hatte. »Vielleicht speisen Sie heute mit mir zu Abend?«
»Das kann ich leider nicht, ich erwarte einen meiner Freunde.«
»Bringen Sie ihn doch mit.« Super zögerte.
»Ich glaube, das ist nichts für Sie. Der Mann ist nicht gerade sehr vornehm, aber ich bewundere ihn doch. Er streitet sich nicht mit mir herum, er ist auch nicht schlau, und wenn jemand sich nicht mit mir herumzankt und nicht schlau ist, dann ist er nach meinem
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