0493 - Janes Umkehr
Als der Nachtwind die Blätter der Bäume schüttelte und über die alten Mauerreste hinwegpfiff, blieben die vier alten, dunkel gekleideten Weiber stehen.
Für einen Moment drehten sie ihre angespannten Gesichter mit der dünnen, hellgrauen Totenhaut dem Wind zu, dann öffneten sie die Mäuler und begannen zu lachen.
Sie freuten sich darüber, daß sie hier waren und alles so vorgefunden hatten, wie es versprochen war.
Ihr Lachen wurde zum Kichern. Hoch, schrill, abgehackt, dann wieder langgezogen, vermischte es sich mit den Geräuschen des Windes.
Wie auf Kommando verstummte das Lachen. Nur die Geräusche des Windes waren noch zu hören, dieses leichte Säuseln, vermischt mit einem singenden Heulen, dem die vier alten Weiber nachlauschten.
»Es ist der Totenwind, der uns begrüßt!« flüsterte eine von ihnen und rieb ihre Handflächen gegeneinander. Es hörte sich an, als wollte sie verbranntes Papier zerreißen.
»Ja, der Bote.«
»Wir sind auf der richtigen Spur«, erklärte die dritte.
Das vierte Weib meinte: »Wir holen ihn raus. Er hat lange genug gelegen. Er wird alles ändern.«
»Sicher, sicher!« Die erste kicherte. In ihre Augen trat ein ungewöhnlicher Glanz. Sie streckte die Arme seitlich aus. Die anderen drei Weiber kannten die Geste und wußten genau, was sie zu bedeuten hatte. Auch sie griffen zu, berührten einander, so daß sie den Kreis schließen konnten.
Der Kreis war wichtig. Er gab ihnen das Gefühl der Gemeinsamkeit, der Zusammengehörigkeit, denn sie gehörten einer besonderen Gruppe an, die seit vielen Jahrhunderten von den Menschen gefürchtet und auch verachtet wurde.
Sie waren - Hexen!
Vier Frauen, irgendwie alterslos, häßlich, so wie man damals die Hexen dargestellt hatte. Die Schönheit war vergangen, aber sie würde zurückkehren, davon waren sie überzeugt. Erst jedoch mußten sie ihre Aufträge erledigen.
Der von den Hexen erwähnte Totenwind weht noch immer über das karge Hügelgelände einer trostlosen Landschaft. Steine, dürres Gras, Bodenpflanzen, Strauchwerk verteilten sich bis hin zum Horizont, wo die Sonne schon verschwunden war und den langen Schatten der Nacht hatte Platz machen müssen.
Die Gegend war einsam. Sie sah noch so aus wie vor einigen Jahrhunderten. Nichts hatte sich verändert, selbst die Ausflügler der großen Städte mieden diesen Fleck. Er war ihnen zu windig, zu rauh und auch zu einsam.
Zudem hielt sich die Mär, daß es in dieser windigen Ecke unheimlich sei und nicht mit rechten Dingen zuging. Was genau vorgefallen war, wußte niemand. Es wurden auch keine weiteren Fragen gestellt, man nahm es einfach hin.
Niemand hatte die vier Hexen gesehen. Sie wollten auch nicht erkannt werden. Was sie vorhatten, ging niemanden etwas an. Und so schlichen sie weiter, nachdem sie den Kreis gelöst hatten. Ihre Füße schleiften durch das hohe Gras. Manchmal zogen sie die Köpfe ein, wenn ein Windstoß in ihren Nacken blies. Sie gingen hintereinander über den Kamm einer Mulde, bevor sie anschließend in ihrem Innern verschwanden.
Es war ein kleines Tal mit sanft ansteigenden Hängen, auf denen das Gras vom Wind regelrecht gekämmt wurde.
Der Boden war steinig, an vielen Stellen auch aufgerissen. Wärme und Kälte hatten ihre Spuren hinterlassen. Steine bedeckten ihn. Sie sahen aus wie eine vergessene Beute.
Manche Steine erreichten die Größe von Menschen. Sie sahen aus wie Klötze, hin und wieder abgerundet, dann aber eckig und scharfkantig. Die Hexen kannten den Weg, obwohl sie ihn nie zuvor gegangen waren. Sie wichen den größeren und kleineren Hindernissen aus und näherten sich schnurstracks ihrem eigentlichen Ziel.
Die vier Weiber trugen dunkle Kleidung. Der Wind peitschte gegen den Stoff. Er war dünn, manche hätten Lumpen dazu gesagt. Menschen hätten gefroren, die vier Hexen störte es nicht. Es schien, als würden sie den Wind genießen.
Sie näherten sich dem Zentrum der Schüssel, wo sie auch bleiben wollten. Hier hatten sie mehr Platz, aber ein markanter Punkt war dennoch zu sehen.
Ein Stein!
Simpel, nichts Besonderes, und doch ungeheuer wichtig für die vier Weiber.
Er ragte wie ein großer Daumen vor ihnen hoch, warf noch einen Schatten und sah aus, als wäre er von Menschenhänden geformt worden. Ob es stimmte, wußten die Hexen nicht, möglicherweise war der Stein als Warnung aufstellt worden, nur hatten sie keine Furcht davor.
Als sie ihn erreichten, umstellten sie ihn von allen vier Seiten und starrten ihn an.
Nur der
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