052 - Großfuß
Herzen.«
»Super, ich habe Sie noch nicht um Ihre Ansicht über all diese schrecklichen Dinge gebeten, die sich hier in unserer nächsten Nachbarschaft ereignet und Menschen betroffen haben, die wir gut kennen. Ich möchte Sie heute abend fragen. Bringen Sie doch Ihren Freund auf alle Fälle mit. Mr. Ferraby hat auch versprochen, zu erscheinen.«
»Kommt die junge Dame auch?« fragte Super.
»Nein, sie wird den Abend mit ihrem Vater verbringen. Wir haben einen Raum für sie in dem Krankenhaus besorgt, so daß sie gleich bei ihm sein kann.« Super nickte.
»Sie fragen mich, ob ich mir irgendwelche definitiven Ansichten gebildet habe? Ich habe es getan, und ich habe es auch nicht getan. Ich habe meine bestimmten Ansichten, aber ich habe noch keine Beweise dafür. Und ich kann keine Beweise bekommen, ohne die Beweggründe zu kennen. Denn es ist doch ganz klar, daß dieser Großfuß nicht im Lande herumgeht und die Leute tötet, bloß weil er sie morden will. Das existiert nur in Schauergeschichten und auch nur in den allerschlechtesten. Er versucht auch nicht, junge Mädchen zu erdrosseln, damit der Schreck ihrem Vater wieder den Verstand rauben soll, nur weil er gerne mordet. Wenn man erst anfängt zu lügen, ist man auch gezwungen, das Netz immer weiter zu weben.«
»Sie meinen betrügen«, verbesserte ihn Cardew mit einem schwachen Lächeln.
»Das ist dasselbe«, sagte Super ungeduldig. »Lügen ist Betrügen, und Betrügen ist Lügen. Das ist ja gerade das, was dem armen Kerl, dem Großfuß, passierte. Er fing an zu betrügen und mußte weiter betrügen. Und jedesmal, wenn es schien, daß jemand sein Geheimnis erraten könnte, zog er seine kleine Pistole heraus, und es war zu Ende mit dem Jemand. Es gibt keine Mörder aus Sport, wie ich sie bezeichnen möchte, ausgenommen die wahnsinnigen. Ein Mann begeht einen Mord aus demselben Grund, wie ein Junge seinen Hals wäscht, weil es eben keinen anderen Weg gibt, der Gesellschaft anzugehören. Und hinter all diesen Verbrechen steht ein Wunsch. Ein schönes Heim, Autos, Soupers mit Champagner und Tänzerinnen und allem, was das Leben begehrenswert macht. Ich kenne einen Mann, der seine Frau vergiftete, weil sie ihn zu Hause nicht rauchen lassen wollte - das ist eine Tatsache. Sehen Sie sich den Fall Armstrong an und lesen Sie den Beweis. Und ich kenne einen anderen Mann, der seinen Bruder umbrachte, weil er Geld brauchte, um wetten zu können. Mord ist das einzige Verbrechen, das die Leute niemals aus sich selbst heraus begehen. Hier fängt man sie. Es ist leicht, einen Mord zu verbergen, aber es ist schwer, die kleinen Verbrechen wegzuräumen, die zu dem Mord führen. Ferraby kommt?«
»Ja«, nickte Cardew.
»Das ist schön.«
»Ich wollte Sie noch etwas fragen, Oberinspektor«, sagte Cardew plötzlich. »Mein Gärtner sagt, daß Sie die Spuren einer Leiter so tief im Gras gefunden haben, daß man sie nicht übersehen konnte.«
»Es stand eine Leiter auf der Rückseite des Hauses«, sagte Super vorsichtig. »Ich brachte sie vor Tagesanbruch weg, weil ich niemand damit erschrecken wollte. Ich weiß nicht, woher sie kam, da keine Ihrer Leitern so groß ist. Ich werde Nachforschungen darüber anstellen. Und wegen meines Freundes, Mr. Cardew - er ist wie ich, er wird kein Messer vom andern unterscheiden können, und er wird die Speisen verschütten und die Gläser umkippen. Auch ist er nicht gesprächig.«
»Sie tun Ihr Bestes, um mich davon abzuhalten, ihn einzuladen«, lachte der Anwalt. »Aber Sie können ihn mitbringen, ich werde mich freuen, ihn zu sehen.«
»Er heißt Wells«, sagte Super abwesend. Er schien auf weitere Fragen gefaßt zu sein, aber Mr. Cardew war offenbar nicht neugierig.
Plötzlich schlug sich Minter mit einem ärgerlichen Ausruf auf den Schenkel.
»Daß ich das vergessen konnte! Ich lud doch meinen Sergeanten Lattimer auch ein, ihn kennenzulernen!«
»Bringen Sie Lattimer auch mit«, sagte der andere freundlich. »Lattimer wird wenigstens wissen, wie man mit Messer und Gabel umgeht. Es kam mir immer so vor, als ob er eine gute Erziehung genossen hat ... vielleicht eine zu gute ...«, fügte er zögernd hinzu.
»Meinetwegen«, brummte Super. »Aber er ist nicht zu gut für die Polizei, Mr. Cardew. Er wird einer der kommenden Männer sein. Er versteht etwas von Anthropologie, und das hat mich sehr verwundert. - Wieviel Zehen hat eigentlich ein Pferd? Lattimer weiß es. Er kann Ihnen auch sagen, welcher Unterschied zwischen den Spuren
Weitere Kostenlose Bücher