0545 - Der teuflische Engel
weißen Rock, der, entsprechend der Mode, über dem Knie endete. Auf Strümpfe hatte sie verzichtet. Ihre langen Beine zeigten die Sonnenbräune des Schwimmbads.
Ich schaute auf ihre Knie.
»Was ist los, John? Brauchst du ein Foto?«
»Nein, aber ich liebe deine Beine.«
»Ha, ha, du Hirnie. Ihr habt wohl nichts zu tun – oder?«
Ich hob die Schultern. »Bei dem Wetter machte das Arbeiten einfach keinen Spaß.«
Glenda bekam große Augen. »Was soll ich denn sagen? Ich hänge ja auch an der Maschine.«
»Lieber an der Maschine als am Tropf.«
Glenda wies auf Suko. »Ist John immer so komisch?«
»Nein, nur an besonders heißen Tagen. Da hat er wohl einen Sonnenstich bekommen.«
»Ach so. Ich dachte schon, der letzte Fall hätte bei ihm etwas hinterlassen.«
»Nur einen guten Eindruck«, sagte ich.
»Von wem?«
»Kyra Benson.«
Glendas Augen blitzten. »Eine Frau!«
»Und was für eine, Mädchen. Das ist keine Frau, das ist schon ein Weib, so wie Rubens es sich vorgestellt hat und auf die Leinwand malte. Einmalig, sage ich dir.«
»So etwas zum Abspecken, nicht?«
»Es kommt auf den Geschmack an.«
»Und der ist«, meldete sich Suko, »bei ihm ein wenig barock.«
Glenda nickte. »Dann weiß ich schon Bescheid.« Sie schüttelte den Kopf. »Du solltest dich wirklich schämen.«
»Weshalb?«
»Dermaßen von Frauen zu reden.«
»Ich spreche auch noch weiter mit ihr. Der Fall ist zwar beendet, aber nicht zu Ende.«
Glenda runzelte die Stirn. »Was soll das denn nun wieder heißen?«
»Es hat neue Spuren gegeben«, meinte Suko. »Und zwar Spuren, die nach Atlantis führen.«
»Worum geht es denn genau?«
»Um eine Architektin, Glenda. Es soll eine Person geben, die als Architektin in Atlantis gelebt hat und in dieser Zeit wiedergeboren wurde.«
»Als was?«
»Ebenfalls als Architektin, wie ich hörte. Diese Kyra Benson soll versuchen, ihren Namen herauszufinden. Ihr verstorbener Mann Luke hatte Kontakt zu der Dame.«
Glenda verdrehte die Augen. »Schon wieder eine Frau.«
»Ich kann nichts daran ändern.«
Suko wies auf mich. »Die Girls sind eben heiß auf ihn. Besonders die aus der tiefen Höhle.«
»Das Gefühl habe ich allmählich auch.«
Ich leerte meine Tasse und reckte mich anschließend. »Eigentlich könnten wir Mrs. Benson mal anrufen«, sagte ich zu Suko, der an der anderen Seite des Schreibtischs saß.
»Ich habe nichts dagegen, aber laß dir Zeit. Wir haben noch früh am Morgen.«
»Wie du willst.«
»Ich hole die Post«, sagte Glenda und verließ unser Büro. Der kurze Rock saß ziemlich eng. Was sich darunter abmalte, konnte sich schon sehen lassen.
»Glaubst du denn, John, daß du die Dame hier irgendwo finden wirst? Die aus Atlantis?«
Ich hob die Schultern. »Keine Ahnung. Kyra Benson war lange genug mit Luke verheiratet. Er muß ihr einfach Hinweise auf die Person gegeben haben.«
»Was sie bestreitet.«
»Nun ja. Möglicherweise sind es auch nur winzige Hinweise, die wir zusammensetzen können, falls sie sich erinnert.«
»Das ist die Frage.«
Glenda kam zurück. Sie hatte die Post mitgebracht. Viel war es nicht. In der Regel Hauspost. Wenn wir morgens im Büro saßen, wurden wir automatisch über die Verbrechen und nicht gesetzlichen Vorgänge der vergangenen Nacht informiert.
So auch jetzt. Glenda legte uns die Notizen auf den Schreibtisch, doch einen Brief behielt sie in der Hand. Ich schaute zu ihr hoch.
»Der ist nicht für dich.«
»Für Suko?«
»Ja.« Sie ließ ihn auf den Schreibtisch flattern. Es war ein blauer Briefumschlag, den sich Suko anschaute. Dabei veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Plötzlich glänzte Schweiß auf seiner Stirn, den er fahrig abwischte.
»Was hast du?« fragte ich. »Ärger?«
»Ganz im Gegenteil. Ich habe eine Nachricht von der Firma bekommen.« Er lachte.
»Von welcher Firma?« hakte ich vorsichtig nach.
»Ich habe bei einem Preisausschreiben mitgemacht und dir immer gesagt, daß ich den ersten Preis, einen BMW 535i, gewinnen werde. Das hier ist die Nachricht.«
»Über den ersten Preis?« fragte ich.
»Weiß ich noch nicht.« Er griff zum Brieföffner. Betont langsam schlitzte er das Kuvert auf.
Glenda blieb und hatte eine gespannte Haltung eingenommen.
Auch ich schaute über den Schreibtisch, wo Suko Mühe hatte, seine Freude zu verbergen. Über Wochen hinweg war er mir mit diesem Preisausschreiben auf die Nerven gegangen. Er hatte immer steif und fest behauptet, daß er den ersten Preis gewinnen würde,
Weitere Kostenlose Bücher