0545 - Der teuflische Engel
meiner Wohnung. Aber das ist nicht alles, Mr. Sinclair. Als er den Laden verlassen wollte, kamen drei Schläger. Rocker oder so. Die wollten ihn nicht hinausgehen lassen. Was ich dann erlebte, kann ich noch immer nicht fassen.«
Wir hörten von ihr eine Geschichte, die mehr als unwahrscheinlich klang. Nur waren wir es gewohnt, unwahrscheinliche Stories zu hören, deshalb schenkten wir ihr auch Glauben.
»Das ist wirklich außergewöhnlich«, sagte ich und sah Suko an.
Mein Freund hatte sich bisher kaum an der Unterhaltung beteiligt.
Wahrscheinlich fuhr er im Geiste schon den gewonnenen Wagen.
»Was meinst du denn dazu?«
Er hob die Schultern. »Ohne ein Motiv wird man dir sicherlich den Strauß nicht geschickt haben, John.«
»Das meine ich auch.« Erst jetzt fiel mir auf, daß zwischen den Stielen eine kleine Karte klemmte. Ich zog sie hervor und las die in gold- und silberfarben geschriebene Nachricht. Es standen nur mein Name und die Anschrift auf der Karte.
Die Schrift war mir unbekannt. Ich reichte die Karte an Glenda und Suko weiter, auch die beiden konnten damit nichts anfangen.
»Diese Schläger«, sagte ich, »sind dann verschwunden.«
»Richtig.«
»Kannten Sie die Typen, Miß Lakeman?«
»Ja – und nein. Sie gehören zu einer Bande, die unser Viertel unsicher macht.«
»Wo kommen Sie her?«
»Das Geschäft liegt in einer Straße in Clerkenwell. Es hält sich das Gerücht, daß es dort eine Bande Jugendlicher geben soll, die einige Geschäftsleute terrorisieren, weil sie von ihnen Schutzgeld erpressen wollen. Mehr weiß ich auch nicht.«
»Das wird schon reichen. Dieser Mensch, dessen Namen Sie nicht kennen, hat er gesagt, daß er wiederkommen will?«
»Nein.«
»Gut, dann darf ich mich bei Ihnen bedanken, Miß Lakeman. Sollten noch Fragen auftauchen, werden wir uns bestimmt mit Ihnen in Verbindung setzen.«
»Das können Sie. Ich gebe Ihnen meine Karte.«
»Flower Shop«, las ich vor. »Okay, das wird zu finden sein.« Ich gab ihr ein Trinkgeld. »Und noch einmal vielen Dank dafür, daß Sie die Blumen persönlich vorbeigebracht haben.«
»Das habe ich gern getan.«
»Ich bringe Sie hinaus«, sagte Glenda und öffnete Miß Lakeman die Tür.
Wir warteten ab, bis beide verschwunden waren. Sukos Gesicht zeigte die gleiche Ratlosigkeit wie das meine. »John, ich will nicht hetzen, aber begreifst du das?«
»Nein, überhaupt nicht.«
»Und mit der Beschreibung kannst du ebenfalls nichts anfangen, wie ich dich kenne.«
»Richtig.« Ich setzte mich wieder. »Eine blaue Haut«, murmelte ich. »Welcher Mensch besitzt schon eine blaue Haut und ist dabei noch so schön wie ein junger Griechengott?«
»Mensch?«
Ich zwinkerte Suko zu. »Moment mal, Alter. Denkst du vielleicht das gleiche wie ich?«
»Kann schon sein. Ich jedenfalls habe das Gefühl, daß es nicht unbedingt ein Mensch sein muß.«
»Ein Dämon also.«
»Klar.«
»Aber wer?«
Da war guter Rat teuer. Obwohl Suko und ich darüber nicht sprachen, ließen wir eine Reihe derjenigen Gegner vor unserem geistigen Auge Revue passieren, die wir kannten. Es waren viele darunter gewesen, die uns großen Kummer bereitet hatten. Nur an einen Dämon mit blauer Haut und blauen Augen konnten wir uns nicht erinnern.
»Shimada«, sagte Suko plötzlich.
»Nein, der war es nicht. Der sieht anders aus.«
»Richtig.«
»Ein neuer Gegner?« fragte er.
Ich hob die Schultern und deutete auf die Rosen. »Zudem einer, der mit Goldstücken bezahlt. Das verstehe, wer will.«
»Ein Dämon, der reich ist.« Suko lachte auf. »Das ist mal was ganz Neues.«
»Auf das ich allerdings verzichten kann.« Mein Blick fiel wieder auf die Blumen. Sie wurden noch von einer dünnen Hülle umwickelt. Nur der Schlitz, aus dem ich die Karte gezogen hatte, stand offen.
»Du solltest dir von Glenda eine Vase besorgen lassen und den Strauß hineinstellen. Wäre doch schade, wenn die Rosen allmählich verblühen.«
»Sicher.« Ich runzelte die Stirn. »Irgendwie will mir das nicht in den Sinn. Wer schenkt mir Blumen? Und weshalb hat er das getan? Da muß einfach eine Absicht dahinterstecken. Ich kann mir nicht vorstellen, daß mich die andere Seite so sehr mag.«
»Hast du schon daran gedacht, daß diese Blumen magisch beeinflußt sein könnten?«
Durch die Nase holte ich Luft. Ich nahm dabei den Duft der Rosen auf. »Ja, das auch.«
»Du könntest sie untersuchen lassen. Im Labor oder mit dem Kreuz. Ich traue dem Frieden nicht.«
So etwas Ähnliches hatte
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