0647 - Hexenzauber
nicht manipulieren, an der Sonne würde er sich verbrennen. Nur dauerte es zu lange, bis sie sich zeigte, dann würde Gilda wahrscheinlich nicht mehr leben.
Diese Person hasste sie. Gilda war darin sensibel. Sie hatte es sehr deutlich gespürt. Nicht nur die äußere Kälte war von ihr ausgegangen, auch eine innere hatte sich losgelöst, und die war eben wie eine Mauer gewesen.
Der Stein nahm ihr die Sicht. Noch drei Schritte, dann hatte sie ihn erreicht.
Gilda blieb stehen, den Blick gegen die dunkle Oberfläche gerichtet.
Sie hörte Ute nicht, aber sie wusste, dass diese Person hinter ihr war. Dann zuckte Gilda zusammen, als Ute ihre Hand gegen den Rücken drängte. »Jetzt wirst du den Stein berühren. Lege deine Handflächen gegen ihn, damit du die Kraft, die in ihm wohnt, herausholen kannst. Darauf hast du doch gewartet. Ich überlasse ihn dir als Waffe und als Hilfsmittel. Bitte, enttäusche mich nicht.«
Gilda blieb nichts anderes übrig, denn die andere Person schob sie vor.
Mit beiden Händen berührte Gilda den Stein. Hatte er nun die Wärme des vergangenen Tages gespeichert, oder befand sie sich sowieso in seinem Inneren?
Gilda wusste es nicht. Sie erlebte nur das Gefühl, unter Strom zu stehen, weil dieses Rieseln vom Stein aus begann, in die Finger hineinglitt, durch die Handflächen strömte, die Gelenke umfasste, den Weg zu den Schultern fand und anschließend ihren gesamten Körper durchfuhr.
»Und jetzt wirst du ihn küssen!«
Gilda kam dem Befehl nach. Die Arme knickten ein, der Oberkörper näherte sich dem Stein, im nächsten Augenblick hatten ihre Lippen Kontakt mit der Oberfläche.
Zwischen ihnen und dem Stein schienen Funken zu sprühen. Wieder war die elektrische Ladung da, und Gilda zuckte zurück, wobei sie das Gefühl hatte, ihre Lippen in Feuer getaucht zu haben, so stark brannten sie. Dann drehte sie sich um.
Die nackte Hexe stand vor ihr. Kalt lächelnd sah sie Gilda an, bevor sie fragte: »Nun, hast du die Kraft des Steins gespürt?«
Sie nickte.
»Das ist gut. Du hattest Recht. In ihm wohnen uralte Kräfte, aber nicht so alt wie die des Teufels. Und vor allen Dingen nicht so stark. Sie gegen die anderen, so habe ich es vorgesehen. Ich behaupte, dass der Teufel stärker ist. Du siehst es anders. Jetzt wird es sich herausstellen, wer Recht hat, Gilda!«
Ute Bergmann ging zurück. Ihre wuchtigen Brüste gerieten dabei in leichte Schaukelbewegung. Sie war die perfekte Verführung, ein Teufel mit dem Gesicht eines Engel, das ein kaltes Lächeln noch mehr verschlimmern konnte.
Immer weiter trat sie in die Schatten zwischen den Steinen zurück, sodass ihr Körper später nicht mehr als ein bleicher Fleck war. Dort blieb sie stehen.
Und Gilda wartete. Sie betete zu den Göttern, dass diese ihr helfen sollten, aber der Stein und sie taten nichts.
Stattdessen kroch die Kälte heran. Zuerst erreichte sie die nackten Füße, strich darüber hinweg wie ein vereister Pinsel, wanderte höher, erreichte die Beine, die Hüften, und das Knacken über ihrem Kopf hörte sich gefährlich an.
Sie schaute hoch!
Der Stein hatte einen Riss bekommen. Gleichzeitig quoll etwas Weißes hervor.
Eis kippte ihr entgegen, fiel auf ihre Schultern, und unter ihren Füßen bebte die Erde.
Es würde nur Sekunden dauern, bis der Stein über ihr zusammenbrach und sie unter sich begrub.
Weg konnte sie nicht. Die Hexe hatte einen magischen Bann um sie geschlagen, und von ihren Freundinnen war auch keine in der Lage, ihr zu helfen.
Dann hörte sie die Stimme.
Geflüstert nur, aber die gehörte einem Mann, und der erklärte ihr, dass sie keine Furcht zu haben brauchte.
»Bleiben Sie nur ruhig, Gilda, wir schaffen das schon…«
***
Ich hatte ihr Mut gemacht, denn mir war es gelungen, ungesehen hinter den großen Menhir zu gelangen.
Manchmal, so musste ich zugeben, geht es wirklich mit dem Teufel zu. Hatte dieser seine Hände im Spiel? Suko und ich hätten den Ort des Geschehens schon längst erreichen können, aber uns waren die deutschen Kollegen dazwischen gekommen.
Eine Untersuchungskommission aus Lüneburg war plötzlich im Heidekrug erschienen und hatte die entsprechenden Fragen gestellt. An Gästen waren nur wir da gewesen. Die Frauen hatten sich längst auf den Weg zu ihrem Ziel gemacht.
Ohne die Männer, die der Polizei nicht in die Hände liefen, weil sie sich versteckt hatten.
Schließlich konnten wir uns loseisen, ohne die Kollegen allerdings auf die richtige Spur gebracht zu haben. Das
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