0647 - Hexenzauber
Verbundenheit der Menschen mit dem Wachstum, der Fruchtbarkeit und dem Tod dokumentieren. Deshalb dieses Feuer, deshalb diese Feiern und heiligen Riten. Mit der Hölle, von der du gesprochen hast, haben wir nichts im Sinn.«
»Dann ist der Ort für euch falsch!«
»Nein, genau richtig. Wir waren schon öfter hier. Wir haben uns hier versammelt und werden nicht gehen.«
Ute sprach in die Antwort hinein. »Es ist ein Platz des Teufels«, sagte sie mit veränderter Stimme, die jetzt einen tiefen Klang hatte. »Wie oft soll ich das noch sagen?«
»Er soll sich einen anderen aussuchen!« Gilda wunderte sich über ihren eigenen Mut, und selbst Ute Bergmann staunte sie an, denn eine derartige Antwort hätte sie nicht erwartet.
»Du stellst dich gegen den Teufel?«
»Ich stelle mich gegen diejenigen, die uns aufhalten wollen. Wir tun keinem etwas, wir wollen nur unseren Frieden haben. Ich wollte mich durch die Kraft des Feuers reinigen und mich gegen Gefahren feien. Das war alles, deshalb kamen wir her, aber du hast uns enttäuscht, hörst du? Furchtbar enttäuscht.«
»Hör auf!« Ute schnippte mit den Fingern und plötzlich sprühten Funken. »Ich freue mich, dass du das Feuer angesprochen hast, denn auch ich lebe davon, wie ich euch bewiesen habe. Aber es ist nicht das Feuer, das ihr kennt. Es sind die Flammen, die aus einer anderen Welt stammen, hast du das nicht gewusst? Es ist das Feuer, das mir der Teufel mit auf den Weg gegeben hat. Er hält seine schützende Hand über mich und gegen ihn kommt ihr nicht an. Er hat mich mit Kräften ausgestattet, die über denen der Menschen stehen. An diesem Ort ist er präsent, hier hat ein Mann namens Hoffmann seinen Schatten bekommen, und es wird bis in alle Ewigkeiten ein Hort der Hölle bleiben.«
»Geh weg!«, flüsterte Gilda, die sich nicht beeindrucken ließ. »Geh endlich weg! Schon einmal hat man uns geraten, nicht herzukommen, aber die heilen Steine werden dem Teufel einen Riegel vorschieben, das kann ich dir versprechen.«
Ute lachte nur. »Glaubst du wirklich daran? Wenn der Teufel will, kann er sie zerstören. Er kann sie auseinander reißen, und niemand wird ihn daran hindern. Hast du gehört?«
Gilda streckte ihren Arm vor und zeigte auf die nackte Ute. »Ich glaube es dir nicht. Ich will es nicht glauben. Das hier ist unser Platz. Jede, die du hier siehst, denkt so wie ich. Hast du gehört?«
»Ja, das habe ich.«
»Dann verschwinde von hier!«
Die Hexe hatte sich bisher noch gut in der Gewalt gehabt. Nur einmal hatte sie durch das Entzünden der Flammen bewiesen, zu was sie fähig war. Nun war der Geduldsfaden bei ihr gerissen. »Also gut, ihr habt es nicht anders gewollt. Darum werdet ihr auch die Folgen davon tragen. Jetzt könnt ihr nicht mehr weg!« Schwungvoll drehte sie sich um die eigene Achse, und wieder sah es so aus, als würde sie davonfliegen. Noch in der Drehung nahm ihr Gesicht eine andere Farbe an. Es bekam dunkle Schatten, die bläulich glänzten.
Auch die Augen veränderten sich. Sie blickten plötzlich heller, raubtierhafter.
Gilda trat zurück. Instinktiv wusste sie, dass sie einen Fehler begangen hatte, den sie nicht mehr korrigieren konnte. Ute Bergmann spielte ihre gesamte Kraft aus.
Sie sank plötzlich zu Boden, und es sah wirklich so aus, als wollte sie vor Gilda in die Knie gehen und um Verzeihung bitten. So etwas hatte eine Teufelsbraut nicht nötig. Sie veränderte nur ihren Körper. Die normalen Konturen zerflossen, und sie schien eins zu werden mit dem dicken Grasteppich.
Gleichzeitig löste sich etwas aus ihrem Haar, das blitzschnell und durchscheinend vor der erstaunten und erstarrten Gilda in die Höhe quoll.
Ein feinstofflicher Körper, ein Geist…
Zuckend, ohne Inhalt, nur aus Umrissen bestehend, die an dünnen, zittrigen Rauch erinnerten und eine Kälte ausströmten, über die sich Gilda nur wundern konnte.
Dies für die Dauer weniger Sekunden, dann hatte die Kälte sie erwischt und wie Beton eingehüllt, sodass sie auf der Stelle stand und sich nicht mehr bewegen konnte.
Aber sie bekam alles mit, was geschah. So sah sie auch, wie sich die Hexe bewegte - diesmal wieder in ihrem eigenen Körper. Nackt, mit blonden Haaren, kalt lächelnd und mit fließenden Formen schwebte sie über das Gras hinweg.
»Du wirst sehen, was mit den Personen geschieht, die mir nicht gehorchen wollen.«
Gilda stand wie eingefroren. Die Kälte umklammerte sie, und sie wunderte sich darüber, dass ihre weißen Hexenschwestern
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