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07 - Ein Grab im Dschungel

07 - Ein Grab im Dschungel

Titel: 07 - Ein Grab im Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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zurück.
    »Du möchtest doch nicht darüber reden, hab ich recht?«
    »Wir sollten versuchen, etwas zu schlafen. Wer weiß, was morgen ist.«
    »Ich dachte, du bringst uns an einen der sichersten Orte der Welt?«
    »Da werden wir morgen aber noch nicht ankommen. Der Weg dorthin ist lang. Vor allem bei dieser Reisegeschwindigkeit.«
    Wie aufs Stichwort wurde der Zug einmal mehr kreischend und ruckelnd abgebremst, obwohl draußen weder entlang des Schienenbetts noch weiter entfernt auch nur der geringste Lichtschein auszumachen war.
    Stille kehrte ein. Das Ganze – die Umgebung, die Atmosphäre, ihr Schweigen – hatte etwas Unwirkliches.
    Als die Fahrt nach fünf Minuten, in denen absolut gar nichts geschehen war, endlich weiterging, hörte Tom an Maria Luisas ruhigen Atemzügen, dass sie eingeschlafen war. Er wechselte die Sitzbank und nahm neben ihr Platz, sodass er sie in den Arm nehmen konnte und sie es einigermaßen bequem hatte.
    Dann versuchte auch er, etwas Schlaf zu finden.
    Es blieb beim Versuch.
    Aber wie in einem Traum spulte sich in seinem Kopf einmal mehr jene »lange Geschichte« ab, an deren Ende sich Abby von ihm getrennt hatte – und die genau genommen schon mit dem Grund für diese Trennung begonnen hatte.
    In Princeton, wo Tom damals Gastdozent an der Universität gewesen war. In der altehrwürdigen Lehranstalt hatte die Geschichte allerdings nicht angefangen, sondern – Tom musste innerlich auflachen, weil es zwar wahr, aber fürchterlich banal war – in der Warteschlange vor einer Supermarktkasse …
    ***
    Princeton, New Jersey, vor 16 Jahren
    Irgendwo im hinteren Bereich des Supermarkts schepperte und klirrte etwas, man hörte eine Frauenstimme schimpfen und ein Kind weinen, und über die Ladenlautsprecher bat eine gelangweilte Stimme jemanden vom Personal, das Missgeschick in Gang acht aufzuwischen.
    Tom Ericson bekam davon kaum etwas mit. Er stand in der Warteschlange vor der Kasse und war in ein Exemplar der neuesten Ausgabe der »Weekly World News« vertieft, laut Untertitel »die einzige vertrauenswürdige Zeitung der Welt«. Das Blatt informierte zum Beispiel darüber, wie weit die Wahrwerdung der Prophezeiungen des Nostradamus inzwischen gediehen war. Meldungen à la »Teufelsgesicht auf Riesenasteroiden fotografiert«, »Goldfressende Termiten greifen Fort Knox an« oder »Kapitän der Titanic war eine Frau« interessierten ihn natürlich nicht. Aber manchmal fand er doch ein Körnchen Wahrheit in einer dieser wöchentlichen Humbug-Storys, dem er dann aus beruflichem Interesse weiter nachspürte.
    Er blätterte um, las – und plötzlich ging in seinem Gesicht die Sonne auf. »Na also, wer sagt’s denn!«
    Die Milch und die Cornflakes-Packung, die er eigentlich hatte kaufen wollen, ließ er auf dem Förderband stehen. Er warf der Kassiererin ein paar Dollarnoten zu und stürmte mit der Zeitung in der Hand aus dem Laden.
    Sein Ziel war ein kleines Apartment, das die Universität ihm im Gastdozentenhaus in unmittelbarer Campusnähe zur Verfügung gestellt hatte. Eigentlich befand sich in Princeton alles in Campusnähe. Gäbe es die Universität nicht, hätte man das Städtchen wahrscheinlich längst zugesch …aufelt.
    »Dann wollen wir doch mal sehen«, murmelte Tom, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Er ließ einen abgegriffenen Papphefter neben die »Weekly World News« fallen. Es wallte ein wenig Staub hoch, den er aus seiner vorherigen Wohnung in Los Angeles mitgebracht haben musste, wo er für ein paar Monate an der UCLA gelehrt hatte; in Princeton war er noch nicht lange genug, als dass sich schon Staub hätte ansammeln können.
    200 Jahre alter Alligator in den Everglades zur Strecke gebracht!, stand in fetten Lettern über dem zweiseitigen Artikel in der »Weekly World News«, die er auf den kleinen Tisch zwischen Wohnzimmer und Kochnische warf.
    Tom zog einen kleinen Packen Kopien von Buchseiten und alten Dokumenten aus einem Hefter und fischte zielsicher das Blatt heraus, das die Informationen enthielt, von denen er schon im Supermarkt gewusst hatte, dass »sie zu Hause irgendwo waren«.
    In dem Text – eine Zusammenfassung von Informationen aus diversen Quellen, die er selbst handschriftlich festgehalten hatte – ging es um den Spanier Juan Ponce de Léon, der 1493 an Kolumbus’ zweiter Reise nach Amerika teilgenommen und 1508 die erste Siedlung in Puerto Rico gegründet hatte. Doch das waren nicht die Fakten, die Ponce de Léon für Tom interessant

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