Untitled
Quart buch
In Andrea Camilleris mittlerweile berühmt berüchtigtem Sizilien wird diesmal sogar über Nacht eine ganze Mühle abgebaut, um die Staatskasse zu betrügen:
Giovanni Bovara, ein Genueser sizilianischer Abstammung, kommt im Auftrag des römischen Finanzministeriums in das Dörfchen Vigàta, um die Mühlen der Gegend zu überprüfen. Er mietet sich bei einer reichen Witwe ein und macht sich an die Arbeit. Bald aber muß Signor Bovara lernen, wie hart das Leben sein kann, wenn man Wahrheiten auf der Spur ist, die den Mitbürgern nicht in den Kram passen. Ein eifriger Inspekteur, eine schöne Witwe, ein sündiger Pfarrer und natürlich ein gerissener Mafioso: jeder will etwas anderes, keiner entkommt den Mühlen des Herrn. Eine spannende Kriminalgeschichte voll theatralischer Komik.
»Die weit mehr als nur vergnüglichen sizilianischen Romane von Andrea Camilleri finden auch bei uns begeisterte Leser.«
Duglore Pizzini, Die Presse
Andrea Camilleri
Die Mühlen des Herrn
Roman
Aus dem Italienischen
von Moshe Kahn
Verlag Klaus Wagenbach
Berlin
Die italienische Originalausgabe erschien 1999 unter dem
Titel La mossa del cavallo bei Rizzoli in Mailand.
8.-11. Tausend im März 2000
© 1999 RCS Libri S.p.A. Milano
© 2000 für die deutsche Ausgabe:
Verlag Klaus Wagenbach, Emser Straße 40/41, 10719 Berlin
Umschlaggestaltung: Verlag Klaus Wagenbach unter
Verwendung eines Bildes von Francis Picabia
Frau im grünen Schal (VG Bild-Kunst, Bonn 2000)
Gesetzt aus der Galliard von der Offizin
Götz Gorissen, Berlin
Gedruckt und gebunden von Clausen & Bosse, Leck
Bucheinbandstoffe von Herzog, Beimerstetten
Printed in Germany.
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 3 8031 31480
Erneut hat A. Camilleri einen historischen Fall aus Sizilien (vgl. „Der unschickliche Antrag") „aufgerollt". Er tut dies auf geistreichste Weise und in deftigmalerischer, wundervoll humoriger Sprache, (hervorragende Übersetzung von Moshe Kahn, Pasoliniübersetzer), Grundlage des Romans bildet eine Episode aus Franchettis 1876 geschriebenen Buch „Politik und Mafia in Sizilien", das erst 1995 in Neapel veröffentlicht wurde. Camilleri selbst spricht von „einer eher tragischen Farce": Ein korrupter, geiler Priester wird vom Cousin, mit dem er in Erbschaftsstreit liegt, erschossen – was alle wissen. Der Mord aber wird geschickt dem neuen Mühleninspektor unterschoben. Denn dieser ist den mafiosen Zusammenhängen in Montelusa und Vigàta sehr schnell auf die Spur gekommen und wird unbequem. Spannend und höchst amüsant – eine sehr schöne Kombination.
»Das Rössel ist die einzige Figur im Schachspiel, das andere Figuren überspringen darf. Seine Bewegung ist ausgesprochen einzigartig, denn sie beschreibt ein L: zunächst zwei Felder in der Horizontalen oder in der Vertikalen, wie ein Turm, danach ein Feld nach rechts oder nach links. Nicht zu vergessen eine Besonderheit: ein Rössel, das sich von einem schwarzen Feld wegbewegt, kommt immer auf einem weißen Feld an. Umgekehrt kommt ein von einem weißen Feld wegbewegtes Rössel immer auf einem schwarzen Feld an. Das Rössel kann jede andere Schachfigur überspringen.«
A. Karpow, Schachschule
Samstag, 1. September 1877
»Dominovobisdu.«
»Ettkumm spiri tutuho«, antworteten an die zehn Stimmen, die sich im tiefen, nur hier und da gelegentlich von übelriechenden Talglichtern durchbrochenen Dunkel der Kirche verloren.
»Ite, missa jetzt.«
Betstühle wurden gerückt. Die erste Morgenmesse war zu Ende. Eine Frau bekam einen Hustenanfall, Padre Artemio Carnazza machte eine halbe Kniebeuge vor dem Hochaltar und verschwand danach eilig in die Sakristei, wo der Sakristan, tot vor Müdigkeit, wie immer auf ihn wartete, um ihm aus den Meßgewändern zu helfen. Die glaubenstreuen Besucher der Frühmesse verließen die Kirche, nur Donna Trisìna Cìcero nicht, das war die, die gehustet hatte. Sie blieb knien, tief ins Gebet versunken. Seit ungefähr zwei Wochen stellte sie sich zur Frühmesse ein. Sie galt durchaus nicht als eine, die ständig in die Kirche rennt. Zur Messe erschien sie normalerweise lediglich sonntags und an den festgelegten Feiertagen. Es war daher offenkundig, daß sie in Sünde gefallen war und diese sich jetzt von Unserem Gnädigen Herrn vergeben lassen wollte. Donna Trisìna war eine schwarzhaarige Dreißigerin, mit wildfunkelnd grünen Augen und zwei Lippen so rot wie die Flammen der Hölle. Unglückseligerweise war sie vor drei Jahren Witwe geworden.
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