0700 - Para-Hölle Spiegelwelt
Hufeisen schwimmt oben. Carsten nahm einen Schluck, schüttelte sich und nahm einen zweiten Schluck. »Etwas mit Zamorra?«
Ullich schüttelte den Kopf. »Deine Sexretärin Sabrina hat angerufen.«
»Sie ist nicht meine Sexretärin!«, knurrte Möbius.
»Egal. Wir sollen allerschnellstens in die Firma kommen, möglichst vorgestern gegen Mittag. Da ist wohl die Hölle los.«
»Na klasse«, ächzte Carsten. »Kaum lässt man den Betrieb zwei Tage aus den Augen… aber vielleicht lenkt mich der Mist ja ab.«
»Hoffen wir's Beste«, sagte Michael. »Aber ich fürchte, was Sabrina und Kerstin uns zu beichten haben, wird uns gar nicht gefallen. Bist du fertig mit deinem Stehaufmännchentrunk? Können wir los?«
Carsten setzte die Kaffeetasse ab. »Ich hatte gehofft, du würdest mir noch beweisen, dass du außer Kaffeekochen auch Frühstückmachen beherrschst, ehe wir heiraten. Na ja, werde ich wohl Junggeselle bleiben müssen… Okay, gib den Zossen im Porsche 'ne Kiepe Heu, und ab geht's in die Firma… Wollen doch mal sehen, wer da jetzt schon wieder haarscharf neben die Kloschüssel gepieselt hat wie anno '83 in Amsterdam in Clark Darltons Hotelzimmer, bei der wir diese wilde Fete erlitten und du am anderen Morgen dich gewundert hast, dass das Frühstücksei so verdammt hart war, weil du's mitsamt der Schale gefuttert hast, während Tanith Lee am Nebentisch sich eins abgrinste…«
Michael winkte ab. »Warum musst du dich eigentlich immer nur an meine Niederlagen erinnern?«
»Dafür sind Freunde da«, sagte Carsten. »Nun komm in die Gänge, Mann. Ich will wissen, was in der Firma los ist.«
***
Eine Stunde später wünschte er sich, diese Begegnung noch eine Weile hinausgezögert zu haben. Sabrina Brandner und Kerstin Sander, die beiden Sekretärinnen im gemeinsamen Vorzimmer der beiden gegenüberliegenden Büros, fingen ihn und Ullich ab. »Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen«, behauptete Sabrina, die heimlich in Carsten Möbius verliebt war. »Es ist doch einfach unmöglich! Ich verstehe nicht, wie das passieren konnte.«
»Würdest du einem müden, alten und relativ verbrauchten Mann freundlicherweise mal erklären, was nicht mit rechten Dingen zugehen kann, unmöglich und unverständlich ist?«, fragte Carsten langsam und begann sich seltsamerweise vor der Antwort zu fürchten, ehe er sie gehört hatte.
»Riker ist hier«, sprudelte Sabrina hervor »Und ein Mann namens Seneca. Mit einem ganzen Stab von Leuten. Sitzt in deinem Büro und sagt, er wäre jetzt der Chef.«
»Rhet Riker? Von Tendyke Industries ?«
Sabrina nickte.
»Er hat jede Menge Papierkram und ein paar CDs voll mit Dateien mitgebracht«, ergänzte Kerstin Sander. »Wir haben schon die Kanzlei angerufen, jeden Moment müssen unsere Anwälte erscheinen…«
»Die werden auch nichts mehr ändern können«, sagte jemand kalt. Die Tür zu Carstens Büro war von innen geöffnet worden.
»Tendyke!«, stieß Möbius hervor.
»Das ist Mister Seneca«, stellte Kerstin überflüssigerweise vor.
»Richtig«, sagte der Mann, den Möbius und Ullich als Robert Tendyke kannten. »Mein Name ist Seneca, Ty Seneca. Darf ich Sie als meine Gäste hereinbitten?«
***
»Ich will zu Ihren Gunsten annehmen, dass Ihre gezeigte Form geistiger Umnachtung nur kurzfristig ist«, sagte Michael Ullich kühl, als er die Tür hinter sich und Möbius zugezogen hatte. »Trinken Sie einen Kaffee mit uns, genießen Sie eine Werksführung und setzen Sie sich wieder in Ihren Flieger nach El Paso. Okay, natürlich biete ich mich gern an, Sie vorher noch durchs Frankfurter Nachtleben zu begleiten. Inklusive wilder Schießereien im Bahnhofs- und Rotlichtviertel, wenn Ihnen danach ist.«
»Sie sind gefeuert, Ullich«, sagte Rhet Riker gelassen.
Robert Tendyke - Ty Seneca -grinste dazu.
»Haha«, machte Ullich und grinste zurück. »Guter Scherz, aber für den 1. April ein paar Wochen zu spät.«
»Bitte«, lud Riker ein und wies auf ein paar dünne Schnellhefter. »Nehmen Sie doch Platz und studieren Sie die Unterlagen. Für Fragen steht Ihnen Mister Hawkins, unser Firmenanwalt, zur Verfügung.« Er wies auf den hochgewachsenen, schlanken Weißhaarigen, der am Fenster stand und eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Schauspieler James Stewart hatte.
Carsten Möbius trat hinter den Schreibtisch. »Raus aus meinem Sessel, Riker«, sagte er.
Riker lächelte.
Ullich baute sich von der anderen Seite her auf. Seine Hände näherten sich dem Geschäftsführer
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