0700 - Para-Hölle Spiegelwelt
Sie haben natürlich Recht, es hätte keinen Sinn, Sie zu erschlagen. Ich werde auch auf legalem Wege mit Ihnen fertig-«
»Viel Spaß«, wünschte Seneca.
Aber das, was jetzt vor Carsten Möbius lag, hatte mit Spaß nicht das Geringste zu tun…
***
»Wenn ich wüsste, dass es Sinn hat, würde ich ihn tatsächlich eigenhändig erwürgen«, sagte er später.
Viele Stunden später. Die Kneipen in Frankfurt-Sachsenhausen hatten bereits geöffnet, und Carsten und Michael hatten sich in »Frank's Oldie-Kiste« in einen stillen Winkel verzogen. Musik vornehmlich aus den 70ern lief, dazwischen auch Anfänge der 80er Jahre. ABBA sangen »The winner takes it all, the looser has to fall«. Nicht gerade der Text, der Carsten jetzt aufmuntern konnte.
»Warte erst mal ab«, sagte Michael. »Unsere Rechtsverdreher üben doch noch am Fall. Die finden garantiert eine Lücke, um all diese Verträge zu canceln.«
»Ich bin mir nicht sicher«, sagte Carsten bitter. »Es wird nicht klappen. Ich kann es fühlen.«
»Du und deine Gefühle.«
»Ich verstehe nicht, weshalb ich Zamorras und Nicoles Warnungen nicht wirklich ernst genommen habe«, seufzte Carsten. »Ich hätte etwas tun können.«
»Sie kennen dich. Sie wussten, dass du nicht darauf hören würdest«, sagte Michael. »Verdammt, du bist zu ehrlich für diesen Job. Um eine solche Firma zu halten, musst du lügen, betrügen, bestechen, in die Politik eingreifen…«
»Väterchen hat das nie gemacht«, wischte Carsten die Worte seines Freundes fort. »Er war auch immer ehrlich. Und er hat mit nichts in der Hand außer den vierzig Mark Kopfgeld nach dem Krieg dieses Imperium geschaffen.«
»Damals ging so was ja auch noch. Wirtschaftswunder…«
»Später ging es auch!«, blaffte Carsten.
Ullich verzichtete auf eine Erwiderung. Warum sollte er die Verklärung, in der Carsten seinen verstorbenen Vater sah, mit ein paar Worten vernichten? Carsten war sein Freund.
Aber Michael hatte für eine der Versicherungen gearbeitet, deren größter Kunde der Möbius-Konzern war - bevor Carsten ihm ein Wirtschaftswissenschaften-Studium aufgedrängt und ihn danach zu seiner rechten Hand in der Firma gemacht hatte. Damals war Michael von der Versicherung zum Bodyguard für den hochversicherten und risikofreudigen Carsten Möbius gemacht worden, aber er hatte hin und wieder auch einen Blick in diverse Akten werden können - nicht immer legal, aber immerhin…
Der »alte Eisenfresser« war nicht unbedingt der edle Mann gewesen, den sein Sohn immer in ihm gesehen hatte und auch weiter sehen sollte. Auch Stephan Möbius hatte seine Leichen im Keller - im übertragenen Sinne.
Carsten war tatsächlich zu ehrlich für diese Welt.
Und daran wird er irgendwann zugrunde gehen , dachte Michael. Und er hoffte inständig, das nicht mehr erleben zu müssen.
Anderswo…
»Eine Spiegelwelt«, murmelte Zamorra.
»Was?«
Er sah sich nach seiner Gefährtin um. Erstaunt, sie neben sich in der gleichen Zelle zu finden. Und diesmal waren sie beide auch nicht nackt. Man hatte ihnen ihre Kleidung gelassen, sie nicht ausgeplündert. Zamorra stellte fest, dass er sogar sein Amulett bei sich trug.
War der Gegner leichtsinnig geworden?
»Wie haben sie uns erwischt?«, fragte Nicole träge.
»Ich weiß es nicht. Es muss eine Art hypnotisches Kraftfeld gewesen sein. Wie auch immer - sie haben uns gepackt.«
»Aber du bist nicht zu hypnotisieren«, wandte Nicole ein.
»Und uns beide schützen unsere mentalen Sperren. Trotzdem sind wir jetzt hier. Ich fürchte, die Magie, die unser Doppelgänger benutzt, übersteigt unsere eigenen Kräfte doch erheblich.«
»Schwarze Magie«, sagte Nicole. »Natürlich. Sie ist immer der leichtere Weg und erfordert weniger Kraft als die Weiße Magie…«
»Das allein kann es nicht sein«, sagte Zamorra.
»Was meintest du eben mit Spiegelwelt?«, hakte sie nach. »Das war es doch, was du gerade sagtest, als ich erwachte.«
»Es muss eine Art Spiegelung sein. Alles ist umgekehrt, die Guten sind böse und die Bösen sind gut. Weißt du, dass ich Fooly gesehen habe? Draußen auf der Straße, als sie uns packten. Er gehört zu ihnen - in dieser aberwitzigen Welt. Und er war gar nicht so tolpatschig, hatte ich den Eindruck.«
Er verstummte.
Was hatte er denn wirklich gesehen und erlebt? Er war doch so benommen gewesen, und Nicole fast völlig hinüber und weg… war es wirklich Fooly den er gesehen zu haben glaubte? Die Eindrücke verschwanden. Er wusste nur, dass
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