0714 - Attacke der Doppelgänger
zur Tür hinaus…
***
Gegenwart
»Woher hat sie gewusst, wie man zum Château in unserer Welt kommt?«, fragte Nicole. Sie und Zamorra hatten Natashas Leiche in ein Zimmer getragen, es von außen abgeschlossen und den Butler William geweckt, damit der die Blutspur beseitigte, bevor ein anderer Bewohner des Schlosses darüber stolperte.
Dann hatten sie sich angezogen und bewaffnet, waren der Blutspur bis in den Keller gefolgt und standen jetzt am Ende eines langen Korridors im Kuppeldom vor dem Blumenfeld und der kleinen, künstlichen Sonne, die darüber hing.
»Rob muss es ihr gesagt haben«, sagte Zamorra nachdenklich. »Niemand sonst weiß, worauf man sich konzentrieren muss. Aber warum?«
Das Netzwerk der Regenbogenblumen funktionierte über die visuelle Vorstellungskraft. Wenn man ein Bild des Ziels vor Augen hatte und es dort ein Blumenfeld gab, landete man ohne Zeitverlust an diesem Ort. Bei ihrem Besuch in der Spiegelwelt hatten Zamorra und Nicole festgestellt, dass man die beiden Châteaus unterscheiden konnte, wenn man sich auf die unterschiedlichen Autos konzentrierte. Während sie in ihrer Welt BMW und Cadillac fuhren, besaßen die Doppelgänger einen Lamborghini und einen Golf. In der Spiegelwelt kannte nur Tendyke diese Details.
Ein Grund mehr ihn möglichst schnell zu befreien, dachte Zamorra. Sein Doppelgänger durfte unter keinen Umständen erfahren, wie er in ihre Welt kommen konnte.
»Ich gehe rüber«, sagte er entschlossen.
»Wir gehen rüber,« korrigierte Nicole, aber Zamorra schüttelte den Kopf.
»Das ist viel zu gefährlich. Wir wissen nicht, was sich dort abgespielt hat. Aus irgendeinem Grund wurde Natasha ermordet, als sie die Blumen benutzte. Vielleicht ist es eine Falle, aber vielleicht braucht Rob auch dringend Hilfe.«
Er wusste, dass es riskant war. Theoretisch musste sein Doppelgänger nur mit einer geladenen Waffe vor den Blumen stehen und darauf warten, dass er dort auftauchte. Auf der anderen Seite kämpfte Rob möglicherweise gerade um sein Leben.
»Und wenn es eine Falle ist, soll ich die Kavallerie spielen, richtig?«, fragte Nicole mit deutlicher Missbilligung.
»Ja. Ich gehe kurz rüber und komme sofort wieder zurück. Wenn ich in zehn Sekunden nicht wieder da bin, weißt du, dass es eine Falle ist.«
»Was mich sehr trösten wird, wenn du tot bist…«
Zamorra griff nach seinem Blaster und checkte die Energieanzeige. »Ich werde so schnell weg sein, dass sie nicht dazu kommen, auf mich zu schießen. Außerdem wissen wir nicht, ob Natasha überhaupt die Blumen in Baton Rouge benutzt hat.«
»Welche sonst? Senecas Bungalow hat im Gegensatz zu dem von Rob keine, und die nächsten wachsen nun mal in Baton Rouge…«
Er konnte sehen, dass Nicole mit seiner Entscheidung nicht einverstanden war und nur schwieg, weil sie selbst keinen besseren Vorschlag hatte.
»Also gut«, stimmte sie schließlich zu. »Zehn Sekunden.«
Zamorra nickte und trat zwischen die Blumen. Die Kombistrahlwaffe hatte er auf Betäubung gestellt, sein Finger lag am Abzug. Er atmete tief durch und konzentrierte sich auf einen Hinterhof, der noch heruntergekommener war als in seiner Welt. Und in dem die Cascal'sche Wohnung eine zusätzliche Hoftür besaß, die direkt hierher führte - in der »richtigen« Welt gab es diesen Zugang nicht, man konnte nur durch die Hintertür des Treppenhauses in den Hof gelangen.
Die Umgebung veränderte sich.
Feuchtwarme Luft schlug ihm entgegen. Es regnete in Strömen.
Zamorra duckte sich, warf einen Blick durch den Hof, der ruhig und verlassen vor ihm lag. Das Licht aus den Fenstern warf helle Rechtecke auf den Boden und spiegelte sich in den Pfützen. Wenn hier tatsächlich ein Kampf stattgefunden hatte, waren keine Spuren zurückgeblieben. Alles wirkte normal.
Er konzentrierte sich auf das Château und stand im nächsten Moment wieder neben Nicole, die sich mit gleich zwei Blastern ausgerüstet hatte.
»Ich kann niemanden sehen«, sagte er.
Sie nickte erleichtert. »Gut. Du solltest mit Yves reden, wenn er da ist. Vielleicht hat er etwas bemerkt.«
»Das werde ich.«
Zamorra trat aus den Blumen und umarmte sie. »Mach dir keine Sorgen. Sobald ich weiß, was dort vorgeht, komme ich zurück und hole die Kavallerie.«
»Keine Alleingänge?«
»Keine Alleingänge«, versprach er.
Dann nahm er seinen Platz zwischen den Blumen ein.
Die Spiegelwelt erwartete ihn.
***
Einen Monat zuvor
Rechnungen, Mahnungen, Drohungen…
Yves Cascal hatte in seinem
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