0728 - Jahrtausendschläfer
herablassend. „Für die Öffentlichkeit haben wir zwar stets ein Geschichtsbild geschaffen, das auf uns zugeschnitten ist. Es gibt aber ein Geheimarchiv, in dem fast alles festgehalten wurde, was wichtig ist."
„Dann können Sie uns auch sagen, wieviel Zeit vergangen ist, seit Grojocko in das Schwarze Nichts stürzte?" forschte Py erregt.
„Nein, das kann ich nicht. Ich kann nur vermuten, daß mehr als 50.000 Jahre verstrichen sind, aber weniger als 100.000 Jahre."
Ich atmete tief durch. Mit einer energischen Geste machte ich meinen Geschwistern deutlich, daß sie keine weiteren Fragen stellen sollten.
„Was haben Sie mit uns vor?" erkundigte ich mich dann.
„Sie werden Ihre Pflicht erfüllen", antwortete Arautymen.
„Sie werden sofort damit beginnen, uns Zgmahkonen über die sechsdimensionale Flugtechnik zu unterrichten, damit wir auch ohne Ihre Hilfe in weitere Galaxien vorstoßen können."
Ich lachte, bis mir die Tränen kamen und die Bilder vor meinen Augen verschwammen. Arautymen packte mich zornig und schüttelte mich.
„Was fällt Ihnen ein?" brüllte er.
„Sie können sich überschlagen, Arautymen", erwiderte ich mit halberstickter Stimme. „Wir könnten Sie tausend Jahre lang schulen, Sie würden es dennoch nicht begreifen. Die genialsten Gehirne unseres Volkes können die sechsdimensionale Kosmophysik nicht bewältigen. Das war es ja, worum es Erryog ging. Er hat uns mit Zusatzgehirnen versehen, die in der Lage sind, fünf- und sechsdimensional zu denken. Kein anderer Zgmahkone hat ein solches Gehirn, deshalb wird auch nie einer von ihnen diese Mathematik begreifen können."
„Wir werden es versuchen", schrie er zornig. In seiner Stimme spiegelte sich jedoch bereits eine gewisse Resignation. Er wußte, daß ich die Wahrheit gesagt hatte, aber er wollte sie noch nicht wahr haben.
„Wir werden es versuchen", stimmte ich zu. „Vorher aber werden Sie mir die Wahrheit über Qwogg sagen."
„Er ist mit der Flotte, der Sie begegnet sind, in die Galaxis der Kelosker geflogen", erklärte er mir mit boshafter Freude.
Py schrie auf. Skeiya schössen die Tränen in die Augen. Ich glaubte, einen Stich ins Herz bekommen zu haben. Ich begriff nichts mehr.
„Ach, Sie haben geglaubt, wir wüßten nicht, wo Sie sind?"
Arautymen triumphierte. „Qwogg hat uns unter sanftem Zwang zu Ihnen geführt. Wir haben Sie fast zwanzig Jahre lang beobachtet."
„Weshalb haben Sie sich nicht gezeigt?"
„Warum sollten wir das tun, bevor Sie jene tonnenförmige Einrichtung fertiggestellt und die Galaxis stabilisiert hatten?
Wir hatten Zeit, Olw. Wir konnten warten, bis uns die Galaxis wie eine reife Frucht in den Schoß fiel."
Meine Stimme versagte. Ich konnte mich kaum noch beherrschen und war nahe daran, Arautymen zu ermorden. Er spürte die Bedrohung offenbar, denn plötzlich waren wir von bewaffneten Wachen umgeben.
*
Der Versuch, die Normal-Zgmahkonen in sechsdimensionaler Kosmophysik und Mathematik zu unterrichten, scheiterte vollkommen. Ich hatte es nicht anders erwartet. Arautymen sah nach etwa einem Jahr harter Arbeit ein, daß es sinnlos war, dieses Projekt weiter zu verfolgen. Er rief mich zu sich. Wieder empfing er mich in seinem Palast. Ein junger Wissenschaftler stand neben ihm. Er gehörte zu den Männern, die sich bemüht hatten, die sechsdimensionale Mathematik zu begreifen. Als ich ihn sah, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Dieser Mann war der Erbfolger Arautyrnens. Er sollte der neue Nullbewahrer werden. Das war der einzige Grund dafür gewesen, daß er bei mir Unterricht genommen hatte, denn das Geheimnis der Dimensionstunnel sollte selbstverständlich bei den Mitgliedern des Konzils bleiben.
Arautymen sah alt und müde aus. Er wußte, daß er nicht mehr lange leben würde. Der Erbfolger würde dafür sorgen, daß er demnächst eines plötzlichen Todes starb. Und Arautymen hatte nicht mehr die Kraft, dieses Schicksal abzuwenden. Das Gesetz der zgmahkonischen Diktatoren forderte ein neues Opfer.
Ich war allein mit diesen beiden Männern.
„Weshalb haben Sie mich rufen lassen, Arautymen?" fragte ich, wobei ich den Erbfolger ignorierte.
„Weil ich mich von Ihnen verabschieden will", antwortete er mit matter Stimme. „Sie sollen wissen, Olw, daß wir über Ihr Schicksal abgestimmt haben. Das Hetos der Sechs ist sich einig geworden. Zwei der sechs Nullbewahrer wollten den Tod der Spezialisten der Nacht. Vier dagegen vertraten mit Erfolg die Ansicht, daß man sie wieder
Weitere Kostenlose Bücher