0738 - Die Nächte der Ratten
gesehen hatte, und den anderen war befohlen worden, gelähmt zu sein und trotz Bewusstlosigkeit aufrecht zu stehen… Mit dämonischer Magie war das alles möglich.
»Wir werden wieder einmal eine offene Akte haben«, fuhr Robin fort. »Staatsanwalt Gaudian wird geradezu entzückt sein. Vor allem, weil ich mich in einen Fall von mutmaßlichen Entführungen gehängt habe, der mich überhaupt, nichts angeht. Und ich werde mich ein paar Tage lang sinnlos besaufen. Wenn ich Vollidiot Celine nicht mit in das Haus genommen hätte, könnte sie noch leben.«
»Vielleicht wäre dann aber auch für uns einiges anders gelaufen«, gab Nicole zu bedenken, »und vielleicht wäre sie trotzdem draußen noch irgendwie umgebracht worden. Niemand kann es genau wissen. Wir können es nicht überprüfen. Alles ist möglich.«
»Kein besonders starker Trost.«
»Wir haben alle Fehler gemacht«, sagte Nicole. »Eine ganze Menge Fehler. Ein Wunder, dass wir dabei noch mit heiler Haut wieder rausgekommen sind.«
»Die Dämonin hat nur einen einzigen Fehler gemacht«, sagte Zamorra.
»Aber der ist ihr zum Verhängnis geworden.«
»Und was war das für ein Fehler?«
»Dass sie uns beide«, er wies auf Nicole und sich, »nicht auch mit Rattenbissen gefügig gemacht hat. Sie ließ uns so in ihr Refugium Vordringen. Dadurch hatten wir genügend Bewegungsfreiheit, richtig zuzulangen.«
»Was war das eigentlich mit der Pusteblume? Und was war dieser graue Staub?«
»Beides wirkt nur auf Schwarze Magie«, sagte Zamorra. »Ich habe vor einer Weile ein bisschen herumexperimentiert. Der Löwenzahn bewirkt eine Umwandlung.«
»Hoffentlich versät sich der Dämon jetzt nicht weiter«, unkte Nicole. »Wenn er blüht und ein Windstoß kommt…«
»In dem Keller wird es keinen Windstoß geben«, widersprach Zamorra. »Dieses und ein paar anliegende Häuser haben überhaupt keine Keller. Schau sie dir an. Sie stehen zwar auf flachen Sockeln, aber nirgendwo sind Kellerfenster… Dieser Keller war eine magische Kaverne.«
»War, führte…?« Fragend sah Nicole den Dämonenjäger an.
»Ich habe die Treppe gewissermaßen entzaubert«, sagte er. »Die Magie ist erloschen. Jetzt gibt es nur noch die Stiege, die nach oben führt.«
»Und das graue Pulver?«, wollte Robin wissen.
»Es hemmt Schwarze Magie«, sagte Zamorra. »Es senkt gewissermaßen das magische Niveau auf einen Bruchteil ab. So konnten die beiden Dämonen nicht mehr so stark agieren, wie sie es eigentlich geplant hatten. Ich habe das Pulver schon vor ein paar Jahren entwickelt, um notfalls ein Mittel gegen die Sauroiden zu haben - als seinerzeit Orrac Gatnor zur Erde kam, dachte ich, es könnte gut sein, so etwas in der Hinterhand zu haben. Aber von den Sauroiden haben wir ja nichts Negatives mehr zu erwarten. Erprobt habe ich übrigens beide Zaubermittelchen vorher nicht. Wie denn auch, ohne Testobjekt? Ich habe gehofft, dass es wirken würde.«
»Du bist wahnsinnig, Chef!«, stöhnte Nicole. »Oder bodenlos leichtsinnig.«
»Wahnsinn ist die Vorstufe der Genialität«, versicherte Zamorra überzeugt. »Ich habe diese Vorstufe längst hinter mich gebracht.«
»Dann kannst du das Pülverchen ja weiterentwickeln, wir starten eine Massenproduktion, dringen in die Schwefelklüfte vor und verteilen es da…«
Zamorra zuckte mit den Schultern. »Das geht leider nicht«, gestand er.
»Ich habe mir damals keine Notizen über die Zusammensetzung gemacht… Und man kann ja nicht alles im Kopf behalten.«
»Ja«, sagte Nicole. »Du hast recht. Du hast auch die Genialität schon hinter dich gebracht. Sie ist die Vorstufe der Vergreisung.«
Sie grinste.
Diana wandte sich um und schritt langsam davon. Mit ein paar Schritten holte Pierre Robin sie ein. »Was ist los?«
»Celine ist tot, und ihr reißt dumme Witze oder schmiedet Pläne, wie alles vertuscht werden kann - lass mich in Ruhe, Pierre.« Sie schüttelte seine Hand ab und ging weiter.
Wie ein begossener Pudel stand er da.
Man kann eben niemals alles haben, dachte er bitter. In jedem Sieg steckt auch eine Niederlage.
Aber wenigstens ist es umgekehrt genauso…
ENDE
[1] Siehe Professor Zamorra Nr. 669 »Engel der Vernichtung«
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