0774 - Vampirblut
schaute er nicht, schon gar nicht hinter den Schrank. Dann hätte er die Fledermaus sehen können, deren Augen rot glühten. Vielleicht hätte sie ihn angefallen und seinen Hals mit ihren scharfen Zähnen zerfetzt.
Unter der Tür stand Sarah, seine Frau.
Lucas Jefferson hatte sie nicht kommen hören. Sie presste die linke Hand auf den Mund. Entsetzt starrte sie auf den reglosen Körper Timothys. »Ist -Tim - tot?«, fragte sie abgehackt, mit verlöschender Stimme.
Lucas Jeffersons Blick irrte ab. »Ja. Der Fluch…«
Wie vom Blitz getroffen brach Sarah zusammen. Ihr Herz hatte zu schlagen aufgehört. Den Tod ihres zweiten Kindes hatte sie nicht verkraftet.
***
Lucas Jefferson hatte seinen Sohn und Sarah, seine Frau, beerdigt. Er war nur noch ein menschliches Wrack, wollte niemand sehen, mit niemand sprechen. Er verkroch sich nach dem Begräbnis in seinem Haus.
Die Angst hielt ihn fest im Klammergriff. Er betete. Seine Bittgebete waren von einer Inbrunst wie selten eines seiner Gebete zuvor.
Die Nacht kam. Ruhelos trieb es Lucas Jefferson durch das Haus. Er ging in die Kammer Timothys. Da lag noch das Buch aufgeschlagen auf dem Tisch, aus dem Timothy sein Wissen bezogen hatte. Schließlich betrat der Mann die Stube Rachels. Das Licht, das er trug, flackerte. Auf der Bank lag eine angefangene Handarbeit seiner Tochter. Ein Stück Laken, das sie bestickt hatte…
Lucas Jefferson hatte alles verloren, was ihm etwas bedeutet hatte. Nun, Sarah hatte er zwar nicht geliebt. Sie war sein Wegbereiter zu Reichtum und Ansehen gewesen. Im Laufe der Zeit aber hatte er gelernt, sie zu schätzen. Sie war ihm immer ein gutes Weib gewesen.
Seine Kinder hatte er aus tiefster Seele geliebt. Sie waren ihm genommen worden.
Der verdammte Fluch!
Lucas Jefferson begann sein Verbrechen, das er an Amanda begangen hatte, zu bereuen. Dass es zu spät war, ahnte er. Er wartete auf die Stunde, in der der Tod nach ihm greifen würde. Er hatte keine Ahnung, wie er sich wehren sollte. Gegen die Mächte der Finsternis war kein Kraut gewachsen. Vielleicht half das Gebet. Lucas Jefferson glaubte nicht daran.
Er ging in die gute Stube und machte Feuer. Es war kalt. Das Holz knisterte und knackte in der Hitze. Das Feuer malte Licht- und Schattenspiele auf den Fußboden und gegen die Wände. Lucas Jefferson holte sich einen Krug Wein. Nach dem zweiten Schluck schon merkte er die ermüdende Wirkung des Alkohols. Er setzte sich. Wieder trank er. Er wollte vergessen…
Ein Geräusch vor der Tür ließ ihn hochschrecken. Sein Herz raste. Schlagartig kam die Ernüchterung.
Die Tür wurde geöffnet. Leises Knarren war zu hören. Eine Gestalt füllte das Türrechteck aus. Helligkeit vom Feuer im Kamin fiel auf sie. Es war…
Rachel!
Ihr Mund war aufgerissen. Spitze Zähne schimmerten gelblich. Ein Fauchen drang aus dem Hals der Bestie. Die Ränder der Wunde an ihrem Hals hatten sich schwarz verfärbt.
Sie kam in den Raum, den gierigen Blick auf Lucas Jefferson geheftet.
Ihr folgte Timothy. Auch seine Lippen gaben ein Furcht erregendes Gebiss frei. Seiner Kehle entstieg ein gefährliches Knurren. Seine Augen glitzerten. In ihnen schien das Feuer der Hölle zu glühen.
Lucas Jefferson erhob sich und nahm Front zu den beiden ein.
Sie griffen mit gekrümmten Fingern nach ihm. Knurren und Fauchen erfüllte den Raum. Der Fluch hatte Lucas Jefferson ereilt. Und dann fielen sie über ihn her.
Sie zerrten ihn zu Boden und verbissen sich an ihm. Seine Schreie hallten auf die Straße. Aber niemand kam ihm zu Hilfe. Niemand wagte sich aus seinem Haus.
Der Körper Lucas Jeffersons wurde regelrecht zerfetzt…
***
London, im Jahre 2004
Professor Zamorra unterhielt sich mit Warren McGrady. McGrady war Inspektor beim Scotland Yard. Er besuchte wie auch Zamorra ein Seminar über Parapsychologie. Seit drei Tagen weilte der Professor in der englischen Hauptstadt.
»Was halten Sie denn von Professor Finnegan, Zamorra?«, fragte der Inspektor.
Zamorra zuckte lächelnd die Schultern. »Ich gehe mit ihm einig, dass es übersinnliche Dinge gibt. Ansonsten habe ich das Gefühl, umsonst nach London gekommen zu sein. Der Professor hat bisher nichts erzählt, was ich nicht schon gewusst hätte.«
»Ich bin heute zum ersten Mal hier«, sagte der Inspektor. »Für mich ist das alles ziemlich neu. Ich glaube nicht so recht an das, was ich zu hören bekam.« Er zögerte ein wenig. Dann schloss er: »Mir ist zumindest noch kein Geist begegnet.«
»Warum gehen Sie
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