0787 - Das Medium
und rücksichtslos sein, auch ein Massenmörder hat Anpruch auf ein Gerichtsverfahren, und deshalb wollte ich ihn holen. Ich lief hin – und prallte gegen die Wand!
Innerhalb von Sekundenbruchteilen war sie aufgebaut worden.
Keine normale Wand, sondern eine aus kalter Seelenenergie. Was sonst durchscheinend und durchgreifend gewesen war, entpuppte sich für mich als ein fester Block, den ich nicht durchdringen konnte.
Die Geister der Toten hielten zusammen. Sie wollten ihr Opfer, sie würden es auch bekommen, denn wehren konnte sich der Mann nicht mehr.
Dubbs wurde geholt.
Ich hörte ihn schreien, und mit einem gewaltigen Krachen barst die Scheibe an der linken Mittelseite des Wintergartens. Ich zog mich blitzschnell zurück, um von dem mächtigen Splitterregen nicht getroffen zu werden. Geduckt stand ich da, den Kopf durch meine Arme geschützt. Doch wie ein Wunder glitten die scharfen Scherben und Splitter an mir vorbei. Nichts erwischte mich, bis auf die kühle, eindringende Luft, und die machte mich auch wieder munter.
Ich erkannte in den folgenden Sekunden, dass es keinen Sinn mehr hatte, etwas unternehmen zu wollen. Die Geister der Toten hatten sich Dubbs geholt, und sie ließen dem Spiritisten keine Chance. Er war von ihnen heraus in die Dämmerung gezogen worden, und sie hatten seinen Körper vom Boden hochgezerrt. Wie sie ihn töteten oder ob er schon tot war, wer wusste das schon…?
Jedenfalls waren sie meinen Blicken schnell entschwunden, und sie hatten die Richtung eingeschlagen, die zum Krater führte. Zufriedenheit über eine Lösung des Falls konnte ich beim besten Willen nicht empfinden…
***
Der Tisch stand noch da, die Sessel waren ebenfalls vorhanden und luden zum Sitzen ein. Anina und ich saßen uns gegenüber. Es gab sicherlich viel zu bereden, doch keiner traute sich so recht, den Anfang zu machen. Ich rauchte eine Zigarette und blies den Qualm in die Kühle und in den Dunst hinein. »Was willst du jetzt tun?«, fragte ich.
»Das weiß ich noch nicht.«
»Aber du bist wieder okay – oder?«
Anina hob die Schultern. »Wer kann das schon sagen?«, murmelte sie. »Jedenfalls werde ich nachdenken. Ich habe ja keine Wohnung, ich lebe auch nicht mit einem Mann zusammen, da gibt es für mich eigentlich nur eine Lösung, denke ich.«
»Das Kloster?«
»Genau, John. Der Ort, aus dem ich gekommen bin. Ich möchte dorthin zurückkehren. Man wird mich bestimmt aufnehmen und mir auch die nötige Sicherheit geben.«
Ich hob die Schultern. »Kann ich nicht beurteilen, könnte ich mir allerdings vorstellen.«
»Danke.«
»Ist es weit von hier?«
»Es geht.«
Das war keine Antwort, deshalb bohrte ich weiter. »Du hast gesagt, dass du allein bist. Da wäre die Sache mit dem Geld noch zu regeln.«
»Du kannst es haben.«
»Gut, ich werde es zurückschicken.«
»Und das zweite?«
Ich schlug die Beine übereinander und schaute sie lächelnd an.
»Die ganze Zeit schon denke ich darüber nach, was mit dir geschieht. Ich frage mich, ob ich dich nicht zum Kloster bringen soll? Ja, ich möchte dich begleiten, denn es interessiert mich einfach, dass du gut und sicher untergebracht bist. Darf ich auf dein Einverständnis zählen?« Sie hob die Schultern. »Ja oder nein?«
Anina nickte. »Ja, John, ich möchte, dass du mich hinbringst.«
»Abgemacht!« Mit diesem einen Wort bestätigte ich ihren Wunsch, allerdings nicht ahnend, auf was ich mich da wieder eingelassen hatte…
ENDE
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