08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff
für dich getan, für dich … Verstehst du das nicht? Ich hab es getan, um dich zu retten! Damit wir beisammen sein konnten!«
Cian grinste.
»Für mich?« höhnte er. »Du bist verrückt. Wie kommst du auf die Idee, daß ich nach der einen Nacht noch etwas von dir wollte? Ihr Frauen macht immer aus allem einen ewigen Besitzanspruch.«
Schwester Gormán prallte zurück, als habe er ihr ins Gesicht geschlagen. Verwirrung trat in ihr Gesicht.
»Das kannst du doch nicht im Ernst meinen. In der Nacht hast du gesagt, du liebst mich.« Ihre Stimme wurde zu einem leisen Jammern.
Fidelma fühlte Mitleid mit der jungen Frau in sich aufsteigen, sie erinnerte sich an ihre eigene Jugend.
»Cian liebt nur Cian, Gormán«, sagte sie streng. »Er ist nicht fähig, jemand anderen zu lieben. Was dich angeht, Cian, so kannst du wohl behaupten, daß du für diese Greueltaten nicht verantwortlich bist, und im juristischen Sinne hast du recht. Aber das Gesetz ist nicht immer gleich mit der Gerechtigkeit. Die moralische Verantwortlichkeit, die du trägst, kannst du nicht leugnen. Für deine Selbstsucht, dein Ausnutzen der Gefühle anderer, insbesondere der Gefühle junger Frauen, bist du selbst verantwortlich. Darüber wirst du eines Tages Rechenschaft ablegen müssen, wenn nicht in nächster Zeit, dann in einem späteren Abschnitt deines Lebens.«
Cian errötete vor Ärger.
»Was ist falsch daran, daß man nach den Freuden des Lebens greift? Sollen wir alle römische Asketen werden und als Einsiedler in die Wüste gehen? Warum können wir nicht unser Leben genießen?«
In Bruder Tolas Gesicht spiegelte sich Zorn.
»Du sollst nicht töten, so lautet das Gebot unseres Herrn. Die Frau ist verurteilt, doch du, Cian, warst die Ursache ihres Wahnsinns und bist ebenso verurteilt.«
Cian wandte sich voller Verachtung zu ihm um.
»Nach welchem Gesetz? Zwing mir nicht deine engen Moralbegriffe auf. Sie gelten nicht für mich.«
Gormán stand mit hängenden Schultern da wie eine geprügelte Hündin; sie hatte die Arme um den Körper geschlungen, als finde sie darin Trost. Schluchzend wiegte sie sich auf den Fersen vor und zurück.
»Ich hab es für dich getan, Cian«, klagte sie leise. »Muirgel … Canair … selbst Toca Nia habe ich getötet, um dich vor seinen bösen Anschuldigungen zu schützen. Ich hätte sie auch getötet – Fidelma – und dann Crella. Die beiden wollten dir schaden. Du mußtest beschützt werden. Ohne sie hätten wir beisammen sein können. Sie störten unser Glück.«
Fidelma sprach sanft, fast freundlich mit ihr.
»Vielleicht erzählst du uns, wie du Schwester Canair getötet hast. Einen Teil der Geschichte weiß ich von Guss, nun möchte ich den anderen Teil erfahren. Kannst du uns das erklären?«
Gormán kicherte. Der Laut ließ einen erschauern, denn es war das Kichern eines unschuldigen jungen Mädchens.
»Er liebte mich. Cian liebte mich – das weiß ich. ›Ich will mich mit dir verloben in Ewigkeit; ich will mich mit dir vertrauen in Gerechtigkeit und Gericht, in Gnade und Barmherzigkeit. Ja, im Glauben will ich mich mit dir verloben …‹!«
Fidelma erinnerte sich dunkel an diesen Text. Sie meinte, er stamme aus dem Propheten Hosea. Es war schon oft aus Hosea zitiert worden.
»Selbst wenn er es jetzt leugnet, er liebte mich so, wie ich ihn liebte. Wir hätten geheiratet, wenn nicht … Wenn diese anderen ihn nicht mit ihrer Wollust umgarnt hätten und … und …«
Cian zuckte verlegen die Achseln.
»Sie ist offensichtlich irre«, murmelte er. »Ich will mit der Sache nichts zu tun haben.«
»Gormán!« Fidelma wandte sich wieder an das Mädchen. »Sag uns, was mit Canair geschah. Wann hast du sie getötet?«
Irgendwie holte Fidelmas lockender Ton Gormán aus der Dunkelheit zurück, in die sie hinabsinken wollte, und sie hatte wieder einige lichte Momente.
»In der Nacht, bevor wir ausliefen, tötete ich sie in der Herberge in Ardmore.«
Sie machte diese Aussage ganz kühl und emotionslos. Sie stand still und starrte Cian mit leerem Blick an.
»Und alles nur, weil Canair eine Liebschaft mit Cian hatte?« warf Bruder Tola ein.
Das Mädchen lächelte seltsam.
»Sie überredete ihn mit vielen Worten
Und gewann ihn mit ihrem glatten Munde.
Er folgte ihr alsbald nach,
Wie ein Ochse zur Fleischbank geführt wird,
Und wie zur Fessel, womit man die Narren züchtigt,
Bis sie ihm mit dem Pfeil die Leber spaltet;
Wie ein Vogel zum Strick eilt
Und weiß nicht, daß es ihm das Leben
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