0823 - Attacke der Ewigen
sich fallen. Seit Tagen drehten sich seine Gedanken im Kreis. Was immer er an Planspielen erdachte, es brachte keinen Erfolg. Auch seine magischen Kräfte richteten nichts aus. Beinahe wünschte er sich ein weiteres Traumbild herbei, dass ihm dabei half, das nächste Siegel des uralten Wälzers zu öffnen.
Ein ziemlich heikler Wunsch. Schließlich hatte er eindringlich erfahren, was geschah, wenn er sich auf die Traumbilder einließ. Sie stellten eine schwer einzuschätzende Gefahr dar. Denn sie beließen es nicht dabei, ihm etwas zu zeigen, sondern wurden zur Realität. Beinahe wäre Zamorra zu einem gerösteten Snack geworden, als den Seiten des bösen Buchs ein Drache entstiegen war und sich vor seinen Augen manifestiert hatte. Und der Kampf gegen einen Dämon, der die Traumzeit der australischen Ureinwohner verändern wollte, hatte ihn in die Hölle geschleudert und vorübergehend gelähmt.
Böses Buch - so nannte er den uralten Folianten inzwischen bei sich, dessen genaue Herkunft weiterhin im Dunkeln lag. Nur dass es mit Dämonenblut geschrieben war und allerlei düstere Geheimnisse barg, war inzwischen klar. Und dass Zamorra, seit er das Erste Siegel geöffnet hatte, bis zum Ende weitermachen musste, weil er damit etwas in Gang gesetzt hatte, was sich nicht mehr so einfach aufhalten ließ.
Wie immer dieses Ende auch aussah, es war eine beinahe zwanghafte Kraft, die Zamorra antrieb. Er konnte nicht entscheiden, was richtig und was falsch war. Aufhören oder weiter machen? Ihm blieb nur, sich auf sein Gefühl zu verlassen, und das sagte ihm, dass sich ihm eine mögliche Chance im Kampf gegen das Böse bot, die er nicht ungenutzt lassen durfte.
Doch er kam keinen Schritt weiter. Nicht genug damit, dass er sich wie ein Ochse vorm Berg fühlte. Zu allem Überfluss sprach die Verschiebefunktion der Hieroglyphen nicht mehr an. Wütend griff er nach dem Amulett, um es in die Ecke zu schleudern.
»Na, na, Cheri, wer wird denn gleich die Beherrschung verlieren?«
Erschrocken blickte Zamorra auf. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass sich die Tür zu seinem Arbeitszimmer geöffnet hatte. Nicole stand im Türrahmen und betrachtete ihn vorwurfsvoll.
»Das Ding schafft mich«, stöhnte Zamorra.
»Dann gelingt ihm etwas, was keinem Dämon bisher gelungen ist.« Mit einem milden Lächeln kam seine Lebens- und Kampfgefährtin zu ihm herüber. »Vielleicht haben wir das Amulett bisher mit falschen Augen betrachtet.«
»Du meinst also, man hat es uns untergeschoben, um mich in den Irrsinn zu treiben?«
Nicole nickte und nahm ihrem Gefährten die Silberscheibe aus der erhobenen Hand. »Quasi als fünfte Kolonne aus den Sieben Kreisen der Hölle.«
Zamorra grinste. »Allmählich schließe ich nichts mehr aus. Vielleicht sollte ich das Ding kurzerhand zerstören.«
»Untersteh dich, du Schuft.« Die Französin knuffte ihm in die Rippen. »Wenn du dem Haupt des Siebengestirns den Garaus machst, verwandelt dich Merlin am Ende in einen Werfrosch. So einfach kommst du mir nicht davon, mein Lieber.«
»Ach, Merlin.« Zamorra seufzte.
Mit dessen Nennung hatte Nicole einen wunden Punkt getroffen, der die Misserfolge mit dem Amulett nahtlos fortsetzte. Schon seit Wochen war der befreundete Zauberer mal wieder wie vom Erdboden verschluckt. Seine unsichtbare Burg Caermardhin in Wales war jedenfalls verlassen. Auch der Silbermond-Druide Gryf ap Llandrysgryf, der die Ereignisse um den Folianten und die Siegel durch sein Eingreifen erst ins Rollen gebracht hatte, trieb sich irgendwo in der Weltgeschichte herum und war nicht erreichbar. Von den beiden Kampfgefährten hätte Zamorra sich am ehesten Hilfe versprochen.
»Das ist wieder mal typisch. Wenn man die Kerle braucht, sind sie nicht da«, brummte Zamorra gereizt.
»Selbst ist der Mann«, konterte Nicole mit einem lasziven Augenaufschlag. Mit Schwung umrundete sie den Schreibtisch und ließ sich kurzerhand auf Zamorras Schoß fallen.
»Nici, beherrsch dich. Das ganze Château ist auf den Beinen.«
»Das sind ja ganz neue Töne. Ich glaube eher, die Wirkung des Wassers aus der Quelle des Lebens lässt bei dir nach, alter Mann. Einem jungen, knackigen Burschen wie Andrew Millings kannst du wohl nicht mehr das Wasser reichen.«
»Alter Mann?«, echote Zamorra empört. »Auch wenn er ein paar Tage jünger aussieht als ich, ist er trotzdem uralt. Der könnte glatt mein Urururururgroßvater sein. Na warte, junge Frau.« Bevor er seine grinsende Gefährtin packen konnte, entwand
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